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Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Titel: Die Artefakte der Macht 01 - Aurian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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erheben, und zog ihn beiseite, so daß Aurian ihr Gespräch nicht mitanhören konnte. Es schien endlich zu dauern. Obwohl sie nichts hören konnte, konnte sie doch sehen, wie der Sklavenmeister abwehrend die Hände hob und energisch den Kopf schüttelte. Schließlich schnipste Harihn, der der Auseinandersetzung müde geworden war, mit den Fingern. Auf der Stelle kletterten zwei grimmig aussehende und mit großen, geschwungenen Krummsäbeln bewaffnete Palastwachen aus der Barkasse und stellten sich mit gezückten Klingen links und rechts von dem Sklavenmeister auf. Der Sklavenmeister sank flehend auf die Knie. Dann hob er die Hand, wie um irgendwohin zu zeigen! Aurian wandte ihren Blick in dieselbe Richtung. Das Sklavenlager.
    Harihn kehrte mit grimmigem Gesichtausdruck zu ihr zurück. »Anvar ist hier«, sagte er. »Bohan wird mich sofort zu ihm bringen, denn die Nachrichten sind sehr ernst. Der Sklavenmeister sagt, er liegt im Sterben.«
    Der Gestank in dem Lager war überwältigend. Bohan setzte Aurian neben der einzigen Gestalt ab, die sich zu dieser Tageszeit noch dort befand, in sich zusammengekauert auf der gegenüberliegenden Seite in dem dürftigen Schatten, den die hölzernen Palisaden spendeten. Aurian keuchte. Anvar war kaum noch zu erkennen. Seine gerötete Haut schälte sich und war von Blasen überzogen, seine Lippen waren gesprungen, sein Körper unter dem Schweiß und Schmutz von blauen Flecken und Wunden überzogen. Er atmete kaum noch. Aurian zog ihren Arm aus der Schlinge und hob seinen Kopf auf ihren Schoß, um ihm mit dem Ärmel ihres Gewandes den Staub aus dem Gesicht zu wischen. Tränen trübten ihren Blick. »Schnell!« fuhr sie Bohan an. »Hol etwas Wasser!« Der Eunuch eilte davon, und Aurian winkte den Arzt zu sich. Sein Gesicht war sehr ernst, nachdem er seine Untersuchung abgeschlossen hatte.
    »Der Mann stirbt«, sagte er einfach.
    »Aber du kannst doch gewiß etwas für ihn tun?« flehte Aurian. Zum ersten Mal, seit sie ihn kennengelernt hatte, verrutschte die professionelle Maske des Arztes. Er legte ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter. »Lady, ich kann nichts tun, ich kann höchstens sein Leiden beenden und ihn ein wenig vorantreiben auf seinem Weg. Das wäre bei weitem das gütigste.«
    »Das kommt nicht in Frage!« In ihren Augen blitzte ein solcher Zorn auf, daß der Arzt sich vor Entsetzen auf den Boden warf. »Mach, daß du hier rauskommst!« zischte Aurian ihn an. »Raus!«
    Als der kleine Mann davonstolperte, nahm sie Anvars vernarbte Hände in ihre eigenen. Als ihre Tränen auf sein Gesicht fielen, fühlte Aurian, wie eine qualvolle Erinnerung durch ihr Herz schoß. So etwas hatte sie schon einmal durchgemacht. Damals, als Forral starb. Mit einem scharfen Zischen holte sie Luft. »Ich verfluche dich, Anvar, wage es nicht, mir auch noch wegzusterben. Ich kann das nicht noch einmal ertragen. Ich werde es nicht zulassen, daß du stirbst!«
    Sie hielt Anvars Hände mit einem eisernen Griff umklammert, als könne sie ihn durch schiere Gewalt zurück ins Leben ziehen. Verzweifelt kämpfte sie um Zugang zu ihrer Zauberkraft – kämpfte darum, ihn zu erreichen, ihn zu heilen –, aber ihr Wille glitt ihr wie Wasser durch die Finger, aufgesogen von dem toten, grauen Strudel, mit dem die Armreifen all ihre Macht verschlangen. Aurian biß die Zähne zusammen, um nicht zu verzweifeln. Aber je mehr sie es versuchte, um so intensiver spürte sie, wie sie immer schwächer wurde, während ihre Kräfte in die Armreifen flossen. Ihr Blick trübte sich, ihre Wahrnehmung dieses widerlichen Ortes und der gnadenlosen Sonnenhitze löste sich auf, bis ihr Bewußtsein, so schien es, an einem einzigen dünnen Faden ihres Willens hing. Aber dieser Faden war aus Diamant. Sie kämpfte weiter, kämpfte sich durch einen Tunnel endloser Schwärze und weigerte sich, nachzugeben.
    Eine sanfte Berührung an der Schulter holte Aurian mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück. Sie war halb ohnmächtig und wie betäubt über Anvars reglosem Körper zusammengesunken, und ihr Verstand raste, als sie erschrocken die plötzliche Veränderung bemerkte. Sie konnte seinen Atem nicht mehr spüren. Nein! Es konnte nicht vorbei sein! Langsam und verschwommen erkannte sie Bohan, der mit einem Krug Wasser in der Hand neben ihr auf dem schmutzigen Boden kniete. Mit sanften Fingern wischte er die Tränen aus Aurians Gesicht, und in seinen eigenen Augen standen ebenfalls Tränen des Mitleids. Da plötzlich rastete etwas

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