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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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lassen und sie zur Ruhe zu bringen, und richtig schwierig wurde es für sie, wenn es zu Gedrängel und Gerempel kam, was oft genug passierte. Allerdings erging es Short Blond auch nicht viel besser, wenn sie mit einem Patienten allein war und mit ihrem dünnen Stimmchen nicht gegen so viele Personen ankämpfen musste. Francis mochte sie, zum Teil, weil sie nicht viel älter war als er, vor allem aber, weil er ihre Stimme beruhigend fand und weil sie ihn an die seiner Mutter vor vielen Jahren erinnerte, als sie ihm Gutenachtgeschichten vorlas. Einen Moment lang versuchte er, sich ins Gedächtnis zu rufen, wann sie damit aufgehört hatte, denn die Erinnerung erschien ihm plötzlich entrückt, als hätte sie nichts mit seinem persönlichen Leben zu tun.
    »Und haben Sie die schriftliche Erlaubnis, C-Bird?«, fragte Little Black.
    »Hier.« Er händigte sie aus und sah im selben Augenblick Peter the Fireman den Flur entlangkommen. »Peter!«, rief Francis, »ich darf nach draußen. Willst du nicht auch zu Mr. Evil gehen und fragen, ob du mitkommen kannst?«
    Peter the Fireman kam zügig herüber. Er lächelte, schüttelte aber den Kopf. »Ist nich’ drin, C-Bird«, sagte er. »Gegen die Regeln.« Er sah zu Little Black hinüber, der zustimmend nickte.
    »Tut mir leid«, sagte der Pfleger. »Fireman hat Recht. Er nicht.«
    »Wieso nicht?«, wollte Francis wissen.
    »Weil das«, sagte Fireman ruhig und langsam, »mein Arrangement hier ist. Nicht über die verschlossenen Türen hinaus.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Francis.
    »Das gehört zu der gerichtlichen Verfügung, die mich hergebracht hat«, führte Fireman weiter aus. Es lag ein Anflug von Bedauern in seiner Stimme. »Neunzig Tage unter Beobachtung. Beurteilung. Psychologische Begutachtung. Tests, wo sie einem einen Tintenklecks hinhalten und man sagen muss, es sähe aus wie zwei Leute beim Sex. Gulp-a-pill und Mr. Evil stellen die Fragen, und ich antworte, und sie schreiben es sich auf, und irgendwann geht’s ans Gericht zurück. Aber ich darf nicht durch die Tür raus. Alle hier sind irgendwie im Gefängnis, C-Bird. Meines ist nur ein bisschen strenger als deines.«
    »Is keine so große Sache, C-Bird«, fügte Little Black hinzu. »Gibt ’ne Menge Leute hier drin, die nie rauskönnen. Kommt drauf an, was man gemacht hat, weshalb man hier reingekommen ist. Natürlich gibt’s auch ’ne Menge Leute, die gar nicht rauswollen, obwohl sie könnten, wenn sie nur fragen würden. Sie fragen einfach nie.«
    Francis verstand und verstand auch wieder nicht. Er sah zu Fireman hinüber. »Find’s einfach nicht fair«, sagte er.
    »Ich glaube nicht, dass irgendjemand an fair oder unfair gedacht hat, C-Bird. Aber ich hab zugestimmt, und so ist es nun mal. Ich bleib, wo ich bin. Treff mich zweimal die Woche mit Dr. Gulp-a-pill. Geh zu den Sitzungen mit Mr. Evil. Lass mich von ihnen beobachten. Deshalb muss ich mich unbedingt anständig benehmen und darauf achten, was ich sage, weil man nie weiß, was am Ende den Ausschlag gibt. Stimmt’s nicht, Mr. Moses?«
    Little Black nickte. Francis kam das alles seltsam abgehoben vor, als sprächen sie über jemand anderen und nicht über den Menschen, der vor ihm stand. »Wenn du so redest«, sagte er, »klingt es überhaupt nicht so, als wärst du verrückt.«
    Bei der Bemerkung zuckte ein trockenes Lächeln um Peter the Firemans Mund, bei dem er die Oberlippe auf einer Seite hochzog, so dass es ein bisschen schief, aber aufrichtig verwirrt aussah. »Ach du liebe Güte«, sagte er. »Das ist schlimm. Wirklich schlimm.« Er machte ein Geräusch, als ob er schluckte. »Dann muss ich noch besser aufpassen«, sagte er. »Es kommt nicht darauf an, dass ich geistesgestört bin.«
    Für Francis ergab das keinen Sinn. Für einen Mann, der unter Beobachtung stand, wirkte Peter relativ unbekümmert, ganz im Gegensatz zu vielen der Paranoiden in der Klinik, die sich ständig einbildeten, beäugt zu werden, und sich dieser Kontrolle zu entziehen versuchten. Natürlich glaubten sie, es sei das FBI oder die CIA oder auch der KGB oder Außerirdische, die mit dem Observieren beauftragt waren, und so lag ihr Fall vollkommen anders. Francis sah zu, wie Fireman sich umdrehte und durch die Tür des Tagesraums verschwand, und ihm kam der Gedanke, dass selbst, wenn er pfiff oder seinen Schritten einen betonten Schwung verlieh, seine Wehmut über irgendetwas nur umso deutlicher zum Vorschein kam.
     
    Die warme Sonne traf Francis ins Gesicht. Big

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