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Die Apothekerin

Die Apothekerin

Titel: Die Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Levin war es ein wenig anders; für einen jungen gesunden Mann hatte er eventuell nicht die adäquate Kapazität bewiesen, um es vorsichtig zu formulieren. Anscheinend brauchte er stärkere Stimulanzien als mein zärtliches Schmusen und sanftes Kuscheln.
    Es war allzu routiniert, was Margot da geboten hatte. Wahrscheinlich war sie eine Professionelle, die sich in früheren Zeiten auf dem Strich, mittels Strippen und Peep-Shows durchgeschlagen hatte. Andererseits erschien sie fast wie ein willenloser Roboter, programmiert von einer höheren Macht. Sie fixte zwar nicht mehr, aber irgendeine Droge hatte er ihr sicherlich als Lohn gegeben.
    Merkwürdigerweise beruhigten mich diese Gedanken ein wenig; man konnte Levins Verhalten so bewerten, als ob er, wie zum Beispiel sein Großvater, ein Bordell besucht hätte. Aber mein Wintergarten war wiederum kein Bordell! Ich war frisch mit Levin verheiratet, und Margot war die Frau seines Freundes. Im übrigen hatte sie mir mein Paradies durch diesen Sündenfall genauso verekelt wie meine Küche. Ich lasse alles desinfizieren, dachte ich, Levin muß ausziehen und kriegt bei der Scheidung keinen Pfennig.
    Gegen Morgen mußte ich auf die Toilette. Ich konnte mir nicht helfen, ich schlich mich ins Wohnzimmer und warf von dort einen Blick in den Wintergarten. Levin schlief in der Hängematte wie ein Toter - unter meiner irischen Wolldecke. Ein alter Spruch fiel mir ein: Wer schläft, der sündigt nicht, wer vorher sündigt, schläft besser.
    Frau Hirte stieß ein böses Lachen aus.
    Levin erwartete mich erst am nächsten Nachmittag, denn ich hätte normalerweise nach dem Nachtdienst auch den folgenden Tag über in der Apotheke bleiben müssen. War Margot danach zu ihrem Ehemann ins Bett gekrochen? War Dieter überhaupt hier? Gab es solche Orgien immer, wenn ich außer Haus war? Hatte Margots blaues Auge neulich mit Dieters Entdeckung der Verhältnisse zu tun?
    Und Margots totes Kind: War Levin der Vater? Mir schauderte vor Kälte und Übelkeit. Zittrig begab ich mich in die Küche, um mir eine Tasse Kamillentee zu bereiten. An den Küchenschrank gelehnt, wartete ich darauf, daß das Wasser kochte. Langsam ging die angelehnte Tür auf, und mein Kater Tamerlan strich lautlos herein. Mit steil aufgerichtetem Schwanz rieb er sich an meinen Beinen und verlangte Ansprache. Was hätte mir das Tier wohl alles erzählt, wenn es sprechen könnte?
    Beim Teetrinken beschloß ich, mir vorerst nichts anmerken zu lassen. Aber nicht Levin war es, der nach Tamerlan die Küche betrat, sondern Dieter.
9
    Pawel konnte die Kinder nicht immer bei Dorit lassen, er brachte sie schon bald wieder mit ins Krankenhaus; es war klar, daß er dann nicht lange blieb.
    »Hast du wieder Puppenkäse für mich?« fragte Lene.
    Kolja war scharf auf die Marmelade. »Aber die Feuerwurst mögen wir nicht, die darfst du behalten, Hella«, sagte er.
Pawel packte jedoch auch die Streichwurst mit den Pfefferkörnern ein. »Die bringen wir Alma mit.«
Als wir wieder allein waren, fragte Frau Hirte unerwartet neugierig: »Wer ist Alma?«
»Pawels Frau.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
»Sie werden noch alles erfahren, Frau Hirte.«
»Nur noch eine einzige Frage: Wo befindet sich Alma?«
»In der Klapsmühle.«
Sie riß die Augen auf, und ich hatte meinen Spaß an ihrer Verwirrung.
»Ich bin gespannt, wie es mit Margot weitergeht«, sagte sie, »so viel Geduld wie Sie hätte ich nie aufgebracht.«
»Fortsetzung um zwanzig Uhr«, versprach ich.
    Dieter war erstaunt, mich in der Küche vorzufinden. »Hast du keinen Nachtdienst?« fragte er.
    Stockend berichtete ich von dem Überfall, und er bedauerte mich.
»Es scheint dich sehr mitgenommen zu haben«, meinte er und goß den Tee auf. Da ich es nicht gewöhnt war, daß man solche winzigen Liebesdienste auch einmal mir erwies, brach ich in Tränen aus. Dieter nahm mich in die Arme wie ein krankes Kind. Tamerlan wurde eifersüchtig und drängte sich zwischen uns.
Außer mir stand nur Dieter gelegentlich früh auf, er mußte zur Arbeit. Im Stehen trank er eine Tasse Tee mit mir. Schließlich fragte ich, so harmlos wie möglich, wo eigentlich Levin stecke.
Dieter war verwundert. Er habe ihn zuletzt beim Abendessen gesehen, und Levin habe nichts von Ausgehen gesagt. »Vielleicht hängt er in der Matte«, sagte er scherzhaft, »das ist doch sein liebstes Plätzchen, ich seh’ mal nach.«
»Wenn er dort ist, dann wecke ihn nicht«, bat ich.
Der Kater sauste hinter ihm her. Mit dem

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