Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
niedrigen Platz zurückversetzt wurde, kam mit Riesenschritten näher.
Die plötzliche Erkenntnis, daß die Königin wieder zu sprechen begonnen hatte, riß Cygnus mit einem Ruck aus seinen Überlegungen heraus.
»Was immer ihr von meiner Beziehung zu den Magusch halten mögt, ich habe ein Versprechen gegeben, das ich halten muß«, sagte Rabe. »Also muß ich jemanden ausschicken, der feststellt, ob Lady Aurian in Sicherheit ist und ob sie vielleicht Hilfe braucht. Diesmal muß es jemand sein, dem ich vertrauen kann, jemand, der mir verläßlich Bericht erstattet und nicht beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten seinen Posten verläßt. Weiß einer von euch jemanden, den wir mit dieser Aufgabe betrauen könnten?«
Cygnus’ Herz vollführte einen kleinen Sprung. Endlich war, nachdem er schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, seine Chance gekommen! Er war außer sich vor Zorn gewesen, als ihn die Königin zu ihrem Vorkoster bestimmt und auf diese Weise seine Aussichten vollends beseitigt hatte, vielleicht doch noch die Stellung des Hohepriesters für sich zu gewinnen. Seit damals waren seine gierigen Gedanken wieder und wieder zu der Harfe der Winde zurückgekehrt. Wenn er dieses Artefakt doch nur in seinen Besitz bringen könnte …
»Euer Majestät – aus Liebe und Treue zu Euch wäre ich bereit zu gehen.« Cygnus hatte die Worte ausgesprochen, bevor er selbst recht wußte, was er da tat, und einen Augenblick lang spürte er Panik in sich aufsteigen. Aber seine Instinkte hatten ihn nicht im Stich gelassen.
Rabes Gesicht leuchtete auf, dann aber zögerte sie. Er konnte sehen, wie ihre Mundwinkel sich ein wenig senkten, und wußte, daß sie sich selbst für diesen Augenblick der Unentschiedenheit hassen würde. »Mein lieber, treuer Cygnus, du bist mir solch ein guter Freund. Aber bist du wirklich sicher? Ich kann dich nur schlecht entbehren.«
Cygnus neigte den weißen Kopf. »Majestät, es wäre mir eine Ehre. Und wer könnte sich besser für diese Mission eignen als ich, der ich die Magusch bereits kenne und ihnen freundlich gegenüberstehe?«
Die Königin des geflügelten Volkes nickte. »Du hast dir meine ewige Dankbarkeit verdient – und wenn du zurückkehrst, wird hier dein verdienter Lohn auf dich warten.«
Das wird er bestimmt, dachte Cygnus – aber wenn alles gutgeht, wird mein Lohn ein anderer sein als der, den du jetzt im Sinn hast …
Nachdem die Zusammenkunft des Rates beendet war und die geflügelten Männer sich verabschiedet hatten, blieb Elster als einzige zurück. »Euer Majestät«, sagte sie mit ernster Stimme. »Darf ich unter vier Augen mit Euch reden?« Ohne auf eine Antwort zu warten, griff die Ärztin nach Rabes Handgelenk und zerrte sie geradezu aus ihrem Gemach. Statt jedoch hinaus auf die Veranda zu treten und den kurzen Weg zu den Privaträumen der Königin zu fliegen, wie sie das normalerweise taten, drängte Elster ihre junge Schutzbefohlene durch das Labyrinth der selten benutzten Korridore innerhalb des Palastes, ohne Rabe auch nur einen Augenblick loszulassen.
Als sie endlich in Rabes üppigen Gemächern angelangt waren und ein Diener, der ihnen beiden ein wenig Wein eingeschenkt hatte, wieder gegangen war, wandte sich Rabe seufzend an die ältere Frau. »Also schön«, murmelte sie. »Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hast du mir etwas zu sagen.«
Elster nahm einen tiefen Schluck von ihrem Wein, schüttelte den Kopf und erwiderte dann: »Was fange ich nur mit dir an?« wobei sie, wie sooft, wenn sie vertraulich mit ihrer Königin sprach, in das alte ›Du‹ zurückfiel.
»Wie meinst du das?« fragte Rabe. »Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?«
»Willst du behaupten, du weißt es wirklich nicht?« Die Ärztin hob eine Augenbraue. »Du törichtes Mädchen – mußtest du dich so mit Sonnenfeder anlegen?«
Rabe knallte ihren Becher zornig auf den Tisch, und etwas von dem Wein ergoß sich über das kostbare Ebenholz. »Und was, bitte, hätte ich deiner Meinung nach tun sollen?« explodierte sie. »Hätte ich vielleicht bescheiden dasitzen und angesichts seiner kaum verhohlenen Unverschämtheit noch lächeln sollen? Bei Yinze, Elster, wie soll ich denn regieren, wenn ich mich nicht mit Sonnenfeder anlegen darf, ganz zu schweigen von diesen anderen arroganten, selbstgefälligen, hinterlistigen Schranzen, die in meinem Rat sitzen?«
»Wisch den Wein weg, Rabe«, sagte Elster sanft, »bevor er den Tisch ruiniert. Es geht nicht darum, daß du
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