Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Titel: Die Artefakte der Macht 01 - Aurian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
floß wie eine Wolke bei Sonnenuntergang im Wasser. Sie ließ das andere Ende des Zopfes verknotet, fischte ihn aus dem Wasser und schlang ihn sich um den Kopf, um ihn so gut sie konnte zu trocknen. Dann wickelte sie ihn fest um ihre Hand und verstaute ihn in einer der tiefen Taschen ihres Lederwamses, wo seine klamme Feuchtigkeit schon bald bis auf ihre Haut hindurchsickerte.
    »Du Närrin!« schalt Aurian sich selbst. »Sentimentale Närrin! Du hast dir dieses verflixte Ding abgeschnitten, damit du es nicht länger mit dir herumschleppen mußt.« Aber dennoch war sie froh über ihre Entscheidung – so lange, bis sich das Wasser in dem Teich beruhigte und sie ihr Spiegelbild sah. Wie sah sie nur aus! Obwohl sie nie besonders eitel gewesen war, war Aurian jetzt doch entsetzt. Vorsichtig benutzte sie ihren Dolch, um sich die Haarsträhnen, die zottelig um ihr Gesicht hingen, ein wenig zurechtzuschneiden, bis das Ganze nicht mehr allzu schlimm aussah. In diesem Klima war ihre jetzige Frisur gewiß viel bequemer und praktischer, tröstete sie sich, als sie sich wieder erhob und weitertrottete.
    An diesem Tag löste sie auch das Problem mit den Insekten, und zwar durch reinen Zufall. Als sie in der Ferne ein Schiff flußabwärts auf sich zukommen sah, blieb Aurian keine andere Wahl, als sich mit dem Gesicht nach unten in den Schlamm zu werfen, um sich zu verstecken, und dann ganz still auf dem Boden liegen zu bleiben, bis die Galeere außer Sicht war. Bei dieser Gelegenheit bemerkte sie auch, daß der stinkende Schlamm, der ihre Haut überzog, ein perfekter Schild war, nicht nur gegen die Sonnenglut, sondern auch gegen die blutsaugenden Biester, die sie so geplagt hatten. Sie dankte der Vorsehung und machte sich mit großer Erleichterung wieder auf den Weg, wobei sie nun ab und zu Pause machte, um ihren Schutz zu erneuern, wenn der Schlamm getrocknet war und sich in der grellen Sonne abgeschält hatte. Meine eigene Mutter würde mich nicht wiedererkennen, dachte sie, und fragte sich, was Eilin so weit weg in ihrem nördlichen Heim widerfahren sein mochte. Würde der Erzmagusch seinen Groll an ihr auslassen? Aurian erzitterte, und sie wünschte sich, irgendeine Möglichkeit zu haben, ihre Mutter zu warnen. Aber wie dem auch sei, sie konnte nichts anderes tun, als ihre Zähne zusammenzubeißen und sich der Aufgaben, die vor ihr lagen, anzunehmen.
    Am vierten Tag wurde das Land allmählich trockener. Aurian sah auf ihrem Weg kleine Streifen kultivierten Landes mit eigenartigen, angepflockten Ziegen und primitiven Hütten aus geflochtenen Binsen: die Behausungen von Bauern und Fischern. Also konnte sie nur noch nachts weitergehen und mußte sich tagsüber in Ermangelung eines besseren Platzes in den von Blutegeln heimgesuchten Schilfbeständen verstecken. Die ständige Gefahr einer Entdeckung war ein schrecklicher Druck für ihre Nerven. Sie hatte gehofft, von den Bauern etwas zu essen stehlen zu können, um ihre unzureichende Fischdiät ein wenig aufzubessern, aber diese Menschen waren so verzweifelt arm und elend, daß sie sich nicht dazu überwinden konnte.
    Am sechsten Abend erreichte Aurian schließlich ein Gebiet, das vollkommen kultiviert war. Jedes kostbare Stückchen Erde zwischen dem Fluß und den Klippen war genutzt worden. Die Unterkünfte, die sie jetzt zu sehen bekam, machten einen stabileren Eindruck. Sie bestanden aus Weidenruten und grobem Putz und waren mit den allgegenwärtigen Binsen gedeckt. Nun tauchten auch verkümmerte Bäume auf, und neben dem hochwillkommenen Versteck, das sie ihr boten, war Aurian mehr als erfreut darüber, zu entdecken, daß sie eine reiche Ernte an Nüssen trugen, die zu dieser Jahreszeit in ihrem eigenen Land nicht mehr zu finden sein würde. Aurian dankte den Göttern für diesen Segen.
    Zwei Abende später, als sie um eine enge Biegung des Flusses kam, sah Aurian zum ersten Mal die Stadt. Der Anblick überraschte sie so sehr, daß sie sogar die Erschöpfung ihrer achttägigen, anstrengenden Reise vergaß. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas derartiges gesehen. Gebäude, die im fahlen Mondlicht knochenweiß wirkten, kauerten sich dicht an dicht zu beiden Seiten des Flusses auf den flachen Boden und stiegen dann beinahe senkrecht in die Höhe – auf gefährlich konstruierten Terrassen, die in die Klippen hineingehauen waren, die das gesamte Tal überragten. Schmale, finster aussehende Kriegsschiffe bevölkerten die Kais am Flußufer in stiller Eintracht mit kleineren

Weitere Kostenlose Bücher