Die Apothekerin
Levin diese Aufgabe, Dieter spannte sie beim Küchendienst ein und den feinen Gero kommandierte sie zum Abtrocknen ab.
Dorit sah es und mußte unwillkürlich lachen. »Alle Achtung«, sagte sie, »bei mir hat Gero noch nie…«
Nach der Quiche, die im Stehen gegessen wurde, kam gegen neun der »Schweinemann« und brachte ein komplettes Spanferkel, das er auf dem Küchentisch tranchierte und portionierte. Ich hatte verschiedene Salate, Gemüse und Kartoffelgratin bereitet, Sitzecken in Küche, Wohnzimmer und Wintergarten eingerichtet und Geschirr zum Selbstbedienen verteilt. Alles schmeckte phantastisch, ich war stolz.
Margot half in den kritischen Momenten, in denen alle Gäste einen Platz und einen gefüllten Teller verlangten, überhaupt nicht mehr. Sie hatte mit dem Schweinemann - einem jungen Fleischer - einen Flirt begonnen und hielt ihn von seiner Arbeit ab. Mit der großen Tranchiergabel steckte er ihr eine Riesenportion knuspriger Haut, die er für das Beste an diesem Tier hielt, in den Mund. Ich kam gerade dazu, wie Margot sich spritzend auf den Küchenboden übergab, so daß die dort tafelnden Gäste kreischend hochfuhren und fluchtartig den Raum verließen.
»Mir is schlecht«, stöhnte Margot und riß vor mir aus.
Wer, wenn nicht ich, wischte den Boden auf? Levin und Dieter winkten freundlich aus der Ferne, als ich sie herbeizitieren wollte - »gleich, noch fünf Minuten.«
Im Seidenkleid kniete ich auf den Fliesen und putzte, wobei es mir durch den scharfen Geruch selbst übel wurde. Mein Ekel gegen Margot nahm pathologische Formen an.
Als alles wieder blitzblank war, betrat Dieter die Küche. »Also, was gibt’s, Hella«, sagte er, »wie kann ich mich nützlich machen?«
Obgleich er nicht ahnen konnte, was geschehen war, traf ihn nun die ganze Härte meines Zorns. »Schaff mir dieses Weib aus dem Haus!« brüllte ich. »Sie hat meine Küche vollgekotzt, und ich mußte es aufwischen!«
Dieter fragte in aller Unschuld, warum Margot nicht selbst geputzt hätte. Inzwischen kamen der Schweinemann - den es an den Hosen getroffen hatte - und andere Vertriebene wieder in die Küche zurück, um sich ihre Teller neu zu füllen. Ich konnte Dieter keine Szene mehr machen, doch bis zum heutigen Tag ist mir noch so knuspriges Spanferkel ein Greuel geblieben.
10
»In jungen Jahren hatte ich einen Freund, der mich auf ziemlich miese Art sitzengelassen hat«, erzählte Frau Hirte unverhofft.
Interessant.
»Eigentlich war ich selbst schuld, ich war viel zu leichtgläubig«, fuhr sie fort.
»Sie sagten doch gerade, daß Sie jung waren…«
»Das ist keine Entschuldigung. Wissen Sie überhaupt, daß Sie auch einen entscheidenden Fehler machen?«
»Welchen?«
»Sie haben ein falsches Bild von der Wirklichkeit.«
»Hat das nicht jeder?«
Frau Hirte schüttelte den Kopf.
Wenn ich etwas nicht mag, dann sind es alte Leute, die mit ihrer Lebenserfahrung und Menschenkenntnis belehrend auftrumpfen. Bisher hatte sie das nie getan, falls es aber jetzt damit losging, war ich die letzte Nacht ihr Entertainer gewesen.
Aber sie machte keine Anstalten mehr, mich kritisch zu beurteilen, ihre Wißbegierde siegte. »Wie geht’s weiter mit Margot?«
Nun, in dieser Nacht wollte ich sie das Gruseln lehren.
Am Tag nach unserer Fete ging es mir miserabel. Eine Woche zu früh und mit ungewohnter Schmerzhaftigkeit bekam ich meine Tage. Zum Glück war Sonntag; ich beschloß, im Bett zu bleiben. Als die Gäste spät in der Nacht endlich gegangen waren, hatten wir nicht mehr aufgeräumt. Sollten es doch die anderen machen.
Gegen zwölf schüttelte mich Levin fast sanft und sagte: »Ein Kaffee wäre jetzt nicht falsch.«
Ich setzte eine leidende Miene auf. Seufzend machte er sich selbst seinen Kaffee und brachte mir eine Tasse Tee ans Bett, um mich milde zu stimmen. »Es gibt viel zu tun«, sagte er, »ich werde Margot und Dieter holen.«
Recht so.
Hinfällig verbrachte ich den Tag in meiner Höhle und überdachte die Lage. Nichts war so gelaufen, wie ich es gewollt hatte. Viel Geld und ein eigenes Haus waren zwar vorhanden, aber ein Kind, mein dringendster Wunsch, war nicht in Sicht und ohne eheliche Aktivitäten auch nicht zu erwarten. Einen Mann besaß ich zwar, aber einen untreuen, oberflächlichen, ziemlich faulen. Im Grunde war die einzige Möglichkeit, mich schnell von ihm zu trennen und mir einen neuen zu suchen; schließlich wurde ich nicht jünger. Doch wie würden meine Eltern reagieren? »Ich hab’s ja gleich gewußt«, würde
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