Die Arche
zurück, um die Durchblutung seines
Gehirns zu verbessern.
»Du kannst Skade nicht trauen, Clavain. Sie hat es absolut
nicht nötig, dich von ihrer Aufrichtigkeit zu überzeugen,
weil sie nicht daran glaubt, dass du jemals etwas haben
könntest, was sie braucht, oder womit du ihr schaden kannst. Das
ist kein Zwei-Gefangenen-Spiel, wie man es dich damals auf Deimos
gelehrt hat.«
»Ich muss sie erschreckt haben«, sagte Clavain.
»Sie hatte nicht erwartet, dass wir sie so leicht einholen
würden.«
»Trotzdem…« Remontoire rang minutenlang mit sich,
ohne sich zum Weitersprechen entschließen zu können.
»Verstehst du jetzt, warum ich dich aufgeweckt
habe?«
»Ich denke schon. Wurf Sieben war in einer ähnlichen
Lage wie Skade, als ihm Irravel Veda auf den Fersen war und ihre
Passagiere zurückholen wollte.«
»Sieben zwang dich damals, ihm zu Diensten zu sein. Du
musstest ihm Ratschläge geben, eine Strategie entwerfen, wie er
gegen Irravel vorgehen konnte.«
»Hier liegen die Dinge ganz anders, Clavain.«
»Ich finde genügend Übereinstimmungen.«
Clavain ließ sich von seinem Exoskelett auf die Beine hieven.
»Für mich sieht es folgendermaßen aus, Rem. Skade
erwartet in den nächsten Tagen eine Antwort von mir. Du wirst
mir helfen, diese Antwort zu finden. Die optimale Lösung
wäre, wenn ich Felka zurückbekäme, ohne mein Ziel aus
den Augen verlieren zu müssen.«
»Du hast mich also aus purer Verzweiflung aufgetaut? Besser
der Teufel, den man kennt, wie man so sagt?«
»Du bist mein ältester und bester Freund, Rem. Ich
weiß nur nicht, ob ich dir noch trauen kann.«
»Und wenn ich dir einen guten Rat gäbe…«
»Würde das mein Misstrauen vermutlich
dämpfen.« Clavain rang sich ein Lächeln ab. »Aber
dazu müsste ich natürlich auch Felka zu Rate
ziehen.«
»Und wenn wir scheitern?«
Darauf antwortete Clavain nicht. Er drehte sich nur um und
verließ die Kabine.
* * *
Vier kleine Shuttles lösten sich von der Zodiakallicht und stürzten in verschiedene Quadranten der relativistisch
verzerrten Sternenlandschaft. Ihre glitzernden Abgasströme
mischten sich mit dem Streulicht des Hauptantriebs der Zodiakallicht. Die Trajektorien wölbten sich vom
Mutterschiff weg wie die geschwungenen Arme eines Kronleuchters, ein
Anblick von herzzerreißender Schönheit.
Wenn es sich nicht um ein Kriegsmanöver handelte, dachte Clavain, könnte man beinahe stolz darauf
sein…
Er hatte den Start von der Aussichtskuppel dicht hinter dem Bug
des Schiffes beobachtet und fühlte sich verpflichtet, so lange
zu warten, bis er die Schiffe nicht mehr erkennen konnte. Jedes
Shuttle beförderte ein wertvolles Besatzungsmitglied und ein
Quantum Treibstoff, das er lieber für die Ankunft im
Resurgam-System aufgespart hätte. Wenn alles gut ging,
würde er alle vier Shuttles samt ihrer Besatzung
zurückbekommen. Aber den größten Teil des Treibstoffs
würde er niemals wiedersehen. Die Toleranzgrenzen waren so knapp
bemessen, dass jedes Schiff außer seinem Piloten nur eine
Fracht von der Masse eines Menschen aufnehmen konnte.
Hoffentlich hatte er den richtigen Zug gemacht.
Jede Tätigkeit fiel einem leichter, je mehr Übung man
darin hatte, und das galt angeblich auch für schwierige
Entscheidungen. Vielleicht steckte in der Behauptung sogar ein
Körnchen Wahrheit. Doch Clavain hatte ganz und gar nicht den
Eindruck, dass es auf seinen Fall zuträfe. Er hatte in letzter
Zeit etliche außerordentlich schwierige Entscheidungen
getroffen, und jede war ihm auf ihre ganz eigene Art noch schwerer
gefallen als die vorhergehende. So war es auch in der Sache
Felka.
Nicht dass er Felka nicht zurückhaben wollte, wenn es
irgendwie möglich wäre. Aber Skade wusste, wie wichtig ihm
auch die Weltraumgeschütze waren, und dass er hier nicht aus
egoistischen Motiven handelte. Da er die Geschütze nicht
für sich persönlich wollte, war auch nicht wie
gewöhnlich mit ihm zu feilschen. Mit Felka hatte sie freilich
das perfekte Pfand gefunden. Sie wusste, dass sie beide eine ganz
besondere Beziehung zueinander hatten, die bis in die Zeit auf dem
Mars zurückreichte. Ob Felka wohl wirklich seine Tochter war? Er
wusste es auch jetzt noch nicht. Er hatte es sich eingeredet, und sie
hatte es auch selbst behauptet… aber möglicherweise hatte
sie unter Druck gestanden, als sie ihn mit diesem Eingeständnis
von seiner Fahnenflucht abzubringen suchte. Deshalb hatte es
allenfalls dazu gedient, seine eigenen Vermutungen langsam
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