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Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Titel: Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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im Stich gelassen hatten – jetzt endlich hatte sie jemanden gefunden, der das nicht tun würde. Bei dem Gedanken an Harihn mußte sie ein Zittern unterdrücken, das von ihrem Schuldbewußtsein herrührte. Die Himmelsleute vermählten sich für ein ganzes Leben, und ihr Volk wäre entsetzt über das, was sie und dieser Mensch gemacht hatten. Aber er war so gut zu ihr gewesen … Bei dem Gedanken an ihn wurde ihre grimmige Stimmung weicher. Sie würde es den anderen schon zeigen. Aurian, die ihrem Flehen um Hilfe nicht hatte zuhören wollen – und Anvar, von dem sie sich Besseres erhofft hatte …
    Das war ein wunder Punkt für Rabe, aber sie zwang sich, an etwas anderes zu denken, während ihr knurrender Magen sie ermahnte, sich auf die Jagd zu konzentrieren. Geduldig, aufmerksam und mit einem großen Stein in der Hand spähte sie in die dicke Schicht von Bodennebel, die sich bei der Abenddämmerung im Wald bildete. Plötzlich wurde ein Rascheln im Gebüsch laut, und dann ertönte ein schriller Schrei. Rabe schleuderte ihren Stein. In einem Gewirr von Flügeln stürzte der Fasan aus seiner Deckung hervor, und mit der sauberen, flinken Anmut eines Falken stieß sie auf ihn herab. Noch im Flug packte sie das Tier und brach ihm in einem einzigen Gestöber von Federn mit einem gekonnten Ruck das Genick.
    »Gut gefangen, mein Juwel!« Die Stimme kam leise, aber deutlich aus einer Lücke zwischen den Bäumen unter ihr.
    Rabes Blut jubilierte in ihren Adern. Endlich war Harihn wiedergekommen! Glühend vor Aufregung machte sie in einem atemberaubenden Manöver kehrt, um durch den schmalen Schlitz zwischen dem Wirrwarr der Äste hindurchzuschießen. Es waren Tage vergangen, seit sie Harihn das letzte Mal gesehen hatte, und sie hatte sich ohne ihn so einsam gefühlt! Ihre Flügel wirbelten den Nebel zu hauchzarten Sommerfäden auf, und endlich stand Rabe, noch keuchend von den Anstrengungen der Jagd, vor ihrem Geliebten.
     
    Harihn trat fluchend aus dem Gebüsch hervor und fuhr sich mit den Fingern durch sein zerzaustes Haar. Blätter und kleine Äste fielen daraus zu Boden. Diese Lichtung war so gut versteckt, daß nur das geflügelte Mädchen sie ohne große Mühe erreichen konnte. Die Abenddämmerung war früher gekommen, als er erwartet hatte, so daß er gezwungen gewesen war, sich stolpernd und taumelnd seinen Weg durch die Halbdunkelheit zu bahnen. Beim Schnitter, hoffentlich ist diese Sache auch wirklich die Mühe wert, dachte er.
    »Harihn?« Er hörte ein Rascheln über seinem Kopf und das Knistern von Zweigen, und plötzlich landete Rabe vor seinen Füßen. Der Prinz der Khazalim zögerte, wie immer hin- und hergerissen zwischen dem Bewußtsein ihrer seltsam fremdartigen Schönheit und seinem Widerwillen bei dem Gedanken, sich mit einer Kreatur zu paaren, die nicht menschlich war. Dann war wieder die Stimme in seinen Gedanken, die ihn ungeduldig weiterdrängte. » Nun mach schon, du Narr – bevor sie Verdacht schöpft !«
    Harihn stöhnte und kämpfte gegen die heiße Aufwallung seines Blutes, während sein verräterischer Körper seinem anschwellenden Verlangen nachgab. Es war immer dasselbe – seit er sie verführt hatte, auf das Drängen der Stimme hin, die an dem Tag, an dem er den Wald betreten hatte, in seinen Verstand eingedrungen war. Manchmal fragte er sich, ob er recht hatte, der Stimme zu vertrauen – aber sie hatte ihm angeboten, was er haben wollte: die Macht, den Thron seines Vaters zu erlangen, und Rache an Anvar dafür, daß er ihm Aurians Treue gestohlen hatte, die ihm Macht und so vieles mehr hätte schenken können.
    » Komm schon, was ist los mit dir ? Nimm sie dir, wenn es das ist, was sie will !« fuhr die Stimme ihn an. » Wir brauchen ihre Mitarbeit !«
    Zu Harihns Entsetzen spürte er, wie er unbeabsichtigt einen Schritt nach vorn machte und seine Glieder sich aus eigener Kraft bewegten, während der Eindringling die Herrschaft über sie übernahm.
     
    Rabe sah ihren Geliebten zögernd an. Harihn schien heute abend so seltsam. Sein gelocktes, schwarzes Haar war von silbernen Tröpfchen bekränzt und ließ ihn vor der Zeit ergrauen. Er sah aus, als sei er gealtert, dachte sie. Seine sanften Züge hatten scharfe Kanten angenommen, als hätte sich ein älteres, härteres Gesicht über das seine gelegt. Seine Augen brannten sich in ihre hinein, und zum ersten Mal hatte sie Angst.
    »Es wird Zeit«, knurrte Harihn. Nur das – kein Lächeln, kein Kuß, kein Wort des Grußes. Bevor Rabe sich

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