Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
Rudelfürst gewählt ist. An diese Entscheidung müssen sie sich halten – und das werden sie auch tun, solange der Sieger ein Sproß unseres Volkes ist. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen wir nur überleben – und hoffen, daß der Sieger unser Freund sein wird.«
Aber zunächst einmal durften sie keine Zeit mehr verlieren. Von jetzt an bestand ihr oberstes Ziel darin, daß Tal des Todes zu erreichen, bevor die Xandim ihnen den Weg versperren konnten. Chiamh, Iscalda und Schiannath erboten sich, in ihre Pferdegestalt zu schlüpfen, und es wurde beschlossen, daß Iscalda Yazour nehmen sollte, Chiamh seine alte Freundin Sangra, und Schiannath, der größer und stärker war als das Windauge, würde die beiden Magusch auf seinem Rücken reiten lassen. Damit blieb nur Parric übrig, und Aurians Herz blutete für ihn, denn er, ein Kavalleriehauptmann und der Rudelfürst der Xandim, würde gezwungen sein, mit den Himmelsleuten zu fliegen, während die anderen reiten konnten. Im Augenblick hatte sie jedoch keine Zeit, um über verletzte Gefühle nachzudenken. All diese Erwägungen mußten beiseite geschoben werden. Zunächst ging es einfach nur ums Überleben. Obwohl Aurian wußte, daß Parric Soldat genug war, um diese Tatsache zu begreifen, lief ihr doch beim Anblick seines Gesichtes eine Gänsehaut über den Rücken. Irgendwie war sie ganz sicher, daß die Sache noch ein Nachspiel haben würde.
Noch während Aurian über Parrics mißliche Lage nachdachte, hoben die Himmelsleute mit dem Kavalleriehauptmann bereits ab. Chiamh und Iscalda hatten sich schon verändert. Ein brauner Hengst und eine weiße Stute standen vor den Gefährten und warteten ungeduldig auf ihre Reiter. Schiannath sah die Magusch an und grinste breit, so daß seine Zähne weiß aufblitzten. »Mach dich bereit – ich verspreche, du sollst den besten Ritt deines Lebens bekommen.«
Und mit diesen Worten begann er bereits, sich zu verändern. Seine Gestalt schien zu zerfließen, schimmerte und verwandelte sich, und plötzlich stand dort – wie ein Schatten in der Dunkelheit – ein großes, stolzes Streitroß mit einem grau gescheckten Fell, schwarzen Beinen, schwarzer Mähne und schwarzem Schweif. Schiannath senkte seinen muskulösen, elegant geschwungenen Hals und warf seine mitternachtsfarbene Mähne zurück. Für Aurian wirkte es wie eine Aufforderung. Sie sprang auf seinen warmen, breiten Rücken und spürte, wie Anvar sich mit ein wenig mehr Mühe hinter sie setzte. Die anderen waren bereits aufgestiegen.
Dann ging es los. Shia lief wie ein zusätzlicher Schatten neben ihnen her und konnte mit dem Tempo der Pferde mühelos Schritt halten, während die Sonne am Horizont aufstieg und das Plateau mit einem Meer neblig-bernsteinfarbenen Lichtes überflutete. Wie auf dem Kamm einer goldenen Welle ritten sie durch das Land; die Hufe der Pferdeleute donnerten über den Boden und wirbelten Tauspritzer wie kleine, funkelnde Diamanten auf dem smaragdgrünen Gras auf, und die silbernen Spitzen der Berge ragten hoch über ihren Köpfen in den Himmel, wie um den neuen Tag zu krönen.
16
Aus der Zeit genommen
Zanna schrie und ließ die Kerze fallen. Das Mädchen fiel auf die Knie, krümmte sich wie ein Hase unter dem Schatten des Habichts und konnte vor Entsetzen keinen klaren Gedanken mehr fassen. Eine endlos scheinende Zeit kauerte sie mit geschlossenen Augen auf dem Boden und wartete auf das Ende. Aber als eine Hand ihre Schulter berührte, zwang ein halbvergessener Überlebensinstinkt sie, zu kämpfen. Sie sprang mit einem lauten Schrei auf und drosch mit ihren Fäusten blind auf ihren Angreifer ein.
»Laß das, du Närrin. Ich bin es doch. Zanna!«
Erst jetzt erkannte Zanna die Stimme. »Vater?« kreischte sie.
»Es ist ja alles gut, Kleines. Ich bin hier.« Um sie herum lag immer noch alles in völliger Dunkelheit, aber sie spürte, wie seine Arme sie umschlossen. Sie lehnte sich an seine Schulter, zitterte unkontrolliert und versuchte, den Drang, hysterisch in Tränen auszubrechen, niederzukämpfen, während Vannor ihr mit seiner unverletzten Hand über den Rücken strich und sie tröstete, wie er es getan hatte, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen und aus kindlichen Alpträumen aufgewacht war.
»Was ist passiert, Kleines?« fragte er sanft. »Was hat dich so verängstigt?«
Zanna klammerte sich an ihn, und all ihre Ängste waren plötzlich wieder da. »Vater, da war ein Mann im Alkoven. Ich habe ihn gesehen …«
»Pst,
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