Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
mußt auf alles gefaßt sein.« Der Arzt schüttelte den Kopf. »Dein Freund wird für eine ganze Weile ein sehr kranker Mann sein. Wenn wir die Entzündung nicht unter Kontrolle kriegen, müssen wir ihm möglicherweise den Arm abnehmen, um sein Leben zu retten.«
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Warnende Worte
»Majestät, glaubt Ihr nicht, Ihr hättet jetzt genug Zeit auf diese erdgebundenen Zauberer verschwendet?« Elster zuckte zusammen und verfluchte sich innerlich für ihre eigene Furchtsamkeit, als in den dunklen Augen der Königin plötzlicher Zorn aufblitzte. Ich mußte natürlich wieder mal den Mund zu weit aufreißen, dachte sie.
»Wie kannst du es wagen, so etwas auch nur anzudeuten, nach allem, was Aurian und Anvar für uns getan haben.« Rabe sprang von ihrem Platz auf und begann mit einer Miene, die von einem wütenden Stirnrunzeln verfinstert wurde, in ihrem reich ausgestatteten Gemach auf und ab zu laufen. »Du magst ja alt genug sein, um meine Großmutter zu sein, Elster, und du magst mir das Leben gerettet haben, aber das gibt dir noch lange nicht das Recht, mir zu sagen, wie ich mein Königreich zu regieren habe!«
Elster zögerte, aber dann faßte sie einen Entschluß. Sie war jetzt ohnehin schon zu weit gegangen. Also konnte sie sich nun auch noch alles andere von der Seele reden. »Wenn ich es nicht tue, wer wird es dann machen?« konterte sie. »Ihr habt recht, Majestät, ich weiß wenig vom Regieren, aber ich habe viele Jahre auf dieser Welt zugebracht. Weil ich Ärztin bin, schenken mir die Leute ihr Vertrauen, und außerdem verstehe ich mich darauf, Augen und Ohren offen zu halten. Ihr seid jung, und trotz allem, was Eure Mutter Euch beizubringen versucht hat, habt Ihr kaum mehr Erfahrung im Regieren als ich. Da man Euch als königliches Kind isoliert großgezogen hat, habt ihr wenig oder gar keine Freunde im Palast. Königin Flammenschwinges Ratgeber sind alle unter Schwarzkralles Herrschaft umgekommen, und Ihr habt noch keine eigenen Ratgeber ernannt. Das ist nur eine der vielen wichtigen Verpflichtungen, die Ihr aufgeschoben habt, solange die Erdenkriecher all Eure Aufmerksamkeit und Zeit verschlungen haben. Nun, Ihr seid bisher noch nicht mal offiziell gekrönt worden, und das wird auch nicht passieren, bevor kein neuer Hohepriester ernannt ist: Noch eine Aufgabe, der Ihr Euch bisher entzogen habt. Aber seid gewarnt; wenn Ihr keine Wahl trefft, dann werden die Priester das für Euch tun – und ihre Wahl würde vielleicht eine andere sein als Eure und nicht notwendigerweise zu Eurem Besten ausfallen.«
»Verflucht – gib mir wenigstens eine Chance!« brauste die Königin auf.
»Ich tue das – aber Ihr habt Feinde in Aerillia, die das nicht tun werden.« Als die Ärztin sah, wie sich Sturmwolken auf Rabes Gesicht zusammenballten, milderte sie ihren Tadel mit einem Lächeln. »Wollt Ihr nicht wenigstens jemandem zuhören, der gerne Eure Freundin wäre? Ich biete Euch nur Informationen und Rat. Die Informationen könntet Ihr benutzen, selbst wenn Ihr beschließen solltet, den Rat in den Wind zu schlagen.«
»Was für Informationen? Und was meinst du mit Feinden? Wer wagt es, sich mir entgegenzustellen?« wollte die Königin wissen.
Völler Erleichterung darüber, daß das Mädchen endlich zu Verstand gekommen zu sein schien, setzte die Heilerin sich mit einem Rascheln ihrer schwarzweißen Schwingen bequemer auf dem spindeldürren Stuhl zurecht. Sie sah sich in Rabes behaglichem, von Lampenlicht erleuchteten Raum mit den goldbestickten Wandbehängen um und sehnte sich nach dem Frieden und der Vertrautheit ihres eigenen überfüllten, zugigen Quartiers. Doch dieses hatte sich bei dem Sturz von Schwarzkralles Turm zusammen mit dem ganzen Bezirk, in dem er gestanden hatte, zu Schutt und Asche verwandelt. Die Königin hatte Elster zum Dank dafür, daß sie ihr das Leben gerettet hatte – und sehr zum Unwillen der Heilerin selbst –, den Titel ›Königliche Leibärztin‹ verliehen. Ihr neues Quartier war viel luxuriöser und bequemer als das alte, aber es paßte Elster überhaupt nicht, daß Rabe nun ihr Kommen und Gehen kontrollieren konnte und das alleinige Anrecht auf ihre Fähigkeiten besaß; und aus langer Erfahrung wußte sie, daß es niemals bequem, friedlich oder auch nur sicher sein konnte, einem herrschenden Monarchen so nahe zu sein.
»Nun?« Rabes scharfe Stimme durchschnitt Elsters Gedanken. »Du scheinst ziemlich langsam mit deinen Antworten zu sein, denn noch vor ein paar Sekunden
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