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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Und ihre ledernen Gewänder waren immer noch an manchen Stellen von Cygnus’ Blut befleckt und steif. Als sie den Waldrand erreichte und zwischen den letzten Bäumen hindurch spähte, krampfte sich Aurians Magen zusammen. Es war tatsächlich Nexis – so vieles war ihr immer noch vertraut –, aber wie sehr die Stadt sich doch verändert hatte!
    Die Gefährten waren oberhalb eines steilen Hangs aus dem Wald getreten, wo ein Erdrutsch alle Bäume, die früher dort gewachsen waren, in den Fluß gerissen hatte. Unterhalb der Anhöhe, auf der Aurian stand, fand der grüne Wald ein jähes Ende, und darunter sah man eine Wüste aus Steinbrocken, Schlamm und nackter, mit geborstenen und gesplitterten Baumstämmen übersäter Erde. Zwar wurde der Fluß von den Trümmern eingedämmt, die der Erdrutsch hügelabwärts gerissen hatte, aber er hatte diese Hindernisse mittlerweile überwunden und füllte das obere Tal mit einem langen, schmalen See aus. Unterhalb der erdrückenden Masse aus Erde und Bäumen war der Fluß zu einem dürftigen, stehenden Bächlein dahingeschwunden, das aufs Geratewohl durch den schlammigen Graben sickerte, der einstmals das Flußbett gewesen war.
    Jetzt, da der Fluß, der Lebensnerv der Stadt, abgestorben war, war auch Nexis zu einem langsamen Tod verurteilt. Die Lagerhäuser am nördlichen Flußufer erhoben sich hoch und trocken auf ihren Pfahlaufbauten über dem verwaisten Wasserlauf. Es sah aus, als wären viele der Lagerhäuser durch Brände zerstört worden. Miathans gewaltige neue Mauern, die Zanna der Magusch während ihres kurzen Aufenthalts im Versteck der Nachtfahrer beschrieben hatte, waren rissig geworden und an manchen Stellen sogar vollends eingestürzt. Die Akademie jedoch ragte immer noch hoch auf ihrem Felsen in der Biegung des ausgetrockneten Flußbetts gen Himmel. Soweit Aurian aus dieser Entfernung sehen konnte, waren die Bibliothek und der Maguschturm unversehrt geblieben, obwohl die Wetterkuppel zerborsten war wie die Schale eines zersplitterten Eis. War Anvar irgendwo dort unten, so wie in ihrem Traum? Schon der Gedanke daran war Aurian schier unerträglich.
    Die Magusch riß ihre Aufmerksamkeit von der Akademie los und zwang sich, die Überreste von Nexis näher zu betrachten. Was war mit den Häusern auf den Nordhängen des Tals geschehen? Die Umrisse der einst so ordentlichen und regelmäßigen Straßen schienen sich verändert und ihre klare Umgrenzung verloren zu haben, und soweit Aurian sehen konnte, waren viele jener Häuser zerstört worden. Weiter unten bot sich ebenfalls ein Bild der Zerstörung. Obwohl das große, überkuppelte Gebäude der kreisförmigen Gildehalle unversehrt zu sein schien, war das Dach der großen Arkade doch teilweise eingestürzt, so daß das Labyrinth der Marktbuden, Gänge und Gehwege ungeschützt den Elementen preisgegeben war. Quer über den Exerzierplatz der Garnison verlief ein breiter Riß, und Aurian fragte sich beklommen, ob der äußere Teil des Plateaus irgendwann abbrechen und auf den unteren Teil der Stadt herniederkrachen würde.
    Während es langsam heller wurde, wandte die Magusch sich von dem einstmals so gewaltigen, jetzt aber versiegten Fluß ab und ließ ihren Blick auf der veränderten Stadt in der verwüsteten Landschaft verweilen. Entsetzt schüttelte sie den Kopf. »Was kann da nur passiert sein?« Im Zusammenhang mit dem Erdrutsch, der den Fluß eingedämmt hatte, schien die Zerstörung auf eine Art Erdbeben hinzuweisen. Aber warum? Das Umland von Nexis war doch früher immer vollkommen ruhig gewesen. Aber jetzt fiel ihr wieder ein – wie hatte sie das nur vergessen können? –, daß Eliseth bei ihrem Angriff auf das Tal den Gral der Wiedergeburt besessen hatte. Das bedeutete, daß sie eine Möglichkeit gefunden haben mußte, Miathan zu besiegen. Hatten die beiden Magusch miteinander gekämpft? War das der Grund für diese gewaltigen Schäden in der Stadt? Andererseits, wenn der Erzmagusch getötet worden war, hätten Anvar und sie seinen Tod doch gewiß gespürt. Also, wo war Miathan jetzt? Mit einem Schaudern dachte Aurian an ihren Alptraum.
    »Was meinst du, wieviel Zeit haben wir verpaßt?« fragte Maya leise.
    Aurian zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Diese Art Zerstörung hätte Jahre in Anspruch nehmen können – oder nur einen einzigen Tag.«
    »Das glaube ich nicht«, wandte D’arvan ein. »Es kann nicht an einem einzigen Tag geschehen sein – zumindest ist seit diesem Erdrutsch mehr als ein Tag

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