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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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sollte der Eisbettelorden jemals ihrer Hilfe
bedürfen.
    Schwester Amelia antwortete prompt. Gute Reise und viel
Glück bei deiner Mission, Antoinette. Jim wäre sehr stolz
auf dich.
    Das will ich doch hoffen, dachte Antoinette.
    Die nächsten zehn Tage vergingen ohne besondere Vorkommnisse.
Das Schiff benahm sich vorbildlich und bescherte ihr nicht einmal
jene kleineren technischen Störungen, deren Behebung ihr eine
gewisse Genugtuung bereitet hätte. Einmal glaubte sie, am
äußersten Rand ihrer Radarreichweite zwei Phantome zu
entdecken, die sie verfolgten – schwache, abgeschirmte
Signaturen, die ihre Anlage nur mit Mühe registrierte. Nur zur
Sicherheit aktivierte sie ihre Abschreckungsvorrichtungen, doch
nachdem sie mit einem Ausweichmanöver demonstriert hatte, wie
schwierig es wäre, die Sturmvogel zu rammen, fielen die
beiden Räuber in die Schatten zurück und suchten sich ein
anderes Opfer. Sie sah sie niemals wieder.
    Nachdem das überstanden war, gab es auf dem Schiff nicht mehr
viel zu tun. Sie konnte nur noch essen und schlafen, und Letzteres
beschränkte sie auf ein Minimum, denn sie litt unter
ständig wiederkehrenden Albträumen: Nacht für Nacht
wurde sie von Spinnen von einem Linienschiff entführt, das
zwischen den Karussellen im Rostgürtel verkehrte, und auf
einen ihrer Kometenstützpunkte am Rand des Systems verschleppt.
Dort öffneten sie ihr den Schädel und versenkten blitzende
Instrumente im weichen grauen Brei ihres Gehirns. Kurz bevor sie
selbst zur Spinne wurde – ihre eigenen Erinnerungen waren fast
gelöscht, und alle Implantate, die sie in das
Kollektivbewusstsein eingebunden hätten, befanden sich an Ort
und Stelle –, kamen die Zombies. Geschwader von
keilförmigen Jagdschiffen rasten auf den Kometen zu und feuerten
Penetrationskapseln ab, die sich wie Korkenzieher durch das Eis
fraßen. Sobald sie den Bau im Zentrum erreichten, spuckten sie
heldenhafte Krieger in roter Rüstung aus, die das
Tunnellabyrinth durchkämmten und die Spinnen mit der
Präzision von Soldaten töteten, die gelernt hatten, kein
Nadelgeschoss, keine Kugel und keine Energiezelle zu
verschwenden.
    Ein gut aussehender Zombie holte sie aus dem Verhör- und
Indoktrinierungsraum der Spinnen, spülte im Schnellverfahren die
Nanomaschinen aus, die bereits in ihr Gehirn eingedrungen waren,
setzte ihr die Schädeldecke wieder auf, nähte die Kopfhaut
und versetzte sie schließlich für die lange Reise zu den
Zivilkrankenhäusern im Inneren System in ein Heilkoma. Auf dem
Weg zur Kältestation hielt er ihre Hand.
    Es war fast immer der gleiche Mist. Die Zombies hatten sie mit
einem Propagandavirus infiziert, und obwohl sie die empfohlenen
Medikamente zum Ausschwemmen eingenommen hatte, war sie den Traum nie
ganz losgeworden. Was sie auch gar nicht unbedingt wollte.
    Denn in der einzigen Nacht, in der sie von demarchistischer
Propaganda verschont geblieben war, hatten sie nur traurige
Träume von ihrem Vater verfolgt.
    Sie wusste, dass die Zombie-Propaganda in mancher Hinsicht
übertrieb. Aber nur in den Details: was passierte, wenn man das
Unglück hatte, von den Synthetikern gefangen genommen zu werden,
war unbestritten. Wobei Antoinette sich denken konnte, dass es auch
kein reines Vergnügen wäre, den Demarchisten in die
Hände zu fallen.
    Doch der Krieg war weit weg, auch wenn sie sich jetzt theoretisch
im Kriegsgebiet befand. Sie hatte die Flugbahn so berechnet, dass sie
die Hauptfronten nicht berührte. Hin und wieder sah sie von
weitem Blitze aufleuchten, ein Zeichen, dass irgendwo, mehrere
Lichtstunden von ihrer derzeitigen Position entfernt, die Titanen
aufeinander prallten. Aber das lautlose Feuerwerk war so unwirklich,
dass sie sich dennoch vorstellen konnte, der Krieg wäre vorbei,
und sie befände sich nur auf einem interplanetaren Routineflug.
Und das war nicht einmal allzu weit von der Wahrheit entfernt. Alle
neutralen Beobachter behaupteten, der Krieg läge in den letzten
Zügen, und die Zombies verlören an allen Fronten an Boden,
während die Spinnen Monat für Monat weiter vorrückten
und Yellowstone unaufhaltsam näher kämen.
    Dennoch, der Krieg war noch nicht zu Ende, auch wenn der Ausgang
inzwischen feststand, und wenn sie nicht aufpasste, konnte sie ihm
immer noch zum Opfer fallen. Und bekäme womöglich am
eigenen Leibe zu spüren, wie wirklichkeitsnah der
Propagandatraum war.
    Das hielt sie sich vor Augen, als sie nun auf Tangerine Dream
zuschwenkte, den größten Planeten im System von

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