Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel
des Paulus gesehen, sondern immer nur hörte sie ihn aus der Ferne reden.
8 Als sie sich von dem Fenster gar nicht trennte, schickte ihre Mutter zu Thamyris. Der kommt überglücklich, als gelte es schon, sie zur Hochzeit zu nehmen. Thamyris also sagte zu Theoklia: »Wo ist meine Thekla?« Und Theoklia sagte: »Etwas Unglaubliches muß ich dir erzählen, Thamyris! Drei Tage nämlich und drei Nächte steht Thekla nicht vom Fenster auf, weder zum Essen noch zum Trinken, sondern unverwandt hinblickend wie auf etwas Frohmachendes ist sie einem fremden Manne zugetan, der trügerische und vieldeutige Worte lehrt, so daß ich mich nur wundern kann, wie die sonst so scheue Jungfrau derart schlimm sich belästigen läßt. 9 Thamyris! Dieser Mensch bringt die Stadt der Ikonier in Unruhe, schließlich auch noch deine Thekla. Denn alle Frauen und jungen Leute gehen zu ihm hinein, um seine Lehre zu vernehmen. >Man muß<, so sagt er, >den einen und einzigen Gott fürchten und ein reines Leben führen.< Schließlich wird auch noch meine Tochter, die ja wie eine Spinne an dem Fenster festsitzt, durch seine Worte von einem nie gekannten Drang und schrecklicher Leidenschaft erfaßt. Denn das Mädchen spannt auf alles, was er sagt, und ist ganz gefangen davon. Doch geh du zu ihr und rede mit ihr! Sie ist ja deine Verlobte.< 10 Und Thamyris ging hin, zu gleicher Zeit von Liebe zu ihr erfüllt, doch auch voller Angst vor ihrem verwirrten Zustand, und sagte: > Thekla, du mir Angetraute, warum sitzest du hier so? Was für eine Leidenschaft hält dich in dieser Verwirrung fest? Wende dich wieder deinem Thamyris zu und schäme dich doch!< Auch ihre Mutter aber sagte noch das gleiche: > Kind, warum sitzest du so da und hältst den Blick gesenkt und gibst keine Antwort, sondern bist ganz benommen?< Und alle weinten schrecklich, Thamyris um die Frau, die er verlor, Theoklia um ihr Kind, die Mägde um ihre Herrin. Und während dies alles sich abspielte, wandte sich Thekla nicht ab, sondern war weiter dem Wort des Paulus angespannt zugeneigt.
Komplott gegen Paulus
11 Thamyris aber sprang auf und ging hinaus auf die Straße und beobachtete die Leute, die bei Paulus ein - und ausgingen. Und sah zwei Männer, die sich grim mig miteinander stritten, und sagte zu ihnen: > Ihr Männer, wer seid ihr? Sagt's mir! Und wer ist der Mann da drin bei euch, der die Seelen der jungen Männer und Jungfrauen mit List verführt, daß sie nicht in die Ehe treten, sondern so wie bisher, also ledig bleiben sollen? Ich verspreche euch hiermit, euch viel Geld zu geben, wenn ihr mir über ihn Angaben macht. Ich bin nämlich einer der angesehenen Männer der Stadt.< 12 Und Demas und Hermogenes sagten zu ihm: > Wer dieser allerdings ist, das wissen wir nicht. Er entzieht aber die jungen Männer den Frauen und die Jungfrauen den Männern, indem er sagt: >Auf andere Weise gibt es für euch keine Auferstehung: ihr müßt unbedingt rein bleiben und das Fleisch nicht beflecken, sondern es rein erhalten.<< 12 Thamyris sprach zu ihnen: »Kommt doch, ihr Männer, in mein Haus und nehmt mit mir eine Erfrischung ein!« Und sie gingen hin zu einer teuren Mahlzeit und viel Wein und großem Reichtum und einer prächtigen Tafel. Und Thamyris setzte ihnen zu trinken vor; denn er liebte Thekla und wollte sie zum Weibe haben. Und während der Mahlzeit sagte Thamyris: >Ihr Männer, sagt mir doch, worin seine Lehre besteht, damit auch ich Bescheid weiß! Denn ich mache mir keine geringe Sorge um Thekla, weil sie den fremden Mann so gern hat und ich um die Hochzeit gebracht werde.< 14 Da sagten Demas und Hermogenes: »Führe ihn dem Statthalter Kastellius vor mit der Begründung, er überrede die Menschen zu der neuen Lehre der Christen. Er wird ihn unter diesen Umständen hinrichten lassen, und du bekommst dann Thekla als deine Frau. Und wir werden dich über die Auferstehung aufklären, von der dieser sagt, daß sie eintrete, ja daß sie schon eingetreten sei in den Kindern, die wir haben, und daß wir auferstehen, wenn wir den wahren Gott erkannt haben.«
Paulus vor dem Statthalter Kastellius
15 Als Thamyris von ihnen dies gehört hatte, da stand er voller Eifersucht und Zorn in aller Frühe auf und zog zum Haus des Onesiphorus zusammen mit hohen Beamten und Polizisten und einer beträchtlichen Volksm enge mit Knütteln und sagte zu Paulus: »Du hast die Stadt der Ikonier betört und meine Verlobte, so daß sie mich nicht mehr will! Auf, zum Statthalter Kastellius!« Und die ganze
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