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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Diebstahl nur als Vorspiel zu einer noch
verwegeneren Tat geplant war.
    Wie konnte er da widerstehen?
    Deshalb war er nun Lichtjahre von Chasm City, Lichtjahre von allem
entfernt, was ihm irgendwie vertraut war. Er war Scorpio ein guter
und getreuer Diener gewesen, der nicht nur in die Fußstapfen
seines Herrn trat, sondern dessen Wünsche vorwegnahm, manchmal
sogar vor ihm her rannte und sich damit ein leises Lob verdiente.
    Jetzt war er dem Shuttle ganz nahe. Es sah aus wie alle
Synthetiker-Maschinen, tief schwarz und so glatt wie ein
abgeschliffener Kiesel. Er ließ die Scheinwerfer darüber
gleiten und suchte nach der Stelle, an der sich laut Clavain eine
Luftschleuse befinden sollte. Die feine Naht im Rumpf war fast
unsichtbar und zeigte sich nur aus nächster Nähe. Der
Abstand zum Rumpf betrug jetzt fünfzehn Meter und seine
Anfluggeschwindigkeit einen Meter pro Sekunde. Das Shuttle war so
klein, dass er die Geisel ohne Mühe finden müsste, immer
vorausgesetzt, Skade hatte Wort gehalten.
    Als er auf zehn Meter an den Rumpf heran war, geschah es. Aus dem
Herzen des Synthetiker-Raumschiffs wuchs ein Lichtfünkchen wie
der erste Strahl der aufgehenden Sonne.
    Lasher konnte nicht einmal mehr die Augen schließen.
    * * *
    Skade sah den Annäherungszünder des Krustenbrechers
aufblitzen wie ein Irrlicht. Die Explosion war nicht schwer zu
erkennen. Hinter der Nachtschatten gab es jetzt keine Sterne
mehr, nur eine tintenschwarze, immer größer werdende
Pfütze absoluter Finsternis. Die Relativität verdichtete
das Universum zu einem Gürtel, der das Schiff umgab. Nur
Clavains Schiff, das sich nahezu im gleichen Bezugssystem befand wie
die Nachtschatten, schien immer noch direkt hinter ihr zu
fliegen. In dieser Finsternis erstrahlte der Explosionsfunke wie ein
verirrter Stern.
    Skade untersuchte das Licht, korrigierte die mäßige
Rotverschiebung und stellte eine Sprengwirkung im Bereich von
mehreren Teratonnen fest. Das entsprach nur der Detonation der Bombe
selbst plus einem kleinen Rest Antimaterie. Sie hatte ein Raumschiff
von Shuttlegröße zerstört, aber kein Lichtschiff. Ein
Raumschiff, das sich bereits fest in den unerschöpflichen
Energiequell des Quantenvakuums gekrallt hatte, hätte den
Krustenbrecher um drei Größenordnungen
überstrahlt.
    Clavain war also wieder einmal schlauer gewesen. Nein, verbesserte
sie sich: nicht schlauer, nur ebenso schlau. Skade hatte bisher noch
keinen Fehler begangen, und Clavain hatte zwar alle ihre Angriffe
abgewehrt, aber selbst noch nicht zugeschlagen. Damit war sie noch
immer im Vorteil, und sie war sicher, ihm zumindest mit einer ihrer
Attacken größere Unannehmlichkeiten bereitet zu haben.
Zumindest hatte sie ihn gezwungen, Treibstoff zu verbrennen, den er
lieber aufgespart hätte. Wahrscheinlich hatte sie ihn
veranlasst, sich auf die Abwehr ihrer Angriffe zu konzentrieren,
anstatt seine Kräfte für die bevorstehende Schlacht vor
Resurgam zu sammeln. Aus militärischer Sicht hatte sie nichts
verloren außer der Hoffnung, er würde doch noch einmal auf
einen Bluff von ihr hereinfallen.
    Aber damit hatte sie ohnehin nie gerechnet.
    Nun musste sie tun, was nötig war.
    * * *
    »Du verlogenes Schwein.«
    Xavier blickte auf, als Antoinette in ihre gemeinsame Kabine
stürmte. Er lag auf der Koje und balancierte ein Notepad auf den
Knien. Antoinette sah Zeilen eines Quellcodes über den Schirm
laufen, komplizierte Symbole und wellenförmig eingerückte
Zeilen einer Programmiersprache, die anmuteten wie die streng
formalisierte konkrete Poesie einer fremden Kultur. Xavier hielt
einen Eingabestift zwischen den Zähnen. Nun öffnete er
erschrocken den Mund. Der Stift fiel heraus. Das Notepad rutschte zu
Boden.
    »Antoinette?«
    »Ich weiß Bescheid.«
    »Worüber?«
    »Über die Mandelstam-Entscheidung. Über Lyle
Merrick. Über die Sturmvogel. Über Biest. Und
über dich.«
    Xavier drehte sich auf der Koje, bis er mit den Füßen
auf dem Boden stand. Dann fuhr er sich verlegen mit den Fingern durch
die wirre schwarze Mähne.
    »Und was weißt du über all das?«
    »Lüg mich nicht an, du Dreckskerl!«
    Und dann fiel sie in blinder mörderischer Wut über ihn
her. Ihre Schläge waren nicht wirklich brutal; in jeder anderen
Situation hätte man sie als spielerisch verstehen können.
Xavier schützte sein Gesicht und ließ sie an seinen
Unterarmen abprallen. Er wollte etwas sagen, aber sie nahm ihn gar
nicht wahr und weigerte sich, seine kläglichen

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