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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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hätte. Das war offensichtlich ein Irrtum.«
    Gulptilil nickte. »Ich erinnere mich an Ihre Mitteilung. Tja, selbst die besten Absichten sind nicht immer genug …«, fügte er hinzu. »Nun ja, es ist schwer, solche Dinge vorherzusehen, nicht wahr?« Auf diese Bemerkung schien er keine Antwort zu erwarten, und da auch keine kam, zuckte er die Schultern. »Sie notieren alles sorgfältig, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Evans.
    Gulp-a-pill wandte sich nunmehr an die drei Leute vom Sicherheitsdienst. »In Ordnung, meine Herren. Mr. Moses wird Ihnen zeigen, wie Sie Cleo herunterholen können. Bringen Sie einen Leichensack und eine Rollbahre. Schaffen wir sie unverzüglich in die Leichenhalle rüber.«
    »Einen Moment noch!«
    Der Einwand kam von hinten, und alle drehten sich zu der Stimme um. Es war Lucy Jones, die dastand und an ihnen allen vorbei auf Cleos Leiche starrte.
    »Du meine Güte!«, brachte Gulptilil mühsam heraus, als ob es ihm die Sprache verschlüge. »Miss Jones, mein Gott, was haben Sie getan?«
    Doch die Antwort auf diese Frage, fand Francis, verstand sich von selbst.
    Ihr langes schwarzes Haar war einem unregelmäßig kurz geschnittenen, blond gefärbten Schopf gewichen. Er starrte sie benommen an. Es war ein wenig so, als hätte man ein verunstaltetes Kunstwerk vor sich.
    Ich löste mich von der Schrift an der Wand und huschte wie eine aufgeschreckte Spinne, die einem schweren Stiefel auszuweichen versucht, quer durch die Wohnung. Ich setzte mich mit dem Rücken an die Wand gegenüber hin und legte eine Pause ein, um mir zuerst eine Zigarette anzuzünden und dann, den Kopf auf den Knien, einfach sitzen zu bleiben. Ich hielt die Zigarette in der Hand und ließ mir die dünnen Rauchschwaden in die Nase steigen. Ich horchte auf die Stimme des Engels und wartete nur darauf, seinen Atem an meinen feinen Nackenhärchen zu spüren. Falls er nicht da war, wusste ich, dass er nicht weit sein konnte. Nirgends ein Lebenszeichen von Peter oder sonst jemandem, auch wenn ich mich einen Moment lang fragte, ob mir nicht Cleo einen Besuch abstatten würde.
    Meine Geister waren nicht weit.
    Für eine Sekunde kam ich mir wie ein mittelalterlicher Totenbeschwörer vor, der über einem brodelnden Hexenkessel mit Fledermausaugen und Alraunenwurzel steht und in der Lage ist, jede erdenkliche Vision des Bösen heraufzubeschwören.
    Als ich die Augen öffnete und meine kleine Welt um mich sah, fragte ich sie: »Cleo? Was ist passiert? Du hättest nicht sterben müssen.« Ich schüttelte immer wieder den Kopf und schloss die Augen, doch in der Dunkelheit hörte ich sie in ihrem unverschämten, übermütigen Ton, an den ich mich gewöhnt hatte.
    »Ach, C-Bird, bin ich aber nun mal. Die gottverdammten Arschlöcher. Ich musste sterben. Die Hurenböcke haben mich nun mal umgebracht. Ich hab’s von Anfang an gewusst.«
    Ich sah mich nach ihr um, doch zunächst war sie nur zu hören. Dann allmählich erschien sie wie ein Segelboot in der Nebelwand und nahm vor mir Gestalt an. Sie lehnte sich an die Wand mit der Schrift und zündete sich eine Zigarette an. Sie trug ein rüschenbesetztes, pastellfarbenes Hauskleid und dieselben rosa Schlappen, die ich von ihrer Leiche in Erinnerung hatte. In der einen Hand hielt sie die Zigarette, in der anderen, wie zu erwarten, einen Tischtennisschläger. Ihre Augen funkelten vor irrsinnigem Vergnügen, als wäre sie von einer bedrückenden Last befreit.
    »Wer hat dich umgebracht, Cleo?«
    »Die Arschlöcher.«
    »Wer genau, Cleo?«
    »Aber C-Bird, das weißt du doch. Das wusstest du in dem Moment, als du in das Treppenhaus kamst, wo ich auf dich wartete. Du hast es gesehen, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Es war so verwirrend, ich konnte mir nicht sicher sein.«
    »Aber das war es doch gerade, C-Bird. Das war’s doch. Es war alles ein einziger Widerspruch, und darin hast du die Wahrheit sehen können, hab ich Recht?«
    Ich wollte ja sagen, doch ich war mir immer noch nicht ganz im Klaren. Damals war ich jung und unsicher, und heute war es wieder so.
    »Er war da, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich, er war immer da. Oder vielleicht auch nicht. Kommt ganz darauf an, von welcher Warte man es betrachtet, C-Bird. Aber du hast es gesehen, nicht wahr.«
    Ich konnte mich immer noch nicht entscheiden.
    »Was ist passiert, Cleo, was ist wirklich passiert?«
    »Na ja, C-Bird, ich bin gestorben. Das weißt du ja.«
    »Ja, aber wie?«
    »Es hätte durch

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