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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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verwendet hatte, den jungen Wachposten in einer der teureren Tavernen der Stadt betrunken zu machen, nicht verschwendet gewesen waren. Sonst hätte er die Drähte mit Sicherheit übersehen und den Alarm ausgelöst.
    Auf Zehenspitzen bewegte sich Grince quer durch den großen Raum, dann blies er die Kerze aus und steckte sich den Stummel wieder in die Tasche, um die Hände frei zu haben. Behutsam zog er die Vorhänge auseinander und hielt den Atem an, falls die Messingringe klirrten und ihn auf diese Weise verrieten. Einen Zentimeter um den anderen glitten die schweren Samtvorhänge zur Seite, um statt des erhofften Alkovens eine kleine Bogentür freizugeben, deren dunkles Holz mit Eisenstäben verstärkt war. Grince spürte, wie sein Herzschlag sich vor Aufregung beschleunigte. Kein Zweifel, hinter dieser Tür mußten ungeahnte Schätze verborgen sein …
    Die Tür stellte für einen Dieb seines Formats keine Herausforderung dar. Binnen weniger Augenblicke gab das Schloß nach. Mit einem Schauder der Erregung legte Grince die Hand auf die Vertäfelungen und schob die Tür auf. Dahinter lag ein schmaler, fensterloser Raum, kaum größer als ein Wandschrank. Und in dieser winzigen Kammer stand eine massive Holztruhe, die von breiten, in dem schwachen Laternenlicht dunkel glänzenden Eisenstreifen umschlungen wurde.
    Grince atmete langsam und unhörbar aus. Dann kniete er auf den kalten, blank gebohnerten Brettern vor der schweren Truhe nieder und zog ein weiteres feines Werkzeug aus seinem Gürtel. Das Vorhängeschloß nötigte ihm einen harten Kampf ab, aber schließlich sprang es mit einem vernehmlichen Klicken auf. Mit aller ihm zu Gebote stehenden Kraft stemmte Grince den schweren Deckel auf. Und da lagen sie! Bei ihrem Anblick keuchte der kleine Dieb unwillkürlich auf. Die ungezählten Juwelen lagen schimmernd in ihrer massiven Truhe und rangen selbst dem trüben Licht seiner Laterne Myriaden durchscheinender Funken ab. Ungefaßte Edelsteine aller Größen und Schattierungen lagen in herrlichem Überfluß zuhauf zwischen langen, gewundenen Perlschnüren und Halsbändern, deren wunderschöne Steine in zarteste Filigranarbeiten aus Silber und Gold eingebettet waren. Der hintere Teil der Truhe war in kleine Holzschubladen unterteilt, die Ringe, Ohrringe, Broschen und Armbänder enthielten.
    Der Dieb ließ sich einen glitzernden Strom von Diamanten wie kaltes, funkelndes Frühlingswasser durch die Finger rinnen und versuchte seinen Jubel unter Kontrolle zu halten. Mit einem grimmigen Lächeln begann er, sich den glitzernden Schatz händeweise in den Sack zu schaufeln, der an seinem Gürtel befestigt war, damit er die Hände zum Durchklettern der Schornsteine frei hatte. Das war seine lange überfällige Rache. Der Wert des Schatzes würde Grince für den Verlust, den Pendral ihm zugefügt hatte, zwar nicht im entferntesten entschädigen – aber jetzt hatte der Dieb dem grausamen Kaufmann das geraubt, was er am meisten auf der Welt liebte.
    Grince verschwendete keine Zeit mehr, sondern widmete sich gleich seiner Flucht. Abermals knotete er sich das geschwärzte Taschentuch vors Gesicht. Dann ging er auf den Kamin in Pendrals Gemach zu, wobei er, wie schon auf dem Hinweg, mit großer Vorsicht die Stolperdrähte mied. Während er sich den Schornstein hinaufzwängte, konnte er den schweren Sack spüren, der jetzt Pendrals kostbare Juwelen enthielt und merklich an seinem Gürtel zog.
    Als er sicher wieder oben auf dem Dach angelangt war, lehnte der Dieb sich gegen den Schornstein, schloß die Augen und wischte sich mit einer rußigen Hand über die Stirn. In seinen Jubel mischte sich die unaussprechliche Erleichterung darüber, sicher wieder draußen in der kühlen, wohlduftenden Luft des Sommerabends zu sein. Mit tiefen Atemzügen versuchte er sich so weit zu beruhigen, daß er nun den letzten Teil seiner Flucht angehen konnte. Seine Glückssträhne würde wahrscheinlich nicht mehr lange anhalten. Auf dem Rückweg hatte er sich in dem Labyrinth der Schornsteine verirrt; an einer Stelle hatte er sogar befürchtet, nie wieder ins Freie zu gelangen. Aber ab jetzt würde alles wieder gutgehen, beruhigte Grince sich. Nicht mehr lange, und er war weit fort von diesem Haus.
    Nachdem er sich noch einmal die brennenden Augen gerieben hatte, schob der Dieb sich millimeterweise und mit größter Vorsicht über das schräge Dach. Dann drehte er sich um und kletterte das rauhe, zerbröckelnde Mauerwerk der Villa hinunter. Die ersten

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