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Die Apothekerin

Die Apothekerin

Titel: Die Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Gegenteil«, sagte sie, »du sollst Margot analysieren. Sie hat Macht über Levin und anscheinend auch über dich, denn du regst dich viel zu sehr über dieses dumme Luder auf. Wenn sie sich nicht anständig benimmt, dann schmeiß sie doch einfach raus!«
    Es kamen natürlich nicht so viele Menschen zu unserer Party wie zur Hochzeit - keinerlei Verwandtschaft, Honoratioren und Respektspersonen. Meine Chefin war allerdings willkommen, denn ich mochte sie wirklich. Sie brachte einen schüchternen Strohwitwer mit, der ein regelmäßiger Kunde in ihrer Apotheke war, Pawel Siebert.
    Bis zur letzten Minute war ich im Einsatz: kochen, aufräumen, Gläser polieren. Als der erste Gast klingelte, begann ich mich in Windeseile umzuziehen. Ich hatte mir ein neues Kleid gekauft - schließlich war ich wohlhabend, besser gesagt, reich. Also trug ich Seide und Kaschmir, Uromas sechsreihige Granatkette und italienische Schuhe mit sehr hohen Absätzen, um ein bißchen größer zu wirken. Ein wenig ungewohnt war mir das Stöckeln am Anfang schon, denn trotz meiner geringen Größe hatte ich bisher nur flache, praktische Schuhe besessen.
    Eigentlich hätte mein Ehemann meine neue Erscheinung zur Kenntnis nehmen können - aber er tat es nicht. Er begrüßte Gäste, schenkte Sekt ein und plauderte, während ich und Dorit Blumen in die Vasen stellten.
    Margot hatte ihren Auftritt erst, als alle da waren. Ich war darauf gefaßt, sie in der gleichen schwarzen Kreation zu sehen, mit der sie mir meine Hochzeit vergällt hatte. Aber sie trug einen goldenen BH , ein Hundehalsband um die Kehle und eine enge schwarze Lederhose. In die Rückseite des Leders waren in Pohöhe Löcher gestanzt. Sie erreichte, was sie beabsichtigte: Sofort waren alle still und betrachteten dieses Bild mit Befremden oder mühsam unterdrückter Geilheit. Ich suchte nach Dieter und sah ihn schließlich ganz im Hintergrund an der Wand lehnen. Er betrachtete die Reaktion des Publikums mit undurchschaubarer Miene. Auch Pawel Siebert hatte sich in eine Ecke verzogen, wo er voll Interesse in einem alten Rezepturenheft meines Großvaters las.
    Dorit schlug sich zu mir. »Gero findet sie entsetzlich, sagt er, aber schau nur, wie er Stielaugen kriegt!«
Ich registrierte, daß Freunde und Ehemänner von Freundinnen getuschelte Bemerkungen über Margot abließen, aber mit den gleichen Stielaugen wie Gero, ja der eine oder andere piekte gar mit spitzem Finger in die gestanzten Löcher. Levin strahlte Besitzerstolz aus. Ich hätte ihm vor allen Leuten eine schmieren können.
Auch meine Chefin hatte die Situation erkannt. Sie gesellte sich, mit dem Glas in der Hand, zu Dorit und mir. »Die stiehlt uns aber die Schau, was?« meinte sie. »Hella, ich würde für mein Leben gern das Haus besichtigen. Der Wintergarten ist bezaubernd…«
Das ganze Haus konnte ich nicht zeigen, ich beschränkte mich auf die eigenen Räume. Aber ich richtete es so ein, daß ich in Margots Hörweite zu meiner Chefin sagte: »Die obere Wohnung wird im nächsten Monat renoviert, dort sollen Schlafzimmer, Gäste- und Kinderzimmer untergebracht werden.«
»Sie haben recht, Hella«, sagte meine Chefin, »wenn Sie beizeiten ans Kinderzimmer denken - ich habe das verpaßt.«
Meine Chefin war geschieden und kinderlos, sie machte aber stets den Eindruck, dank ihres Reitpferdes eine zufriedene Frau zu sein.
Mit großer Genugtuung registrierte ich, daß Margot verstanden hatte. Man sah ihr die Kränkung sehr wohl an. ›Gut so›, dachte ich, ›du wirst bald freiwillig gehen.‹
Margot war nicht ganz so dumm, wie Dorit und ich sie gern hinstellten. Mit uns Hausgenossen sprach sie zwar wie ihr der Schnabel gewachsen war, aber ich hörte verwundert, daß sie - wenn auch mit Mühe - bei fremden Männern einen anderen Ton anschlug. Sie redete über alles mögliche, über Kommunalpolitik und Polizei (alles Scheiße), über Schule und Autos (die Gesellschaft hat, was sie verdient) und übers Fernsehprogramm (mal wieder das Letzte). Die Männer hörten nie zu, sondern starrten in ihren Ausschnitt.
Ich unterbrach dieses Geplänkel mit der harschen Aufforderung, unverzüglich Gläser zu spülen. Aber ihre guten Kleider… protestierte Margot.
»Das kann man kaum Kleid nennen«, sagte ich und hatte nun einige Lacherinnen auf meiner Seite, »außerdem kannst du ja wohl die Quiche in den Backofen schieben, fünfzehn Minuten erhitzen und dann servieren. Aber zuerst holst du zehn Flaschen Roten aus dem Keller.«
Margot übertrug

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