Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
dieses unheimliche, unirdische Glitzern verschwand aus Finbarrs Augen. Sein Gesicht nahm Regung und Leben an, und er sah wieder wie er selber aus. Er schüttelte sich, als erwache er plötzlich aus einem Traum, und blickte sich um. Seine Hände knisterten von der blauen Energie des Zeitzaubers, und in seinen Augen lag immer noch der Schatten des Entsetzens.
»Finbarr«, rief Aurian leidenschaftlich. »Es ist alles gut. Sie sind fort.«
Ohne Vorwarnung taumelte die große, hagere Gestalt aus dem Alkoven. Er schlang die Arme um die Magusch. »Aurian! Meine hebe Freundin! Es geht dir gut! Und Anvar! Dank sei den Göttern.« Finbarr sah sich staunend um, rieb sich die Augen und zog dann verwirrt die Brauen zusammen. »Aber wo sind wir? Das sind doch nicht Miathans Gemächer. Das sind meine Archive, ja. Wie sind wir hier herunter gekommen? Und wo sind die Nihilim? Haben wir sie alle erwischt? Wo ist der arme Forral …« Seine Stimme wurde härter. »Und dieser dreimal verfluchte Abtrünnige, Miathan?«
Zu ihrem Entsetzen wurde Aurian klar, daß der Archivar von Meiriels Tod nichts wissen konnte. Und wie sollte sie ihm den Wahnsinn seiner Seelengefährtin erklären und ihre mörderischen Anschläge auf das Leben der Magusch und auf das des kleinen Wolf? Trotzdem würde Finbarr davon erfahren müssen.
Die Magusch seufzte. »Finbarr, du wurdest von deinem eigenen Zauber aus der Zeit genommen. Seit jenem Kampf mit den Todesgeistern ist sehr, sehr viel geschehen – und ich bringe dir viele schlimme Neuigkeiten, fürchte ich. Wenn ich dir helfe, wirst du dann in der Lage sein, die Informationen direkt aus meinen Gedanken zu holen? Sonst brauchen wir Stunden.«
Trotz einer so direkten Methode dauerte es einige Zeit, um den Archivar auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Als Aurian geendet hatte, war sie schweißnaß und vollkommen erschöpft. Es war schwer für sie gewesen, die Vergangenheit noch einmal zu durchleben – sowohl das Gute wie auch das Schlechte. Für Finbarr war es noch schwerer gewesen. Der Archivar weinte unverhohlen. »Warum?« fragte er. »Warum hast du mich nicht in Frieden gelassen? Warum hast du mich zurückgeholt, um mir so das Herz zu brechen?«
Aurian nahm seine Hand. »Weil wir dich brauchen, Finbarr. Du weißt mehr über die Nihilim als jeder andere von uns – im Augenblick hast du die Gelegenheit, einen von ihnen aus nächster Nähe kennenzulernen. Können wir ihnen vertrauen? Können wir es wagen, unseren alten Zeitzauber zu lösen und sie freizulassen, oder ist das Risiko zu groß?«
Der Archivar schloß die Augen, und seine Konzentration war so groß, daß Aurian sie beinahe spüren konnte. »Ihr könnt ihnen trauen«, sagte er schließlich. »Was einer weiß, wissen alle – und ihr ganzes Volk sehnt sich verzweifelt danach, von den Ketten des Kessels freizukommen. Du bist die einzige, die ihnen helfen kann – und als Gegenleistung werden sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um dir zu helfen. Aber unglücklicherweise werden sie, solange sie Eliseths Herrschaft nicht wirklich abgeschüttelt haben, weiterhin ein Risiko und eine Bedrohung für dich darstellen.«
Finbarr öffnete die Augen. »Was ich zu sagen habe, gefällt dem, der meinen Körper teilt, nicht – aber ich würde dir nicht raten, sie von dem Zauber zu befreien. Das Risiko ist viel zu groß. Du mußt deine eigenen Kämpfe austragen, Aurian – aber daran bist du ja gewöhnt.« Er lächelte gequält. »Eines würde ich dir allerdings raten. Laß den Todesgeist, der meinen Körper bewohnt, frei. Laß ihn mit dir gehen – wenn es zum Schlimmsten kommt, würdest du mit einem einzigen Todesgeist wohl fertig werden.« Er zwinkerte. »Du mußt selbst entscheiden, ob meinem Rat selbstsüchtige Motive zugrunde liegen, denn falls der Geist dich begleitet, werde ich ebenfalls an deiner Seite sein.«
»Wenn das bedeutet, daß wir dich bei uns haben könnten, tue ich, was immer notwendig ist«, versicherte Aurian ihm. Sie sah ihre Gefährten an. »Finbarrs Rat klingt in meinen Ohren vernünftig.«
»Solange ich da bin, um dich zu beschützen«, sagte Shia. »Ich mag deinen menschlichen Freund, aber diesem anderen Ding – dem Todesgeist – traue ich nicht über den Weg.«
Jetzt meldete Forral sich zu Wort. »Nein. Das ist Wahnsinn, Aurian. Ich lasse es nicht zu – das Risiko ist einfach zu groß.«
Ach, er ließ es nicht zu? Was glaubte er denn, wer er war, daß er ihr Befehle gab? Aurian funkelte Forral mit steinerner
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