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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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– Sie erinnern sich doch an ihn? – sie beim
Eindringen in das Hades-Artefakt gerufen hat, ohne es zu
wollen.« An Sylveste erinnerte er sich natürlich, immer
vorausgesetzt, er hatte seine frühere Existenz nicht völlig
vergessen. Sie hatten den Mann an Bord geholt, damit er den Captain
heilte. Aber Sylveste war nur zum Schein auf ihre Wünsche
eingegangen, er hatte sich die ganze Zeit nur für Hades
interessiert.
    »Natürlich«, fuhr sie fort, »sind das alles
nur Vermutungen, aber sie stimmen mit den Fakten überein. Khouri
weiß eine Menge über die Maschinen, mehr als ich. Aber
durch die Art und Weise, wie sie davon erfahren hat, ist es ihr nicht
so ohne weiteres möglich, ihr Wissen auch mitzuteilen. So tappen
wir auf vielen Gebieten noch im Dunkeln.«
    Sie berichtete dem Captain, was bisher geschehen war, und
ließ auf der Projektionssphäre ihre Beobachtungen
ablaufen. Sie erklärte ihm, wie die Unterdrücker-Maschinen
drei kleinere Monde zerlegt hatten, indem sie ihnen das Innere
aussaugten, und wie sie die Rohstoffe aufbereitet und
schließlich in Form von hoch veredelter Materie in die
Umlaufbahn geschickt hatten.
    »Es ist beeindruckend«, sagte sie. »Aber es
übersteigt unsere eigenen Möglichkeiten nicht so weit, dass
ich das große Zittern bekäme. Jedenfalls noch nicht.
Allerdings mache ich mir Sorgen darüber, wie es
weitergeht.«
    Die Rohstoffgewinnung war zwei Wochen zuvor schlagartig beendet
worden. Die künstlichen Vulkane an den Äquatoren der drei
Welten hatten aufgehört, Gesteinsmassen auszurülpsen. Ein
letzter Strom veredelten Materials war in den Orbit entlassen worden,
dann war der Bogen abgerissen.
    Inzwischen lagerte nach Volyovas Schätzung mindestens die
Hälfte der Mondmasse im Orbit. Nur dünne Hüllen waren
zurückgeblieben. Wie sie in sich zusammenfielen und zu
kompakten, orangeroten Kugeln aus radioaktiver Schlacke wurden,
sobald der Abbau eingestellt wurde, war faszinierend anzusehen.
Einige der Maschinen hoben von der Oberfläche ab, aber die
meisten hatten wohl ihre Schuldigkeit getan und wurden keiner
Wiederverwertung zugeführt. So viel unbekümmerte
Verschwendung jagte Volyova kalte Schauer über den Rücken.
Sie zog daraus den Schluss, dass der Aufwand, den die Maschinen bei
früheren Replikationszyklen getrieben hatten, angesichts der
Bedeutung der vor ihnen liegenden Aufgabe zu vernachlässigen
war.
    Dennoch blieben Millionen von kleineren Maschinen im Einsatz. Die
Schuttringe hatten eine messbare Eigenschwerkraft und mussten wie
Schafe ständig zusammengehalten werden. Verschiedene Typen von
Aufbereitungsanlagen schwebten durch die Gassen, saugten Erze ein und
schieden sie wieder aus. Gelegentlich sah Volyova in der näheren
Umgebung exotische Strahlung aufleuchten. Dort waren chemische
Prozesse entfesselt worden, die sie das Fürchten lehrten. Der
aus den Monden gewonnene Rohstoff wurde in seltene neue Materieformen
umgewandelt, die in der Natur einfach nicht vorkamen.
    Noch bevor die Vulkane zu spucken aufhörten, hatte der
nächste Arbeitsgang begonnen. Aus dem Umfeld jeder Welt
löste sich ein Materiestrom, ein Faden aus veredeltem Material,
der sich immer weiter verlängerte, bis er Lichtsekunden
überspannte. Die ›Schäfer‹ hatten offenbar in
jeden Strom so viel Energie gepumpt, dass er aus dem Gravitationsfeld
seiner Herkunftswelt geschleudert wurde. Jetzt folgten die
Materiezungen einer interplanetaren Flugbahn, einer sanften Parabel,
die dicht an der Ekliptik entlang führte. Dabei dehnten sie sich
weiter aus, bis sie schließlich von einem Ende zum anderen
mehrere Lichtstunden lang waren. Volyova extrapolierte die Parabeln
– es waren drei – und stellte fest, dass sie alle zur
gleichen Zeit an einem bestimmten Punkt im All zusammenkommen
würden.
    Dort war im Augenblick noch nichts zu sehen. Aber bis zur Ankunft
der Ströme würde noch etwas eintreffen: der
größte Gasriese des Systems. Volyova vermutete, dass das
kein Zufall war. »Meine Theorie ist folgende«,
erklärte sie dem Captain. »Bisher wurde das Rohmaterial nur
gesammelt. Jetzt schafft man es an den eigentlichen Ort des
Geschehens. Und das ist Roc. Ich weiß nicht, was sie mit dem
Planeten vorhaben, aber ich bin ganz sicher, dass er in ihren
Plänen eine Rolle spielt.«
    Die Projektionssphäre gab wieder, was Volyova von dem
Gasriesen wusste. Eine Schemazeichnung zeigte Roc im Querschnitt wie
einen zerteilten Apfel. Alle Schichten waren mit Anmerkungen
versehen: ein wahrer Horrortrip

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