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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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entdeckt wurde, befand ich mich im System von Epsilon
Eridani, im Orbit um Yellowstone.«
    »Und dein Mann?«
    »Von ihm habe ich nichts mehr gehört. Man ließ
mich damals in dem Glauben, er wäre noch im Orbit um Sky’s
Edge. Dreißig, vierzig Jahre, Thorn – so lange hätten
wir warten müssen, selbst wenn es mir gelungen wäre, sofort
ein Schiff zu finden, das wieder zurückflog.«
    »Was hattet ihr denn für Langlebigkeitstherapien auf
Sky’s Edge?«
    »Gar keine.«
    »Das heißt, du hättest deinen Mann bei deiner
Rückkehr womöglich gar nicht mehr lebend
angetroffen.«
    »Er war Soldat. Die Lebenserwartung in einem Bataillon, das
mehrfach eingefroren und wieder aufgetaut wird, ist ohnehin nicht
sonderlich hoch. Und außerdem gab es kein Schiff, das
sofort zurückgeflogen wäre.« Sie rieb sich die Augen
und seufzte. »Ich weiß nur, was man mir damals sagte, aber
ich habe noch immer keine Gewissheit. Vielleicht war er sogar auf
demselben Schiff wie ich, und alles andere war eine
Lüge.«
    Thorn nickte. »Das heißt, dein Mann könnte noch am
Leben sein und sich im Yellowstone-System aufhalten?«
    »Ja – immer vorausgesetzt, er wäre je dort
angekommen und nicht mit dem nächsten Schiff
zurückgeflogen. Aber auch dann wäre er jetzt alt: bevor ich
hierher kam, lag ich lange Zeit in Chasm City im Kälteschlaf.
Und seither war ich noch länger eingefroren, während ich
mit Ilia auf die Unterdrücker wartete.«
    Thorn schwieg eine Weile. »Du bist also mit einem Mann
verheiratet, den du zwar immer noch liebst, aber wahrscheinlich
niemals wiedersehen wirst?«
    »Verstehst du jetzt, warum das alles nicht so einfach
für mich ist?«, fragte sie.
    »O ja«, hauchte Thorn. Es klang fast ehrfürchtig.
»Ich verstehe dich, und es tut mir Leid.« Wieder fasste er
nach ihrer Hand. »Aber vielleicht ist es endlich an der Zeit,
sich von der Vergangenheit zu lösen, Ana. Irgendwann müssen
wir das alle tun.«
    * * *
    Sie erreichten Yellowstone viel schneller, als Clavain erwartet
hatte. Vielleicht hatte Zebra ihn unter Drogen gesetzt, oder die
dünne kalte Luft in der Kabine hatte ihm das Bewusstsein
geraubt… aber er fand keine Lücke in seinen Erinnerungen.
Die Zeit war einfach nur sehr schnell vergangen. Manoukhian und Zebra
hatten drei oder vier Mal rasch und leise miteinander gesprochen, und
jedes Mal hatte Clavain kurz darauf gespürt, wie das Schiff die
Richtung änderte, vermutlich, um nicht noch einmal mit dem
Konvent aneinander zu geraten. Aber dabei war nie der Eindruck von
Panik entstanden.
    Vielmehr kam es ihm vor, als wollten Zebra und Manoukhian einen
weiteren Konflikt zwar vermeiden, aber nicht aus Angst um ihr Leben,
sondern eher aus Anstand oder um das Ordnungsgefüge nicht zu
stören. Sie waren Profis, so viel sah er schon jetzt.
    Mehrere tausend Kilometer außerhalb des Rostgürtels drehte das Schiff eine Schleife und strebte dann in Spiralen den
Wolkenschichten von Yellowstone zu. Der Planet schwoll an, bis er
alle Fenster in Clavains Blickfeld ausfüllte. Dann tauchte das
Schiff in die Atmosphäre ein und hüllte sich in eine rosig
leuchtende Wolke aus ionisiertem Gas. Clavain spürte, wie nach
Stunden der Schwerelosigkeit sein Gewicht zurückkehrte. Zum
ersten Mal seit Jahren stand er unter natürlicher Schwerkraft.
    »Waren Sie schon einmal in Chasm City, Mr. Clavain?«,
fragte Zebra, als das schwarze Schiff das Eintrittsmanöver
vollendet hatte.
    »Ein paar Mal sogar«, sagte er. »Aber das ist schon
sehr lange her. Ist das also unser Ziel?«
    »Ja, aber mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Wo wir Sie genau
hinbringen, müssen Sie schon selbst herausfinden. Manoukhian,
kannst du sie vielleicht eine Minute lang ruhig halten?«
    »Lass dir Zeit, Zeb.«
    Sie schnallte sich ab, erhob sich von der Beschleunigungsliege und
beugte sich über Clavain. Jetzt sah er, dass die Streifen weder
tätowiert noch aufgemalt, sondern auffällig pigmentiert
waren. Zebra öffnete einen Spind, nahm einen stahlblauen
Behälter von der Größe eines Verbandskastens heraus
und öffnete ihn. Ihre Hand verharrte kurz, wie um aus einer
Bonbonniere eine Praline zu wählen. Dann zog sie eine
Injektionsspritze heraus.
    »Ich lege Sie jetzt schlafen, Mr. Clavain. Während Sie
ohne Bewusstsein sind, führe ich einige neurologische Tests an
Ihnen durch, um mich zu vergewissern, dass Sie auch wirklich
Synthetiker sind. Sie werden erst wieder geweckt, wenn wir unser Ziel
erreicht haben.«
    »Das ist doch wirklich nicht nötig.«
    »0

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