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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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würde; die Art, die für nichts als den Schrottplatz taugte. Er hämmerte sich keuchend an die Brust. Dieser Anfall war so schlimm wie der, wegen dem er neulich im Krankenhaus gewesen war. Vielleicht sogar schlimmer.
    AAAAAAAAAAAA: das Schrillen eines riesigen, gruseligen Insekts - vielleicht einer Zikade -, das sich die Finsternis mit ihm teilte. Wer wusste, was hier reingekrochen sein mochte, während er geschlafen hatte?
    Big Jim tastete nach der Stablampe. Mit der anderen Hand rieb und hämmerte er abwechselnd, während er sein Herz ermahnte, doch kein verflixtes Baby zu sein - schließlich habe er dies nicht alles durchgemacht, um in völliger Dunkelheit zu sterben.
    Er fand die Lampe, stemmte sich hoch und stolperte über die Leiche seines ehemaligen Adjutanten. Er schrie erneut auf und fiel auf die Knie. Die Stablampe blieb unbeschädigt, aber sie rollte von ihm weg, wobei ihr Lichtkegel das Regal links unten bestrich, auf dem Spaghetti in Schachteln und Tomatensauce in Büchsen gestapelt waren.
    Big Jim kroch hinterher. Dabei sah er, wie Carter Thibodeaus offene Augen sich bewegten.
    »Carter?« Big Jim lief der Schweiß übers Gesicht, das mit einem dünnen, stinkenden Fettfilm überzogen zu sein schien. Er konnte spüren, wie sein Hemd ihm am Leib klebte. Sein Herz stotterte erneut ... und verfiel dann wie durch ein Wunder in seinen normalen Rhythmus.
    Na ja. Nein. Nicht richtig. Aber zumindest in etwas, was dem normalen Rhythmus nahe kam.
    »Carter? Junge? Lebst du noch?«
    Das war natürlich lächerlich: Big Jim hatte ihn wie einen Fisch am Flussufer ausgenommen, dann in den Hinterkopf geschossen. Er war so tot wie Adolf Hitler. trotzdem hätte er schwören können - nun, fast schwören können -, dass die Augen des Jungen ...
    Er kämpfte gegen die Vorstellung an, Carter werde seine Hände ausstrecken und ihn am Hals packen. Redete sich ein, es sei ganz normal, leicht (panisch) nervös zu sein, weil der Junge ihn schließlich fast umgebracht hatte. Und rechnete weiter damit, dass Carter sich jeden Moment aufsetzen würde, um ihn zu sich heranzuziehen und ihm hungrig die Zähne in den Hals zu schlagen.
    Big Jim drückte zwei Finger unter Carters Kinn. Das blutverkrustete Fleisch war kalt, und dort gab es keinen Puls zu fühlen. Natürlich nicht. Der Junge war tot. Inzwischen seit zwölf oder mehr Stunden.
    »Du isst jetzt mit deinem Heiland zu Abend, mein Sohn«, flüsterte Big Jim. »Roastbeef und Kartoffelbrei. Apfelringe im Teig als Nachspeise.«
    Danach fühlte er sich etwas besser. Er kroch hinter der Stablampe her, und als er hinter sich eine Bewegung zu hören glaubte - vielleicht das Rascheln einer Hand, die blindlings suchend über den Betonboden glitt -, sah er sich nicht um. Er musste das Aggregat versorgen. Musste dieses AAAAAAAAAAAA zum Schweigen bringen.
    Als er eine der vier noch vorhandenen Gasflaschen aus dem Lagerraum heraufzog, verfiel sein Herz erneut in Arrhythmie. Er saß neben der offenen Falltür, rang keuchend nach Luft und versuchte, sein Herz durch Husten dazu zu bringen, wieder regelmäßig zu schlagen. Und er betete, ohne zu merken, dass sein Gebet im Prinzip aus einer Aneinanderreihung von Forderungen und Ausreden bestand: Mach, dass es aufhört, nichts davon war meine Schuld, hol mich hier raus, ich habe mein Bestes getan, mach alles wieder so wie früher, ich bin von Unfähigen im Stich gelassen worden, heile mein Herz.
    »Um Jesu willen, amen«, sagte er. Aber der Klang seiner Worte ließ ihn frösteln, statt ihn zu beruhigen. Sie waren wie Knochen, die in einem Sarg klappern.
    Als sein Herz sich wieder etwas beruhigt hatte, war das heisere Zikadenschrillen des Warntons verstummt. Der gegenwärtig angeschlossene Zylinder war leer. Bis auf den Lichtstrahl der Stablampe war es im zweiten Raum des Atombunkers jetzt so finster wie im ersten; die hier noch brennende Notbeleuchtung war vor sieben Stunden flackernd erloschen. Während Big Jim sich damit abmühte, die leere Gasflasche wegzustellen und die volle auf die Plattform neben dem Aggregat zu hieven, glaubte er sich schwach daran zu erinnern, dass er vor ein oder zwei Jahren einen Antrag auf Bewilligung von Haushaltsmitteln für Wartung und Erhaltung des Atombunkers mit NICHTBEFASSUNG abgestempelt hatte. Dazu hätte vermutlich gehört, dass neue Batterien für die Notbeleuchtung gekauft wurden. Aber das war kein Grund, sich Vorwürfe zu machen. Die Haushaltsmittel einer Kleinstadt waren eben begrenzt, und immer mehr Leute

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