Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
war nicht geringer als das seine. In verwunderter Dankbarkeit suchte sie Anvars Blick. Er legte besitzergreifend einen Arm um ihre Schultern. »Natürlich stimmt es«, erklärte er dem Prinzen. »Sara hat alle belogen. Habt Ihr erwartet, sie würde Xiang erzählen, daß sie ihn betrogen hat? Außerdem hat Aurian Euch keineswegs den Thron gekostet – im Gegenteil, sie hat ihn Euch angeboten, und Ihr habt ihn abgelehnt! Ich glaube, Ihr schuldet meiner Lady eine Entschuldigung – und Euren Dank dafür, daß sie Euch das Leben gerettet hat.«
Der Prinz schien am Boden zerstört zu sein. »Ich – ich bitte um Entschuldigung«, murmelte er mit gesenktem Blick. »Ich hätte es wissen müssen. Die bloße Tatsache, daß du unsere Sprache sprichst so wie Sie … Heißt das, daß du auch ein Zauberer bist?«
Aurian keuchte. Es war soviel geschehen, daß sie keine Zeit gehabt hatte, sich über Anvars Fähigkeiten zu wundern. Aus den Augenwinkeln sah sie Anvar erbleichen. »Nein«, sagte er hastig, »und ich weiß auch nicht, warum ich Eure Sprache sprechen kann. Ich denke, die Lady hat mir das Talent zusammen mit dem Zauber weitergegeben, den sie benutzt hat, um mich dem Tod zu entreißen. Aber was werdet Ihr jetzt tun, Hoheit? Aurian mag Euren Vater für den Augenblick erschreckt haben, aber wir können nicht erwarten, daß das lange anhält!«
Aurian sah ihn neugierig an, aber er wich ihrem Blick gewissenhaft aus. Sie runzelte die Stirn. Warum hatte er so schnell das Thema gewechselt? Und doch … Anvar war kein Magusch! Die Erklärung, die er dem Prinzen gegeben hatte, mußte doch die einzig mögliche sein, oder?
Harihn sah sie an. »Wollt Ihr wirklich die Khazalim mit Eurem Fluch strafen, Zauberin?« stieß er hervor, und Furcht schwang in seinen Worten mit. »Ich habe dem Thron entsagt, aber es ist trotzdem immer noch mein Volk. Wenn – wenn mein Vater sich geweigert hätte, zuzustimmen, hättet Ihr diese Menschen getötet?«
»Bei den Göttern, nein!« sagte Aurian. »Ich wüßte nicht einmal, wo ich da anfangen sollte. Aber Xiang wußte das nicht.« Sie warf ihm ein böses Grinsen zu.
Der Prinz schien erstaunt zu sein, und plötzlich flutete Erleichterung über sein Gesicht. Er brach in Gelächter aus. »Wirklich, du … du bist absolut unmöglich!«
»Genau das sage ich auch immer zu ihr«, meinte Anvar schulterzuckend, »aber was soll ich tun?«
»Hör auf meinen Rat und schlag sie öfter. Sie hat eine Angewohnheit, die Kontrolle über die Dinge zu ergreifen, die einer Frau ausgesprochen schlecht zu Gesicht steht!«
»Ja, das scheint mir auch eine gute Idee zu sein«, knurrte Anvar und ignorierte Aurians empörten Blick. Sie war sogar noch wütender, als sie sah, daß der Prinz es vollkommen ernst meinte.
»Sehr gut«, sagte er. »Ich habe noch viel zu erledigen, wenn wir vor dem Einbruch der Nacht aufbrechen wollen. Ich glaube, daß ich nach Norden reisen werde. Die Leute meiner Mutter werden mich vielleicht aufnehmen, falls es mir gelingt, durch das Land des Himmelsvolkes hindurchzukommen. Werdet ihr mit mir kommen oder nicht? Allein werdet ihr es nie schaffen, die Wüste zu durchqueren.«
»Ich denke, das paßt uns gut, nicht wahr, Liebes?« Anvar wandte sich an Aurian, und seine Augen glitzerten. Ihr war klar, daß er ihr die Lüge, die sie über ihn verbreitet hatte, heimzahlen wollte.
»Natürlich, mein Liebster«, erwiderte sie honigsüß, obwohl sie nur mit Mühe dem Drang, nach ihm zu treten, widerstehen konnte. Innerlich war sie jedoch erleichtert. Jetzt, da sie Anvar gefunden und ihre Kräfte wiedererlangt hatte, konnte sie es sich nicht leisten, länger in diesem Land zu verweilen. Aber sie brauchte Harihns Hilfe noch und war sich unbehaglich der Tatsache bewußt, daß sie ihre Schuld bei ihm noch nicht beglichen hatte.
Als Harihn gegangen war, wandte Aurian sich an Anvar. »Danke, daß du mich unterstützt hast.«
Er zuckte mit den Schultern. »Das war das mindeste, was ich tun konnte. Du mußt deine Gründe gehabt haben, warum du den Prinzen belogen hast.«
»Und ob ich die hatte. Harihn hatte beschlossen, mich zu seiner Konkubine zu machen, in Übereinstimmung mit den hiesigen Gesetzen für Frauen ohne Begleitung. Ich bin in der Arena schwer verwundet worden, und er hat mir das Leben gerettet. Ich war hilflos, meiner magischen Kräfte beraubt, und ich brauchte Harihns Unterstützung, um dich zu finden. Ich war gezwungen zu lügen. Er hat mir keine andere Wahl gelassen.«
Anvar machte
Weitere Kostenlose Bücher