Die Arena
Bedürfnisse sind gering, grenzen ans Unbedeutende), muss einen Schlenker machen, um ihm auszuweichen.
Carter, Georgia und Freddy stehen vor dem großen Schaufenster, vor dem Jack an einem normalen Tag Schubkarren und Gartendünger aufgebaut hätte. Carters Finger sind verpflastert, und unter seinem Hemd trägt er einen dickeren Schulterverband. Freddy hat seine Hand auf dem Griff seiner Pistole, während Rose Twitchell ihn weiter ankeift und Carter sich wünscht, er könnte ihr mit dem Handrücken ins Gesicht schlagen. Seine Finger sind in Ordnung, aber die Schulter tut beschissen weh. Aus der kleinen Ansammlung potenzieller Kunden ist eine große Ansammlung geworden, und von der Straße biegen immer mehr Autos auf den Parkplatz ab.
Aber bevor Officer Thibodeau die Menge wirklich in Augenschein nehmen kann, taucht Alden Dinsmore vor ihm auf Alden sieht abgehärmt aus, scheint seit dem Tod seines Sohns zehn Kilo Gewicht verloren zu haben. Er trägt am linken Arm einen schwarzen Trauerflor und wirkt irgendwie benommen.
»Ich muss da rein, Kleiner. Meine Frau schickt mich Konserven kaufen.« Alden sagt nicht, welche Konserven er kaufen soll. Wahrscheinlich alle Sorten. Oder vielleicht hat er gerade an das leere Bett oben im ersten Stock gedacht, an das eine, in dem nie mehr jemand schlafen wird, an das Poster der Foo Fighters, das nie mehr jemand ansehen wird, und das Modellflugzeug auf dem Schreibtisch, das nie mehr fertig gebaut werden wird, und hat es einfach vergessen.
»Sorry, Mr. Dummsdale«, sagt Carter. »Hier können Sie nicht rein.«
»Ich heiße Dinsmore«, sagt Alden benommen. Er will an den Cops vorbei zu den Türen. Sie sind verschlossen, er könnte also ohnehin nicht rein, aber Carter stößt den Farmer trotzdem mit einem herzhaften Schubs zurück. Dabei empfindet Carter erstmals etwas Verständnis für die Lehrer, die ihn in der Highschool so oft haben nachsitzen lassen - es ist irritierend, nicht beachtet zu werden.
Außerdem ist es heiß, und seine Schulter schmerzt trotz der zwei Percocet, die seine Mutter ihm gegeben hat. Vierundzwanzig Grad um neun Uhr morgens sind im Oktober selten, und der blass blaue Himmel lässt ahnen, dass es mittags noch heißer und gegen drei noch viel heißer sein wird.
Alden stolpert rückwärts gegen Gina Buffalino, und beide würden zu Boden gehen, stünde hinter ihnen nicht Petra Searles durchaus kein Leichtgewicht - als Halt. Alden wirkt nicht ärgerlich, nur verwirrt. »Meine Frau schickt mich Konserven holen«, erklärt er Petra.
Aus der Menge kommt ein Murmeln. Das ist kein zorniger Laut - noch nicht ganz. Die Leute wollen Lebensmittel kaufen, und die Lebensmittel sind da, aber die Türen sind abgesperrt. Jetzt ist ein Bürger von einem Schulabbrecher geschubst worden, der letzte Woche noch als Automechaniker gejobbt hat.
Gina starrt Carter, Mel und Frank DeLesseps mit schreckhaft geweiteten Augen an. Sie zeigt auf sie. »Das sind die Kerle, die sie vergewaltigt haben!«, teilt sie ihrer Freundin Harriet mit, ohne die Stimme zu senken. »Das sind die Kerle, die Sammy Bushey vergewaltigt haben!«
Das Grinsen verschwindet von Mels Gesicht; der Drang, njucknjuck-njuck zu machen, hat ihn verlassen. »Schnauze«, sagt er grob.
Am Rand der Menge sind Ricky und Randall Killian mit einem Pick-up, einem Chevrolet Canyon, vorgefahren. Sam Verdreaux ist nicht weit hinter ihnen - natürlich zu Fuß; Sam hat seinen Führerschein im Jahr 2007 endgültig verloren.
Gina macht einen Schritt rückwärts, starrt Mel weiter mit großen Augen an. Neben ihr ragt Alden Dinsmore wie ein Farmer- Roboter mit fast leerem Akku auf. »Ihr Jungs sollt die Polizei sein? Hal-Io?«
»Die sogenannte Vergewaltigung war bloß 'ne Hurenlüge«, sagt Frank. »Und Sie halten besser die Klappe, bevor Sie wegen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verhaftet werden.«
»Gottverdammt richtig«, sagt Georgia. Sie hat sich etwas näher an Carter herangeschoben. Er ignoriert sie. Er beobachtet die Menge. Und das ist sie inzwischen. Wenn fünfzig Leute eine Menge bilden, ist dies eine. Und ständig kommen weitere hinzu. Carter wünscht sich, er hätte seine Pistole. Ihm gefällt die Feindseligkeit hier nicht.
Velma Winter, die Brownie's Store führt (oder ihn geführt hat, bevor er zugemacht hat), trifft mit Tommy und Willow Anderson ein. Velma ist eine große, starke Frau mit einer Frisur wie Bobby Darin, die von ihrem Äußeren gut die Kriegerkönigin eines Lesbenstammes sein
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