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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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vergangenen Jahr nur knapp entronnen war, ging dieser keine Risiken mehr ein. Selbst heute wimmelte es überall von Soldaten, aber auch eine gewaltige Anzahl von Pendrals Dienern sowie viele andere Leute liefen überall herum: die vornehmen Gästen des Hohen Herrn mit ihren eigenen Dienern, Kutschfahrern und Wachen. Das unvermeidliche Chaos paßte hervorragend in Grinces Pläne. Seine Flucht – immer der wichtigste Teil seiner Überlegungen – sollte später ziemlich einfach sein, denn an diesem Abend hatte Pendral, da so viele Fremde in den Gärten umherliefen, die großen Mörderhunde, die er nach dem Giftanschlag auf ihn erworben hatte, in ihre Käfige gesperrt. Normalerweise hätte man sie die ganze Nacht hindurch frei auf seinem Besitz herumlaufen lassen. Die Wachen würden nach jemandem Ausschau halten, der einbrach, nicht nach jemanden, der ausbrach.
    Grinces unerlaubter Besuch auf Lord Pendrals Grund und Boden war aufs sorgfältigste vorbereitet. Am vergangenen Tag hatte der Dieb eine Livree von der Wäscheleine hinter Lord Pendrals Residenz gestohlen. In dieser Verkleidung hatte er sich mühelos Eintritt zum Haus des Hohen Herrn verschafft. Er wußte, daß die Treppe zu den oberen Stockwerken und zu Pendrals privaten Räumen bewacht sein würde, daher hatte er sich einen leeren Kamin gesucht, der groß genug war, um bis ins Wohnzimmer vorzustoßen. Anschließend hatte Grince sich in das Labyrinth der Rauchfänge gezwängt, um schließlich in einer Rußwolke in einem der Schlafzimmer wieder zum Vorschein zu kommen. Dort hatte er sich die brennenden Augen gerieben und das Taschentuch abgenommen, das er sich zum Schutz gegen den Ruß vors Gesicht gebunden hatte. Er hatte die geschwärzte Uniform von Pendrals Diener ausgezogen und sich Hände, Gesicht und die Sohlen seiner weichen, biegsamen Schuhe an den Vorhängen abgewischt – und dann war er in aller Ruhe in den Korridor hinausgeschlüpft, um nach Pendrals Schatzkammer zu suchen.
    Als er nun zu beiden Seiten des mit dicken Teppichen belegten Flurs sämtliche Türen überprüfte, bewegte Grince sich so schnell wie nur möglich und hielt gleichzeitig die Ohren offen, um auf das Geräusch nahender Schritte zu lauschen. Obwohl Lord Pendral und seine Gäste noch eine Ewigkeit unten sitzen und sich die Bäuche vollschlagen würden, war trotzdem Eile angeraten. Schließlich war nicht ausgeschlossen, daß ein Diener unerwarteterweise mit einer Lampe vorbeikam und die verräterische Rußspur bemerkte, die vom Gästeflügel zu den Räumen des Hausherrn führte.
    Grince hatte schon vor einer ganzen Weile seine Vorbereitungen getroffen, indem er einen von Pendrals Wachposten mit genug Schnaps bestochen hatte, um ihm die Zunge zu lösen. Jetzt wußte der Dieb genau, wo Pendrals Gemächer zu finden waren. An dem Raum, den er angestrebt hatte, trat der Dieb schnell durch die Tür, bevor er sie ebenso schnell wieder hinter sich schloß. Die dicken Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen worden, so daß das Zimmer im Zwielicht lag, aber Grince konnte die eckigen Umrisse der verschiedenen Möbelstücke dennoch mühelos erkennen – ein Nachttisch, ein großes, mit Vorhängen verhangenes Bett und etliche Truhen.
    Der Dieb nahm einen der Kerzenstummel, die er immer bei sich trug, aus der Tasche und zündete ihn flink an. Dann stand er eine Weile reglos da und sah sich in dem Raum um. Auf der anderen Seite des Zimmers stand etwas, das er für einen Alkoven hielt; die Nische war mit dunklen, zu den Fenstervorhängen passenden Stoffen behangen. Der Wachposten war sich nicht ganz sicher gewesen, hatte aber vermutet, daß Lord Pendral dort seine Reichtümer aufbewahrte. Grince hielt einen Augenblick lang inne und sah sich mit großer Konzentration den Fußboden an; er beleuchtete mit seiner Kerze jeden Zentimeter des Bodens, bis schließlich ein feines, silbriges Funkeln fast auf Bodenhöhe seine Aufmerksamkeit weckte. Ah, da war es! Die zarten Fäden der Stolperdrähte, die sich ungefähr eine Handbreit über dem bunt gemusterten Teppich kreuz und quer durchs Zimmer spannten, waren in dem fahlen Licht kaum zu sehen.
    Ein selbstzufriedenes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Diebs aus. Das hier würde ein Kinderspiel werden. Wenn dieser fette Narr Pendral nicht mal soviel Verstand gehabt hatte, einen Stolperdraht an der Tür zu spannen, verdiente er es, daß man ihn ausraubte. Grince trat vorsichtig über den Draht und dachte, daß die kostbaren Münzen, die er darauf

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