Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
war, ihren Vater zu überreden, sie mit zur Garnison zu nehmen, bewunderte beide Frauen ungemein – besonders die Magusch verkörperte alles, was Zanna selbst sein wollte. Mit einer gewissen Ehrfurcht, weil sie sich in so herausragender Gesellschaft befand, erklärte sie, daß sie Dulsina verloren hatte, und erzählte ihren mitfühlenden Rettern dann die ganze Geschichte dieses katastrophalen Tages. Bei der Erwähnung von Saras Namen bemerkte sie, daß die beiden Frauen sich vielsagende Blicke zuwarfen und merkwürdige Grimassen schnitten. Aurian öffnete den Mund, als wolle sie einen Kommentar dazu abgeben, aber als sie Mayas Blick auffing, schwieg sie grimmig und schüttelte nur – fast unmerklich – den Kopf.
»Na gut«, sagte Maya frisch. »Dann wollen wir zusehen, daß wir dich und deine Pakete zum Wagen zurückbringen. Wenn Dulsina auch nur ein wenig Verstand hat, dann wird sie dort sein. Ich nehme an, sie ist inzwischen schon in heller Aufregung!«
Die Magusch und Maya teilten sich Zannas Traglast und eskortierten sie aus den Arkaden heraus. Die Menge schien vor den beiden entschlossen blickenden Frauen in Kampfkleidung wegzuschmelzen, was Zanna enorm beeindruckte.
Wie Maya es vorausgesehen hatte, trafen sie die Haushälterin unter dem großen Bogengewölbe des Eingangs. Dulsina war halb verrückt vor Sorge und gerade drauf und dran gewesen, wieder hineinzugehen und nach ihrem verlorengegangenen Schützling zu suchen.
Es war Zanna durch und durch peinlich, welches Theater Dulsina jetzt aufführte, und sie war Aurian zutiefst dankbar, daß sie dem schnell ein Ende bereitete. »Oh, es gab nichts, worüber du dir Sorgen zu machen brauchtest«, sagte sie lässig. »Zanna ist ein vernünftiges Mädchen. Sie war schon auf dem Weg hierher, als wir sie trafen, aber du weißt ja, wie lange es dauert, bis man sich durch diese Massen gearbeitet hat!«
Die Magusch half Zanna eigenhändig auf die Karre und lud auch ihre Einkäufe auf. Vannors Tochter blickte wehmütig zurück, als die Karre davonfuhr, und rief den beiden Frauen, die sich bereits abgewandt hatten und die Straße entlanggingen, noch einmal ein Dankeschön zu. Der Klang ihrer Stimmen wehte in der stillen Abendluft bis zu ihr herüber.
»Bei den Göttern, Maya«, hörte sie die Magusch sagen. »Die Frau von Vannor ist wirklich eine Hexe.«
»Wem sagst du das. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie im Fluß versenken, in einem Sack! Hast du Lust auf ein Bier?«
Zanna mußte lächeln. Irgendwie half es ihr sehr, zu wissen, daß sie mit ihrer Meinung über ihre Stiefmutter nicht allein stand.
Die Besorgungen hatten mehr Zeit in Anspruch genommen, als Zanna erwartet hatte, und die Dämmerung senkte sich bereits herab, als sie über die Brücke zur Akademie ratterten und dann einbogen, um den bewaldeten Hügel zu ihrem Haus hinauf zu fahren. Es sah so aus, als ob es wieder schneien würde. Der dunstige Himmel über Nexis war von einem unirdischen kupferfarbenen Glühen erfüllt, in das der Rauch, der in der stillen Luft gerade wie ein Federstrich aufstieg, feine Linien ziselierte.
Zanna kuschelte sich in das dicke Fell der Wagendecke und zappelte mit ihren frostkalten Fingern und schmerzenden Füßen unruhig hin und her. Sie seufzte wehmütig bei dem Gedanken an die vielen Herdfeuer, die jetzt in den zahlreichen Häusern der Stadt vor sich hinbrannten, an den Geruch von Zitrus und Gewürzen und gebratenem Fleisch und an die hellen aufgeregten Gesichter der Kinder. Sie wußte, daß sie zu Hause etwas ganz anderes erwartete. Hebba leistete niemals gute Arbeit, wenn man sie nervös gemacht hatte, und nach dem heutigen Auf und Ab würde die Sonnenwendfeier dieses Jahres in Vannors Haus sicherlich eine Katastrophe werden.
Die Laternenanzünder waren schon an der Arbeit, und während sich die Pferde den steilen, schneebedeckten Hügel hinaufquälten, gingen nacheinander die goldenen Kugeln an, die die Straße vor ihnen säumten. Der Kutscher fluchte, wenn die Pferde auf der matschigen Straße den Halt verloren, und Dulsina, die schon den ganzen Tag sehr wortkarg gewesen war und jetzt ihre Stirn zu einem unzufriedenen Runzeln zusammengezogen hatte, versetzte ihm einen Stoß.
Auf der gewundenen Auffahrt, die zum Haus führte, war der Schnee beiseite gefegt worden. In seiner Erleichterung, die glatte Straße den Hügel hinauf bezwungen zu haben, ohne Vannors wertvolle schwarze Pferde dabei zu Schaden kommen zu lassen, beendete der Kutscher die Fahrt
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