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Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Titel: Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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und eine Bedrohung sein. Wann sollte sich ihr eine bessere Gelegenheit bieten als jetzt, um dich ein für allemal loszuwerden, während du in diesem geschwächten und erschöpften Zustand bist? Kehr zurück, ich bitte dich, bevor sie herausfindet, daß du hier bist.«
    Zu spät. Shia warf einen bedeutungsvollen Blick über Hreezas Schulter. Die jüngere Katze war verschwunden.
    Obwohl die Vegetation auf den niedrigeren Hängen von Stahlklaue bei der Verwüstung, die den Berg zerstört hatte, abgebrannt war, hatte schließlich doch neues Wachstum eingesetzt. Vor diesem Winter hatte ein üppig grüner Saum aus Espen, Pinien und Bergeschen die Füße und Knie des Berges eingehüllt. Gescheckte Hirsche hatten sich an seichten Waldteichen getränkt, und Lachse waren wie kleine Regenbogen durch die silberne Gischt der munteren Bäche gehüpft. Die Wälder waren wieder lebendig gewesen, mit Vogelgesang und Eichhörnchen, die flink und anmutig von Ast zu Ast sprangen.
    Jetzt erkannte Shia ihre Heimat kaum wieder. Hreeza hatte sie zwischen umgestürzten, vom Frost gespaltenen Bäumen hindurch den Berg hinaufgeführt. Die Baumstämme lehnten wie tote schwarze Stöcke aneinander und stöhnten unter ihrer Schneelast. Die Bäche und Teiche waren in einem Gefängnis aus Eis eingeschlossen. Kein Tier bewegte sich in dem spröden, kalten Unterholz oder huschte durch die herabhängenden Äste. Alles war ruhig, still und tot, alle Farbe, alles Leben, alle Hoffnung im Würgegriff der weiß gepanzerten Faust des Winters. In diesen niedrigeren Regionen bestand keine Notwendigkeit für Heimlichtuerei. Hier unten jagten im Augenblick keine Katzen mehr. Welchen Sinn hätte das auch gehabt? Shia und Hreeza hätten die einzigen lebendigen Geschöpfe auf der Welt sein können. Hatte die große Katze auch nur einen Augenblick in ihrer Entschlossenheit geschwankt, Aurian und Anvar zu helfen, nun waren all diese Gedanken mit einem Mal verschwunden. Sie umklammerte den Stab der Erde noch fester mit ihren Kiefern, stieß tief in ihrer Kehle ein leises Fauchen aus und schwor demjenigen, der ihrem Land das angetan hatte, ewige Rache.
    Der abgeflachte Gipfel von Stahlklaue war verwüstet und von einem Labyrinth von Schluchten und Höhlen zerfressen. Dort wo dicke Erzadern geschmolzen und in der gewaltigen Hitze der Zerstörung des Berges ausgelaufen waren, durchzogen Risse und Spalten des Fels. Nicht, daß die Katzen sich der unglücklichen Geschichte Stahlklaues bewußt gewesen wären, sie hatten lediglich entdeckt, daß der Gipfel ein sicherer und geeigneter Ort war, um ihre Jungen aufzuziehen.
    Hreeza lebte noch immer in derselben alten Höhle, eine Grotte, von der aus man eine dunkle, steinige, schmale Mulde erreichen konnte, in der Shia geboren und aufgewachsen war. Als sie über die felsige Türschwelle trat, fluteten die Erinnerungen zurück: an ihre Mutter Zhera, die schon vor langer Zeit von jagenden Himmelsleuten getötet worden war, und an ihre beiden Geschwister, einen Bruder und eine Schwester, die beide bei dem Überfall der Khazalim ums Leben gekommen waren, bei dem Shia gefangen worden war. Entschlossen schüttelte die große Katze die Erinnerungen ab. Sie hatte jetzt keine Zeit für solche Gedanken.
    Hreeza grub im hinteren Teil der Höhle in einem Haufen aus Dreck und Steinen und tauchte binnen weniger Augenblicke wieder auf – mit dem Kadaver einer Bergziege. »Hier«, befahl sie. »Iß! Du hast nicht viel Zeit.«
    Shia betrachtete die tote Ziege verblüfft und fiel dann auf Hreezas Drängen hin heißhungrig darüber her. »Du bist ja gut ausgerüstet«, sagte sie. »Ich hatte schon Angst, daß dieser grausame Winter die Kolonie in Not und Elend stürzen würde.«
    Hreeza leckte an einer von Shias zerschnittenen Pfoten. »Es hat große Not gegeben«, sagte sie mit rauher Stimme. »Gristheena hat viele der unseren zu Chueva gemacht – meistens handelte es sich dabei um ihre eigenen Feinde.« Sie spuckte aus. »Außerdem haben uns die Geflügelten so oft angegriffen, um unsere Felle zu erbeuten, bis schließlich nur noch eine Handvoll von uns übriggeblieben ist.«
    »Aber wie ist dann das da möglich? Eine ganze Ziege?« Shia zeigte auf das, was von dem Tier noch übriggeblieben war. In Gedanken spürte sie Hreezas Schulterzucken.
    »Wir hatten Glück«, sagte die ältere Katze. »Vor einigen Tagen gab es an der Westseite des Berges eine Lawine, die eine ganze Herde dieser törichten Geschöpfe heruntergerissen hat; wir mußten sie

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