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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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über mehrere
Jahrhunderte auf Schwarzmarktbasaren zusammengekauft und weniger nach
ihrer Zerstörungswirkung als nach ihrem schnittigen und
bedrohlichen Äußeren ausgewählt worden. Bis auf
einige Handfeuerwaffen im Schiffsinnern, die zur Verteidigung gegen
eindringende Piraten dienen konnten, war die Artillerie zumeist in
Geheimfächern im Rumpf oder in Behältern an Bauch oder
Rücken des Schiffes verstaut, in denen Clavain bisher
Kommunikationsgeräte oder Sensorbatterien vermutet hatte. Zudem
waren nicht einmal alle Geschütze einsatzbereit. Etwa ein
Drittel hatte nie funktioniert, war ausgefallen oder verfügte
nicht über Munition oder Energiezellen.
    Um an die Geschütze heranzukommen, hatte Antoinette eine
Geheimklappe im Boden aufgezogen, worauf sich langsam eine dicke
Metallsäule aus dem Schacht geschoben und Steuerungsarme und
Displays ausgefahren hatte. In einer Display-Sphäre rotierte
eine Schemazeichnung der Sturmvogel, die aktiven Waffen
pulsierten rot und waren über vielfach gewundene rote
Datenleitungen mit der Avionik verbunden. In anderen Sphären und
Schaugläsern war die unmittelbare Umgebung des Schiffes in
unterschiedlicher Vergrößerung zu beobachten. Bei
schwächster Einstellung waren die Phantomschiffe nur als
undeutliche Radarechos zu erkennen, die langsam näher an den
Frachter herankrochen.
    »Fünfzehntausend Kilometer«, sagte Antoinette.
    »Ich finde immer noch, wir sollten das Ausweichmanöver
fliegen«, murrte Xavier.
    »Verbrennen Sie Ihren Treibstoff, wenn Sie ihn
brauchen«, sagte Clavain. »Aber nicht früher.
Antoinette, haben Sie alle Geschütze in Stellung
gebracht?«
    »Alles, was wir haben.«
    »Gut. Darf ich fragen, warum Sie nicht bereit waren, sie
früher einzusetzen?«
    Sie drückte ein paar Tasten, um die Geschütze
auszusteuern und Datenströme in weniger blockierte Teile des
Netzes umzuleiten.
    »Zwei Gründe, Clavain. Erstens ist schon der Gedanke
daran, ein Zivilschiff mit Artillerie auszurüsten, ein
todeswürdiges Verbrechen. Und zweitens könnten diese
wunderschönen Waffen für die Phantome genau der Anreiz
sein, den sie noch brauchen, um anzudocken und uns
auszurauben.«
    »So weit wird es nicht kommen. Wenn Sie mir
vertrauen.«
    »Ihnen vertrauen, Clavain?«
    »Überlassen Sie mir Ihren Platz und erlauben Sie mir,
die Geschütze zu bedienen.«
    Sie sah Xavier an. »Darauf können Sie lange
warten.«
    »Flieg das Ausweich…«, begann Xavier.
    »Nein.« Wieder tippte Antoinette etwas ein.
    Clavain spürte, wie ein Grollen das Schiff durchlief.
»Was war das?«
    »Ein Warnschuss, sagte sie.
    »Gut. Das hätte ich auch getan.«
    Vermutlich hatte sie ein Projektil verschossen, einen Zylinder mit
Schaumphasenwasserstoff, der in einer Railgun mit kurzem Lauf auf ein
paar Dutzend Kilometer pro Sekunde beschleunigt wurde. Clavain war
mit Schaumphasenwasserstoff wohl vertraut; seit die Demarchisten
keine Antimaterie in militärisch wirksamen Mengen mehr einsetzen
konnten, war er zu einer ihrer wichtigsten Waffen geworden.
    Die Demarchisten förderten Wasserstoff aus den Meeren im
Herzen der Gasriesen. Unter den schockierenden
Druckverhältnissen, die dort herrschten, überschritt das
Gas die Grenze zum metallischen Zustand und bekam eine Konsistenz wie
Quecksilber, nur tausend Mal dichter. Dieser Metallzustand war
instabil: sobald man den Druck verringerte, kehrte das Element wieder
in den gasförmigen Zustand mit niedriger Dichte zurück. Die
Schaumphase war dagegen nur quasi-instabil. Wenn man sie richtig
behandelte, verharrte sie auch dann im Metallzustand, wenn der
Außendruck um viele Größenordnungen verringert
wurde. In Granathülsen oder Kugeln gepackt, hielt
Schaumphasenmunition ihre Stabilität bis zum Moment des
Aufschlags, um dann mit verheerender Wucht zu detonieren.
Schaumphasenbomben waren eigenständige Zerstörungswaffen
oder wurden als Treibladungen für Fissions- und Fusionsbomben
verwendet.
    Antoinette hatte Recht, dachte Clavain. Ein
Schaumphasengranatwerfer mochte aus militärischer Sicht
antiquiert sein, aber schon für die Absicht, sich eine solche
Waffe zu beschaffen, konnte man zum irreversiblen Neuraltod
verurteilt werden.
    Die Granate flog wie ein Glühwürmchen auf die
Verfolgerschiffe zu und verfehlte sie nur um zwanzig bis
dreißig Kilometer.
    »Sie geben nicht auf«, stellte Xavier Minuten
später fest.
    »Wie viele Granaten haben Sie noch?«, fragte
Clavain.
    »Eine«, antwortete Antoinette.
    »Aufsparen. Sie sind schon zu weit

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