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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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setzen, wie Lebensversicherungen, Raub oder Streit zwischen entfremdeten Ehepartnern.«
    »Und die andere Möglichkeit?«, fragte Francis.
    »Wenn du einen Verdächtigen findest und es dir dann gelingt, ihn mit dem Verbrechen in Verbindung zu bringen.«
    »Das klingt so, wie das Pferd vom Schwanz her aufzäumen.«
    »Ist es auch«, bestätigte Lucy.
    »Ist das schwieriger?«
    Peter seufzte. »Schwierig? Ja. Das schon. Aber unmöglich? Nein.«
    »Das ist gut«, sagte Francis. Er sah Lucy an. »Ich würde mir Sorgen machen, wenn das, was wir zu tun haben, unmöglich wäre.«
    Peter prustete los. »Im Grunde, C-Bird, geht es darum, dass wir einfach auf anderem Weg herausfinden, wer der Engel ist. Wir stellen eine Liste mit potenziellen Tatverdächtigen zusammen und grenzen sie immer weiter ein, bis wir uns mehr oder weniger sicher sind, wer es ist. Oder zumindest nur noch ein paar Namen auf der Liste haben. Dann gleichen wir unsere Informationen zu jedem Verbrechen mit diesen Verdächtigen ab. Einer, davon bin ich überzeugt, wird ins Auge stechen. Und sobald wir das sehen, ist es nicht mehr schwer, ihm nachzuweisen, dass er Zugang zu den Opfern hatte. Die Dinge werden sich zusammenfügen, wir wissen nur noch nicht, wie oder zu welchem Ergebnis. Aber irgendetwas in diesem ganzen Wust von Papieren und Berichten und Beweismaterial wird ihn überführen.«
    Francis holte tief Luft. »Was meinst du mit ›auf anderem Weg‹?«, fragte er.
    Peter grinste. »Also mein junger Freund, da liegt der Hase im Pfeffer. Das müssen wir erst noch rausfinden. Es gibt in dieser noblen Einrichtung hier jemanden, der nicht das ist, wofür ihn jeder hält. In seinem Innern lauert eine völlig andere Kategorie von Wahnsinn, C-Bird. Und er versteht es verdammt gut, ihn zu verstecken. Wir müssen einfach nur rausfinden, wer hier allen ein X für ein U vormacht.«
    Francis sah Lucy an, die heftig mit dem Kopf nickte.
    »Und das«, fügte sie langsam hinzu, »ist natürlich leichter gesagt als getan.«

12
    Manchmal verwischen sich die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit. Für mich tatsächlich nicht immer leicht zu sagen, was das eine und was das andere ist. Vermutlich soll ich deshalb so viele Medikamente nehmen, als könnte man der Realität chemisch auf die Sprünge helfen. Nimm genügend Milligramm von der einen oder der anderen Pille ein, und die Umrisse werden wieder scharf. Traurigerweise ist das wahr, und meistens bewirken die Arzneimittel ziemlich genau das, was sie sollen, neben all den anderen, weniger angenehmen Dingen. Und unterm Strich ist es vermutlich positiv. Kommt allerdings ganz darauf an, wie viel Wert man auf scharfe Umrisse legt.
    Im Moment waren sie mir herzlich egal.
    Ich schlief, ich weiß nicht mehr, wie viele Stunden, auf dem Wohnzimmerboden.
    Ich hatte ein Kissen und eine Decke von meinem Bett geholt und mich dann neben all meinen Wörtern ausgestreckt, von denen ich mich fast so schwer trennen konnte, wie ein wachsamer Vater ein krankes Kind bei Nacht nicht allein lassen will. Der Boden war hart wie ein Brett, und als ich erwachte, beschwerten sich meine Glieder. Die erste Morgendämmerung drang in meine Wohnung wie ein Herold, der etwas Neues hinausposaunt, und ich machte mich vielleicht nicht mit gerade frischer Kraft, aber doch immerhin weniger erschöpft an die Arbeit.
    Einen Moment lang sah ich mich um und vergewisserte mich, dass ich allein war.
    Der Engel war nicht weit, das wusste ich. Er war nicht geflohen. Das hätte nicht zu ihm gepasst. Auch hätte er sich nicht noch einmal hinter meiner Schulter versteckt. Meine Sinne waren trotz der paar Stunden Schlaf überspannt. Er war nicht weit. Er sah mir zu. Er wartete ab. Irgendwo in der Nähe. Doch das Zimmer war zumindest im Augenblick leer, und das erfüllte mich mit Erleichterung. Die einzigen Echos, die ich hörte, waren meine eigenen.
    Ich schärfte mir ein, auf der Hut zu sein. Im Western State Hospital waren wir drei gegen einen gewesen. Und trotzdem war es damals ein gleicher Kampf. Doch jetzt, allein in meiner Wohnung, wusste ich nicht, ob ich es noch einmal mit ihm aufnehmen konnte.
    Ich drehte mich zur Wand um. Ich erinnerte mich, wie ich Peter eine Frage stellte und er mir in beschwingtem Ton darauf antwortete: »Detektivarbeit bedeutet eine umsichtige, sorgfältige Untersuchung der Fakten. Kreatives Denken ist immer willkommen, aber nur in den Grenzen gesicherter Fakten.«
    Ich lachte laut. Diesmal war die Ironie zu offensichtlich. »Aber das

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