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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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leuchtendbunten Blitzen durchbrochen wurde. Sie erinnerte sich an die Übelkeit und die Orientierungslosigkeit und an die hilflose Panik, als ihre Beute schließlich verschwunden war. Sie erinnerte sich auch an die letzte verzweifelte Anstrengung, die sie – zusammen mit diesen lieben und treuen Freunden, die ihr gefolgt waren – zurück in die wirkliche Welt gebracht hatte. Und mit einem furchtbaren, flauen Gefühl in der Magengrube wurde Aurian bewußt, daß Eliseth dank ihres, Aurians, Scheitern nicht nur Anvar in der Gewalt hatte, sondern auch zwei der Artefakte – den Gral der Wiedergeburt und das allmächtige Flammenschwert … Aurian stöhnte und durchsuchte mit jäher Panik das dicke Bett aus Blättern. Als erstes sah sie den Erdenstab sicher und unversehrt im Gras liegen, dann die Harfe der Winde. Als sie das kostbare Artefakt berührte, reagierte es mit einer klagenden Kaskade bebender Töne, als trauere es ebenfalls um Anvar, der es zu seinem Besitz gemacht hatte.
    In diesem Augenblick kehrte D’arvan zurück. Er setzte sich neben sie und drückte ihr einen aus Birkenborke geformten Becher in die Hand. »Hier, danach wirst du dich besser fühlen«, sagte er zu ihr. »Tut mir leid, daß wir nichts Kräftigeres haben – du siehst aus, als könntest du es gebrauchen.«
    »Das kannst du laut sagen«, murmelte Aurian. Aber obwohl ihre Nerven immer noch vibrierten und ihre Sorgen sie niederdrückten, erfüllte der Anblick des provisorischen Bechers sie mit glücklichen Erinnerungen. Sie fing Mayas Blick auf. »Ich sehe, du hast ihm ein paar von Forrals Überlebenstechniken in der Wildnis beigebracht …« Ihre Worte verloren sich. Die Kriegerin hatte vorhin irgend etwas darüber gesagt, wo …
    »Maya?« Die Magusch umklammerte den zerbrechlichen Birkenbecher so fest, daß er in ihren Händen zerknitterte. »Wenn man bedenkt, wo wir gelandet sind, sagtest du. Wo sind wir denn gelandet?«
    Die kleine, dunkelhaarige Kriegerin seufzte. »Wir sind im Wald, ein Stück südlich von Nexis.«
    Aurian ließ den unbrauchbar gewordenen Becher fallen, ohne es überhaupt zu bemerken. »Wie sieht es in Nexis aus?« fragte sie leise.
    Maya biß sich auf die Lippen. Es widerstrebte ihr offenkundig, Aurians Frage zu beantworten, und schließlich war es D’arvan, der das Wort ergriff.
    »Es hat sich verändert, Aurian. Nexis hat sich mehr verändert, als das in dem einen Jahr unserer Abwesenheit möglich sein sollte.«
    Die Magusch runzelte die Stirn und versuchte, trotz des Hämmerns in ihrem Kopf ihre Gedanken zu ordnen. »Wir sind also gereist … wir haben uns eindeutig zwischen verschiedenen Orten bewegt – aber auch zwischen verschiedenen Zeiten?«
    D’arvan nickte. »Es ist schwer, diesen Gedanken zu akzeptieren, aber was sonst könnte eine solche Veränderung der Stadt erklären?«
    Aurian fröstelte innerlich. »Zeig’s mir«, verlangte sie.
    »Wahrhaftig, Magusch. Sieh dir deine Stadt an und begreife, daß die Phaerie in deiner Abwesenheit nicht müßig gewesen sind.« Hellorin lächelte düster und zog sich von seinem Fenster des Schauern zurück. Obwohl sein Gesicht völlig ausdruckslos blieb, wie es sich für den Fürsten der Phaerie geziemte, konnte er seine Aufregung kaum bezähmen. Oh, wie lange er auf diesen Tag gewartet hatte! Er hatte immer gewußt, daß sein Sohn eines Tages zurückkehren würde – und als Bonus hatte D’arvan die verschwundenen Xandim-Pferde mitgebracht.
    Von seinem hohen Turm in dem raffiniert gebauten Palast sandte Hellorin einen Gedankenruf aus, der bis in die entlegensten Winkel seiner neuen Stadt hallte. Diesmal würden sie nicht erst auf Mondlicht warten. Die Jagd mußte sofort losgehen. Sie durften keinen Augenblick verlieren, damit dem Waldfürsten seine Beute nicht ein zweites Mal entkam.
     
    Als die Katzen, die Magusch und Maya sich so lautlos wie nur möglich über die weiche Decke des lebendigen Waldmooses bewegten, konnte Aurian spüren, wie der Morgentau nicht nur ihren Umhang, sondern auch die ledernen Xandimgewänder durchdrang, die sie noch immer trug. Sie fühlte sich einsam und haltlos, benommen und ohne Ziel. Dieser Wechsel in eine andere Zeit und an einen anderen Ort war bei weitem zu schnell gegangen. Für die Magusch war es, als lägen die furchtbare Schlacht im Tal und ihre katastrophale Begegnung mit dem Flammenschwert erst eine Stunde zurück. Noch immer konnte sie den Rauch in ihrem Haar riechen, den Rauch des Feuers, das Eliseth im Wald gelegt hatte.

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