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Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Titel: Die Artefakte der Macht 01 - Aurian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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über seinen Tod gut im Gedächtnis behalten. Ich werde immer bei dir sein, hatte er gesagt. Aurian spürte ein Prickeln im Nacken. Ob es tatsächlich so war? Sie hatte nie gelernt, seinen eigenartigen, blitzschnellen Kreiselschlag mit dem Schwert zu beherrschen – und trotzdem war ihr heute, als sie den Piraten entwaffnen mußte, diese Technik so geläufig gewesen wie ihr eigener Atem. Konnte es sein, daß er immer noch bei ihr war? Aber wenn es sich so verhielt, dann müßte sie eigentlich in der Lage sein, irgend etwas davon zu fühlen – seine Ausstrahlung zu spüren. Sie schüttelte verwirrt den Kopf; sie hatte nicht vor, sich von ihrem Herzen zum Narren halten zu lassen und eine offensichtliche Unwahrheit zu akzeptieren, nur weil es sie so sehr danach verlangte. Aber dennoch …
    Anvar trat schweigend neben sie und ließ die Brise eine Weile mit den rotgoldenen Locken seines Schopfes spielen. »Macht Miathan immer noch seine Mätzchen?« fragte er schließlich. Aurian wußte sofort, daß er ebensosehr darauf bedacht war wie sie, die Stimmung, die zwischen ihnen herrschte, zu erhalten.
    »Ich habe seit einigen Stunden nichts mehr von ihm bemerkt, zu unserem Glück«, sagte sie. »Ich denke, er muß sich eine Weile ausruhen – das Suchen mit dem Kristall ist harte Arbeit. Ich wage es aber trotzdem nicht, noch einmal unsere Abschirmung zu vernachlässigen.«
    Anvar wollte etwas erwidern, als Aurian ihm zuvorkam und nach seinem Arm griff. Neue, noch nie gehörte Töne hatten ihre Aufmerksamkeit erregt. Sie kamen draußen vom Meer – wilde hohe Wirbel eines Gesangs, der Schauer durch ihren Körper laufen und sie wie gebannt zuhören ließ. »Hör nur«, hauchte sie und zog an seinem Arm. »Ah, hör doch nur! Du hörst es doch, oder?«
    Anvar spähte aufs Meer hinaus und versuchte die Quelle der eindringlichen Klänge zu finden. »Was ist das?« fragte er. »Also so was – das ist ja Gesang!«
    Sie lauschten wie gebannt, während der Gesang langsam näher kam. Dann sahen sie weit draußen auf den Wellen eine Reihe gewaltiger, düsterer Schatten aus dem Wasser hervorschnellen; sie sprangen in die Höhe, drehten sich in der Luft und tauchten inmitten riesiger, aufspritzender Wogen von weißer Gischt wieder in die See zurück. Feine weiße Fontänen schossen himmelwärts, erreichten doppelte Manneshöhe und ließen im Sonnenlicht einen Regenbogen entstehen. »Wale!« rief Aurian erregt. »Forral hat mir davon erzählt. Oh, Anvar, wie wundervoll!«
    In ihrer Aufregung hielt sie die Reling fest umklammert. Als die Kreaturen näher herangekommen waren, sah sie, daß sie in der Tat ungeheure Ausmaße hatten; der größte Wal übertraf das Schiff deutlich an Länge. Es waren ungefähr ein halbes Dutzend Tiere, darunter zu Aurians Entzücken zwei Walbabys. Die Magusch konnte sich gar nicht an ihnen sattsehen, war von ihnen wie verzaubert, bewunderte ihre gewaltigen, stromlinienförmigen Körper, die sich mit feiner Anmut durch das Wasser bewegten; bewunderte die perfekt gebogenen Kurven ihrer Schwanzflossen, die mit unglaublicher Kraft das Wasser peitschten, wenn sie untertauchten. Sie bemerkte auch die zarte Fürsorge, mit der sich diese Familie von Riesen um die beiden Babys kümmerte, immer bedacht, die beiden schützend in ihrer Mitte zu halten.
    Sie war so hingerissen, daß sie den Schild vergaß. Als ihre Abschirmung von ihr unbemerkt zu schwinden begann, erreichten sie die ersten Gedanken. Gedanken, so weit und so tief wie der Ozean selbst. Gedanken voller Überraschung und Merkwürdigkeit, voll von der tiefsten Liebe und unbändiger Freude, aber auch von endloser Sorge. Sie, Aurian, war seit Äonen die erste ihres Volkes, die mit denen aus dem Meer sprach. Mit einem Volk, das keine Kriege führte, das keine Gewalt kannte; das seine Tage damit zubrachte, zu spielen und zu singen, sich zu lieben, seine Kinder zu umsorgen und seine tiefen, weisen, sanften Gedanken zu denken. Welche Weisheit! Die Sterblichen und die Magusch, die in ständigem Gezänk und Streit über die Oberfläche der Erde jagten, gönnten sich selbst weder die Zeit noch den Frieden, um ihr Bewußtsein wachsen zu lassen, um eins zu werden mit der Einheit aller Dinge. Aber das Geschlecht der Leviathane beherbergte in seinen mächtigen Gehirnen die Weisheit des Universums – diese Wesen, die von den Menschen Tiere genannt wurden. Und mit ihrer Weisheit besaßen sie die Liebe.
    Aurian sah nicht, wie der Ausguck aus seinem rumumnebelten Schlaf

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