Die Antwort ist Ja
schuld.”
April wich seinem Blick jetzt nicht mehr aus, sondern sah ihn forschend an.
“Was soll das denn nun schon wieder heißen?”
„Vielleicht hat sie dich einfach nur vermisst und dachte, sie müsse krank sein, damit du kommst.” Mit einem prüfenden Seitenblick brachte er es auf den Punkt. “Und der Erfolg gibt ihr Recht.”
So hinterhältig war ihre Großmutter nicht. Außerdem hatte sie nie um irgendetwas gebeten. Nie. “Sie hat mir gar nichts gesagt. Das war June.”
“Und wer hat June über ihre Krankheit erzählt?”
“Gran natürlich”, gab April widerwillig zu. “Aber June hat sich bei Shayne vergewissert”, triumphierte sie. “Gran hat Angina pectoris.”
Jimmy gab nach. “Einverstanden. Vielleicht sollte man sie beobachten.”
“Man sollte sie nach Hause bringen.”
“Nun betrachte sie doch nicht wie ein kleines Kind, April. Ich finde, sie hat eine würdigere Behandlung verdient.”
April runzelte die Stirn und zuckte hilflos mit den Schultern. Das hörte sich vernünftig an. “Vielleicht hast du Recht.”
Sie lehnte sich ans Auto, und die aggressive Anspannung, die sie den ganzen Abend wie einen Schutzschild vor sich hergetragen hatte, fiel von ihr ab.
„Fast unser ganzes Leben lang war sie für uns Vater und Mutter zugleich. Auch als meine Mutter noch lebte, hat Gran sich um alles gekümmert. Sie sorgte dafür, dass wir zur Schule gingen, unsere Hausaufgaben machten, saubere Kleidung hatten und überhaupt alles.” Sie erzählte allerdings nicht, dass sie selbst all diese Aufgaben nach und nach übernommen und sich um ihre jüngeren Geschwister gekümmert hatte, und dann auch noch um Gran. Es war ja sonst niemand da.
Aber das musste er nicht wissen. Sie hing das nicht gern an die große Glocke.
“Dann hat sie es doch umso mehr verdient, sich etwas Vergnügen zu gönnen, meinst du nicht auch?”
Jimmy war froh, dass er immer beide Seiten sehen und sic h auch um beide kümmern konnte. Vielleicht machte ihn das zu einem guten Arzt. “Es ist die Lebensqualität, die zählt, April, nicht die Quantität. Quantität ohne Qualität ist nur eine andere Art und Weise, auf der Stelle zu treten.”
Worte eines einfühlsamen Mannes, nur dafür hielt sie Jimmy nicht. April fragte sich jedoch, was an ihm echt war und was nicht.
Im Mondlicht sah er noch verführerischer aus als im “Salty”, und sie fühlte sich wieder so eigenartig zu ihm hingezogen. Es war schon unendlich lange her, dass sie sich wie eine begehrenswerte Frau gefühlt hatte.
Sie dachte über seine Worte nach, und auch wenn sie es nicht gerne zugab, so hatte er doch Recht. Gran hatte es verdient, sich zu amüsieren. Wieder drang Gelächter aus dem hinteren Teil des Hauses, und dieses Mal musste sie ebenfalls darüber lächeln.
Vielleicht sollte sie sich ein Beispiel an ihrer Großmutter nehmen und sich selbst auch mal richtig amüsieren. Eigentlich war das schon längst überfällig.
Warum eigentlich nicht?
Sie schaute Jimmy an. Keiner von ihnen beiden würde in ein paar Wochen noch hier sein, und es würde ihr vielleicht gut tun, sich ein wenig auszutoben.
Sie hatte das Gefühl, dass Jimmy Quintano wusste, was einer Frau gefiel.
Vielleicht sollte sie aufhören, ihn wie einen Feind zu behandeln.
Sie schaute ihn an. “Wenn du Medizin als Hauptfach und Psychologie als Nebenfach hattest, wann hattest du dann noch Zeit, ein Philosoph zu werden?”
Was war denn jetzt passiert? Jimmy hätte geschworen, dass die Frau vor ihm schlagartig wie verwandelt war. Sie war plötzlich entspannt und sah noch verführerischer aus als vorher. Er begehrte sie. Sehr sogar.
Er versuchte jedoch gleichgültig auszusehen. “Bei drei Geschwistern wird man ganz automatisch zum Philosophen”, sagte er, um ihre Frage zu beantworten.
April lächelte. “Ist das die magische Zahl? Ich habe nur zwei.”
“Es müssen schon drei sein”, antwortete er und trat näher an sie heran.
“Na gut, drei also.” April nickte und tat so, als ob man ihr ein großes Geheimnis anvertraut hatte.
“Drei. Allerdings.”
Sein Lächeln ging ihr durch und durch.
“Geht es dir jetzt besser?” fragte er.
Der freundliche Klang seiner Stimme tat ihr gut.
“Ich glaube ja.” April holte tief Luft und schloss Frieden mit der Situation, so wie sie war. “Jedenfalls weiß ich jetzt, dass sie nicht in einem Graben liegt.”
“Jedenfalls geht es ihr gut.” Erneut klang Gelächter zu ihnen herüber. “Und sie ist glücklich.”
“Ja. Sie sah
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