Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
die sich ihren Weg durch die Trümmer bahnten, bereits deutlich hören.
Nun waren nur noch die beiden Magusch übrig. Während die Geflügelten Schiannath über den Abgrund flogen, wandte sich Anvar an Aurian. »Du gehst als nächste«, sagte er zu ihr. »Ich möchte bitte keine Streitereien deswegen.«
Aurian machte den Mund auf, um zu protestieren, aber er kam ihr zuvor. »Drei Gründe. Erstens, das Ganze hat begonnen als Kampf gegen Miathan, und das ist dein Kampf. Und wenn es stimmt, was der Drache gesagt hat, kann keiner außer dir dem Flammenschwert gebieten. Zweitens braucht Wolf seine Mutter. Drittens …« Er grinste. »Falls sie den Durchbruch schaffen, kann ich sie aufhalten, indem ich sie mit der Harfe aus der Zeit herausnehme.«
»Das kannst du nur mit einer begrenzten Anzahl von Leuten tun«, wandte Aurian ein, »und für eine begrenzte Zeit. Selbst mit Hilfe der Harfe würde es dich zu große Kraft kosten.«
»Für kurze Zeit könnte ich es schaffen, und mit etwas Glück brauche ich nicht länger. Wenn du diejenige bist, die das Flammenschwert führen soll, Aurian, dann müssen wir dich in Sicherheit bringen, damit du deine Aufgabe eines Tages erledigen kannst. Du weißt, das ich recht habe.«
Aurian zog eine Grimasse. »Verdammt – ich hasse es, wenn du recht hast.«
Nur allzubald kündigte das Geräusch von Flügelschlägen die Ankunft der Himmelsleute an. Als sie wartend vor dem Fenster schwebten, bemerkte Aurian, daß ihre Gesichter vor Müdigkeit und Anstrengung bleich und ausgezehrt waren. Sie konnte nur beten, daß sie noch die Kraft für zwei weitere Flüge aufbrachten. Dann drehte sie sich noch einmal zu Anvar um, zog ihn heftig in ihre Arme und fragte sich, wie sie jemals die Kraft aufbringen sollte, ihn gehen zu lassen. Sie sah ihm tief in die Augen, die ihr aus der schwarzen Maske von Ruß und Qualm, die sein Gesicht verschmiert hatten, strahlend blau entgegenleuchteten. Schließlich küßte sie ihn leidenschaftlich und murmelte schroff: »Paß auf dich auf, sonst kriegst du es mit mir zu tun.«
Anvar grinste hinterhältig. »Keine Sorge. Nachdem ich so lange gewartet habe, will ich dich jetzt auf keinen Fall wieder verlieren.«
Er half ihr auf das Fenstersims hinauf, wo sich die starken Hände der Himmelsleute um ihre Handgelenke legten. »Paßt mir gut auf diese Frau auf – sie ist etwas ganz Besonderes«, versicherte er ihnen.
»Wir haben bisher noch nie etwas fallen gelassen«, erwiderte der weibliche Krieger kichernd. Bevor Aurian Zeit für eine scharfe Antwort fand, erhoben sich die Geflügelten in die Luft – und die Magusch spürte, wie ihr Magen rebellierte, als sie plötzlich über einem unergründlichen Abgrund baumelte und nur zwei Hände, die sie festhielten, sie vor dem tödlichen Sturz bewahrten.
Das war viel schlimmer als das Netz. Dort hatte sie wenigstens ein wenig Substanz zwischen sich und der leeren Luft gehabt. Diesmal gab es nichts als den Abgrund unter ihren hin und her schwingenden Füßen, und ihre Armmuskeln schienen protestierend aufschreien zu wollen, da sie ihr gesamtes Gewicht tragen mußten. Wie die beiden Himmelsleute sich fühlten, die diesen Flug jetzt schon mehrfach hinter sich gebracht hatten, das wagte Aurian sich nicht vorzustellen. Sie mußten große Schmerzen haben – und ganz bestimmt bald am Ende ihrer Kraft angelangt sein. Sie versuchte, nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn sie sie plötzlich nicht mehr festhalten konnten. Der kalte Wind blies ihr entgegen, ließ ihre Augen tränen und peitschte ihr die feuchten Locken ins Gesicht, und natürlich hatte sie keine Hand frei, um sich die Haare oder die Tränen wegzuwischen. Wo fliegen sie nur hin? dachte sie voller Panik und hätte die Geflügelten auch gefragt, wäre ihr eine solche Ablenkung nicht zu riskant erschienen. Wir müßten doch langsam da sein! Und noch während sie das Ende ihrer eigenen, wilden Flucht herbeisehnte, wünschte sie sich verzweifelt, die beiden Geflügelten könnten endlich zurückkehren, um auch Anvar zu retten.
Und dann war es vorbei. »Wir sind da!« rief eine schrille Stimme durch den tobenden Wind und das Trommeln schlagender Flügel, und plötzlich spürte Aurian, wie sie losgelassen wurde, wie sie stürzte … und schmerzhaft auf Händen und Knien auf durchnäßter Erde landete, nachdem sie vielleicht einen halben Meter tief gefallen war.
»Aurian – bist du in Ordnung?« Die Stimme gehörte Chiamh. Einen Augenblick später war er neben
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