Die Arena
Glimmstängel mitgebracht - ganz krumme und zerdrückte Winstons, die sie auf einem Garagenregal gefunden hatte. Ihr Vater hatte sich letztes Jahr das Rauchen abgewöhnt, und die Schachtel war mit einer dünnen Staubschicht bedeckt, aber die Zigaretten darin waren Norrie okay vorgekommen. Es waren nur drei, aber drei waren ideal: eine für jeden. Stellt es euch als glückbringendes Ritual vor, wies sie die bei den an.
»Wir rauchen wie Indianer, die die Götter um Jagdglück bitten. Dann machen wir uns an die Arbeit.«
»Klingt gut«, sagte Joe. Das Rauchen hatte ihn schon immer neugierig gemacht. Er konnte nichts daran finden, aber es musste irgendeinen Reiz haben, weil noch so viele Leute rauchten. »Welche Götter?«, fragte Benny Drake.
»Die Götter deiner Wahl«, antwortete Norrie und bedachte ihn mit einem Blick, als wäre er der größte Trottel des Universums. »Den lieben Gott, wenn dir der gefällt.« In ihren ausgebleichten Shorts aus Jeansstoff und einem trägerlosen rosa Top, zu dem sie ihre Haare ausnahmsweise lang trug, so dass sie ihr apartes schmales Gesicht umrahmten, statt zu dem gewohnten Stadtbummel-Pferdeschwanz zusammengefasst zu sein, gefiel sie beiden Jungs. Tatsächlich fanden sie Norrie total umwerfend. »Ich bete zu Wonder Woman.«
»Wonder Woman ist keine Göttin«, sagte Joe, indem er nach einer der ältlichen Winstons griff und sie geradebog. »Wonder Woman ist ein Superheld.« Er überlegte. »Na ja, eine SuperheIdin.«
»Für mich ist sie eine Göttin«, erwiderte Norrie mit aufrichtigem Ernst, dem man nicht widersprechen konnte, geschweige denn, sich darüber lustig machen. Sie bog ihre eigene Zigarette sorgfältig gerade. Benny ließ seine, wie sie war; er fand, eine krumme Zigarette besitze einen gewissen Coolnessfaktor. »Bis ich neun war, hatte ich Power-Armreifen von Wonder Woman, aber dann hab ich sie verloren. Ich glaube, dass Yvonne Nedau, dieses Luder, sie mir gestohlen hat.«
Sie riss ein Zündholz an und hielt es erst an Scarecrow Joes Zigarette, dann an Bennys. Als sie damit auch die eigene anzünden wollte, blies Benny die Flamme aus.
»Wozu hast du das gemacht?«, fragte sie.
»Drei mit einem Streichholz. Bringt Unglück.« »Du glaubst daran?«
»Nicht sehr«, sagte Benny, »aber heute werden wir alles Glück brauchen, das wir kriegen können.« Er sah zu der Tragetasche im Lenkstangenkorb seines Fahrrads hinüber, dann zog er an seiner Zigarette. Er inhalierte ein bisschen, hustete aber den Rauch, der seine Augen tränen ließ, sofort wieder aus. »Das schmeckt wie Pantherscheiße!«
»Davon hast du schon viel geraucht, was?«, fragte Joe. Er zog an der eigenen Zigarette. Er wollte nicht als Schlappschwanz dastehen, aber er wollte auch nicht husten oder sich gar übergeben müssen. Der Rauch brannte, aber irgendwie nicht unangenehm. Vielleicht war an dieser Sache doch etwas dran. Nur fühlte er sich schon leicht schwindlig.
Übertreib's nicht mit dem Inhalieren, dachte er. Umkippen wäre fast so uncool wie Kotzen. Außer man würde auf Norrie Calverts Schoß bewusstlos. Das könnte echt cool sein.
Norrie griff in eine Tasche ihrer Shorts und zog die Verschlusskappe einer Verifine-Saftflasche heraus. »Die können wir als Aschenbecher nehmen. Ich will das indianische Rauchritual durchführen, aber dabei nicht die Peace Bridge anzünden.« Dann schloss sie die Augen. Ihre Lippen begannen sich zu bewegen. Die Asche der Zigarette zwischen ihren Fingern wurde länger.
Benny sah zu Joe hinüber, zuckte mit den Schultern und schloss dann ebenfalls die Augen. »Allmächtiger GI Joe, erhöre das Gebet deines bescheidenen Gefreiten Drake ...«
Norrie gab ihm einen Tritt, ohne die Augen zu öffnen.
Joe stand auf (etwas benommen, aber nicht allzu schlimm; im Stehen riskierte er einen weiteren Zug) und ging an ihren abgestellten Fahrrädern vorbei zum anderen Ende der überdachten Fußgängerbrücke, von dem aus man den Stadtanger sehen konnte.
»Wohin gehst du?«, fragte Norrie - noch immer mit geschlossenen Augen.
»Ich kann besser beten, wenn ich in die Natur blicke«, sagte Joe, aber in Wirklichkeit wollte er nur etwas frische Luft schnappen. Das lag nicht an dem brennenden Tabak; dieser Duft gefiel ihm irgendwie. Schuld daran waren die sonstigen Gerüche unter dem Brückendach: moderndes Holz, alter Schnaps und ein saurer Chemiedunst, der aus dem Prestile aufzusteigen schien (diesen Geruch konnte man lieben lernen, hätte der Chef ihm vielleicht
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