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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Stellen, an denen er Halt finden konnte, sah er noch recht deutlich, aber der untere Teil der Mauer lag bereits in tiefem Schatten. Grince seufzte und machte sich daran, in dem dämmrigen Halblicht, so gut es ging, die Wand hinunter zu klettern. Er würde nach Hause gehen, seinen Hund Krieger füttern, sich waschen und zusehen, daß er die Juwelen los wurde – und dann, dann würde er sich einen sehr großen Drink genehmigen.
    Er war die Mauer schon halb herunter geklettert, als der Wachposten ihn erspähte. »He! Du da!« Als die laute Stimme des Mannes ertönte, erstarrte Grince vor Entsetzen und klammerte sich an dem rauhen Steinwerk fest, bis ihn Arme und Finger schmerzten. Wenn er sich nicht rührte, würde der verflixte Wachposten ihn vielleicht für einen Schatten halten …
    Aber so viel Glück hatte er nicht. Fluchend hörte Grince, wie ein Horn gellend Alarm blies. Jetzt, da man einen Dieb entdeckt hatte, würde Lord Pendral im Handumdrehen bemerken, daß seine kostbaren Juwelen verschwunden waren. Unten im Garten wurden Schreie laut, und Grince hörte das Geräusch eiliger Schritte, die immer näher kamen. Ein Pfeil surrte an seinem Ohr vorbei und ließ ihn zusammenzucken. Der erste Pfeil bohrte sich jedoch harmlos in das Gemäuer zu seiner Linken, und der nächste prallte über seinem Kopf von der Mauer ab. Bisher konnten sie nicht genau zielen, weil das düstere, graue Gemäuer und die Abenddämmerung ihn nahezu unsichtbar machten, aber wenn er blieb, wo er war, würde es nicht lange dauern, bis die Bastarde irgendwann doch trafen. Hastig dachte Grince über die verschiedenen Möglichkeiten nach, die sich ihm boten. Runter? Sinnlos. Zur Seite? Nicht viel besser – er würde immer noch in Bogenschußweite bleiben, und selbst wenn er ein offenes Fenster fand, würden sie sehen, in welchem er verschwand und ihn im Haus stellen. Der Dieb verschwendete einen Atemzug auf einen weiteren Fluch und kletterte dann hastig denselben Weg hinauf, über den er gekommen war. Zumindest entfernte er sich auf diese Weise von den verfluchten Pfeilen.
    Mit entschlossenem Griff umfaßte Grince die Dachrinne und schwang sich hinauf. Die gewölbten Dächer waren jetzt feucht vom Tau, und es war viel schwieriger – und gefährlicher – als zuvor, sich auf diesem schlüpfrigen Terrain zu bewegen. Atemlos und mit größter Vorsicht, um nur ja nicht das Gleichgewicht zu verlieren, schob er sich auf aufgeschürften Händen und Knien weiter hinauf. Und obwohl er normalerweise kein frommer Mensch war, begann er zu beten. Wenn er jetzt abstürzte … Nun, besser, er brach sich den Hals, als daß diese Bestie Pendral ihn einfing. Zumindest hatte der Pfeilregen aufgehört. Grince gelangte an ein Gewirr von Schornsteinen und schlüpfte dazwischen, um sich für einen Augenblick auszuruhen und wieder zu Atem zu kommen. Trotzdem wußte er, daß ihm nicht mehr viel Zeit blieb, bevor irgendein kluger Mistkerl da unten auf den Gedanken kam, Leitern herbeizuschaffen. Die Vorstellung, auf diesen schlüpfrigen Schieferplatten so hoch überm Boden gejagt – oder angeschossen – zu werden, behagte ihm ganz und gar nicht. Der kühle Nachtwind zerzauste sein Haar und ließ den Schweiß auf seinem Rücken und seiner Stirn abkühlen.
    Als im Garten abermals Stimmen laut wurden, reckte Grince sich über die Dachrinne und blickte hinunter. Da unten in der Dunkelheit flammte ein goldenes Licht nach dem anderen auf, und die leichte Brise wehte den beißenden Geruch nach Rauch zu ihm hinauf. Irgend jemand hatte Fackeln geholt – Grince spürte sofort, daß die Leiter als nächstes drankommen würde.
    Wie zuvor blieb dem Dieb nur eine einzige Möglichkeit – und er wußte, daß er sich besser beeilen sollte. Die Eisentür, durch die er die Rauchfänge verlassen hatte, lag auf der anderen Seite des Hauses, und er hatte wahrlich keine Lust, einen weiteren Weg über dieses taufeuchte Dach zu wagen. Mit einem unglücklichen Stoßseufzer band er sich abermals das Tuch vors Gesicht und ließ sich, mit den Füßen zuerst, in den breitesten Schornstein hinunter.
    Aber das Glück war Grince in dieser Nacht wohl nicht gewogen. Irgendwie verlor er in dem ausgeklügelten System der Rauchfänge erneut die Orientierung und kam an der schlimmstmöglichen Stelle heraus. Glücklicherweise war jedoch der größte Teil des Festmahls bereits zubereitet, und statt der hell lodernden Feuer schwelte nur noch etwas Glut in den Kaminen, um einen Teil der Gerichte warm zu

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