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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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treten.
    »Das ist nicht weiter schlimm«, sagte Scorpio zu
Clavain. »Sie sind hier, um die Geschütze zu holen, das ist
alles. Man muss die Dinge nicht komplizierter machen als
nötig.«
    Clavain war bis zum Besuch des Schweins allein gewesen. »Du
meinst, wir sollen uns nur um das Raumschiff kümmern?«
    »Wenn wir eine Beta-Kopie überspielen, können wir
sofort mit den Verhandlungen beginnen. Vielleicht stehen die
Geschütze dann bei unserer Ankunft schon bereit. Wir machen
unverzüglich kehrt und sind schon wieder verschwunden, wenn die
anderen Schiffe das System erreichen.«
    »Du stellst dir das zu einfach vor, Scorp«, bemerkte
Clavain düster und starrte resigniert auf das Sternenfeld vor
dem Fenster.
    »Sie glauben, die wollen nicht verhandeln? Na schön,
dann überspringen wir diesen Punkt und lassen gleich die Kanonen
krachen.«
    »In diesem Fall könnten wir nur beten, dass die anderen
die Höllenklassen-Geschütze nicht bedienen können.
Denn im offenen Kampf hätten wir weniger Chancen als ein
Schneeball in der Sonne.«
    »Ich dachte, es sei nicht zu befürchten, dass Volyova
die Geschütze gegen uns einsetzt?«
    Clavain wandte sich um. »Remontoire kann mir nicht
versprechen, dass unsere Inaktivierungscodes auch greifen. Und wenn
wir sie zu früh testen, geben wir Volyova Zeit, sie irgendwie zu
umgehen. Denn wenn es eine Möglichkeit gibt, bin ich ziemlich
sicher, dass sie sie auch findet.«
    »Dann verhandeln wir eben doch«, sagte Scorpio.
»Schicken Sie die Simulation ab, Clavain. Das kostet nichts und
verschafft uns Zeit.«
    Der Mensch antwortete nicht sofort. »Glaubst du, sie
begreifen, was mit ihrem System geschieht, Scorpio?«
    Scorpio blinzelte überrascht. Manchmal war es nicht leicht,
Clavains jähen Stimmungsschwankungen zu folgen. Seit seiner Zeit
an Bord der Jacht hatte er keinen Menschen kennen gelernt, der so
undurchschaubar und vielschichtig gewesen wäre.
    »Begreifen?«
    »Dass die Maschinen bereits vor Ort sind und die Arbeit
aufgenommen haben. Sie brauchen nur in den Himmel zu schauen, dann
sehen sie, was dort geschieht. Und dann ist ihnen sicher auch klar,
dass es nichts Gutes bedeutet.«
    »Was können sie denn schon tun, Clavain? Sie haben die
Berichte gelesen. Wahrscheinlich gibt es da unten keine einzige
Raumfähre. Den Leuten bleibt doch nichts anderes übrig, als
den Kopf in den Sand zu stecken!«
    »Ich weiß nicht recht«, sagte Clavain.
    »Lassen Sie uns den Stellvertreter überspielen«,
sagte Scorpio. »Nur auf das Schiff, mit Laserstrahl.«
    Clavain schwieg mindestens eine Minute lang. Er hatte sich wieder
dem Fenster zugewandt und starrte hinaus ins All. Das Schwein fragte
sich, was er dort wohl zu sehen hoffte. Glaubte er etwa, wenn er sich
nur genug Mühe gäbe, könnte er den Lichtblitz
ungeschehen machen, der Galianas Tod signalisierte? Scorpio kannte
Clavain noch nicht so lange wie einige von den anderen, hielt ihn
aber für einen vernünftigen Menschen. Doch der Kummer, die
Art von schreiendem, mit Gewissensqualen durchsetztem Schmerz, wie
Clavain ihn derzeit durchlebte, konnte jede Vernunft zerstören.
Man hatte nie genauer untersucht, wie eine so gängige Emotion
wie die Trauer den Lauf der Geschichte beeinflusste, dachte Scorpio.
Kummer und Reue, Trauer und Schmerz, Schuldgefühle und Leid
formten das Geschehen nicht weniger als Zorn, Gier oder
Rachsucht.
    »Clavain…?«, fragte er.
    »Ich hätte nie gedacht, dass Entscheidungen so hart sein
könnten«, sagte der Mensch. »Aber H hatte Recht. Die
schweren Entscheidungen sind die einzigen, die zählen. Ich
dachte, meine Fahnenflucht wäre das Schwerste, wozu ich mich
jemals durchgerungen hätte, weil ich glaubte, ich würde
Felka niemals wiedersehen. Aber ich ahnte nicht, wie sehr ich mich
täuschte. Verglichen mit dem, was danach kam, war dieser
Entschluss eine Bagatelle. Ich habe Galiana getötet, Scorpio.
Und was das Schlimmste ist, ich habe es aus freien Stücken
getan.«
    »Aber Sie haben Felka zurückbekommen. Das müsste
Sie doch trösten.«
    »Ja«, sagte Clavain, und es klang, als greife er nach
dem letzten Strohhalm. »Ich habe Felka wieder. Zumindest habe
ich jemanden wiederbekommen. Denn sie ist nicht mehr so, wie ich sie
verlassen hatte. Sie trägt jetzt selbst den Wolf in sich, nur
einen Schatten davon, gewiss, aber wenn ich mit ihr spreche,
weiß ich nicht, ob mir Felka antwortet oder der Wolf. Was immer
auch geschieht, ich glaube, ich kann ihren Worten nie wieder voll
vertrauen.«
    »Sie war

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