Die Aquitaine-Verschwoerung
Roger Blynn warf einen Blick auf den Block, den ihm ein Scriptgirl hinhielt, und gab dann dem Dolmetscher der Kameracrew Anweisungen, ehe er zum Produktionstisch ging.
Caleb Dowling stand auf und streckte sich, wobei ihm bewusst war, dass die Zuschauer jenseits der Seilabsperrung ihn anstarrten und wie Touristen in einem Zoo schnatterten.
» Cal?« Das war die Stimme Blynns, der mit schnellen Schritten auf ihn zukam. » Hier ist jemand, der Sie sprechen möchte. Haben Sie Ãrger, Cal?«
» Dauernd, aber ich lasse es mir nicht anmerken.«
» Ich meine es ernst. Hier ist ein Mann von der deutschen Polizeiâ aus Bonn. Er sagt, er muss Sie sprechen, und zwar dringend.«
» Worüber will er denn mit mir reden?« Dowling spürte einen Stich im Magen.
» Das wollte er mir nicht sagen. Nur dass es sehr wichtig sei und dass er Sie unter vier Augen sprechen müsste.«
» Du lieber Gott!«, flüsterte der Schauspieler. » Freddie!Wo ist er?«
» Dort drüben in Ihrem Wohnwagen.«
» In meinem Wohnwagen ? «
» Keine Sorge«, sagte Blynn. » Ich habe unseren Stuntman Moose Rosenberg mitgeschickt. Wenn der auch nur einen Aschenbecher anfasst, dann wirft der ihn durch die Wand.«
» Danke, Roger.«
» Er hat aber ausdrücklich gesagt, dass er Sie allein sprechen möchte!«
Aber das hörte Dowling schon nicht mehr; er eilte bereits auf den kleinen Wohnwagen zu, in dem er sich in den kurzen Pausen auszuruhen pflegte. Dabei betete er darum, dass es nichts Schlimmes sein möge, und bereitete sich gleichzeitig auf das Schlimmste vor.
Doch es ging nicht um Frieda Dowling. Das Thema der Unterredung sollte Joel Converse sein, ein amerikanischer Rechtsanwalt. Der Stuntman kletterte die Leiter hinunter und lieà Caleb und den Polizeibeamten alleine. Der Mann trug Zivil und sprach flieÃend Englisch. Er gab sich auf unbestimmte Art amtlich, war aber ausgesprochen höflich.
» Es tut mir leid, wenn ich Sie beunruhigt habe, Herr Dowling«, sagte der Deutsche auf Calebs Frage. » Wir wissen nichts über Frau Dowling. Ist sie krank?«
» Sie hatte in letzter Zeit ein paar Anfälle, sonst nichts. Sie ist in Kopenhagen.«
» Ja, das haben wir gehört. Sie fliegen häufig zu ihr, nicht wahr?«
» Wann immer ich kann.«
» Will sie nicht hier in Bonn mit Ihnen zusammen sein?«
» Sie hat früher Mühlstein geheiÃen, und als sie das letzte Mal in Deutschland war, hat man sie nicht unbedingt als menschliches Wesen angesehen. Das, woran sie sich erinnert, ist äuÃerst, sagen wir mal, eindrucksvoll und ziemlich schmerzhaft.«
» Ja«, sagte der Polizeibeamte, ohne den Blick von Caleb zu wenden. » Wir werden damit noch einige Generationen leben müssen.«
» Das hoffe ich«, sagte der Schauspieler.
» Ich habe damals nicht gelebt, Herr Dowling. Ich bin sehr froh, dass sie überlebt hat.«
Dowling war nicht sicher, warum er die Stimme senkte, sodass seine Worte kaum zu hören waren. » Deutsche haben ihr geholfen.«
» Hoffentlich«, sagte der Deutsche leise. » Mein Anliegen betrifft einen Mann, der gestern Abend in der Maschine von Kopenhagen nach Hamburg und von Hamburg nach Bonn neben Ihnen saÃ. Sein Name ist Joel Converse, er ist Anwalt und aus Amerika.«
» Was ist mit ihm? Darf ich übrigens Ihren Ausweis sehen?«
» Aber selbstverständlich.« Der Polizeibeamte griff in die Tasche, holte ein Ausweisetui heraus und reichte es dem Schauspieler, der seine Brille aufsetzte. » Ich nehme an, dass alles in Ordnung ist«, fügte er hinzu.
» Was bedeutet dieses Wort, âºSonderdezernatâ¹?«, fragte Dowling und kniff die Augen zusammen, um den Dünndruck auf der Karte lesen zu können.
» Das lässt sich am besten als âºSpezialabteilungâ¹ oder so ähnlich übersetzen. Wir sind eine Sondereinheit und werden gewöhnlich mit Aufgaben betraut, die über den normalen Zuständigkeitsbereich der Landespolizei hinausgehen.«
» Das sagt nicht sehr viel, und das wissen Sie auch«, meinte der Schauspieler. » Werden Sie also bitte deutlicher.«
» Also gut, deutlicher. Interpol. Ein Mann ist in einem Pariser Krankenhaus an den Folgen einer Kopfverletzung gestorben, die ihm der Amerikaner Joel Converse zugefügt hat. Zunächst hieà es, er befände sich auf dem Wege der Besserung, aber das
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