Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
geworden.«
Wieder einmal ruhten die unmenschlichen Augen auf Aurian. »Hilf uns, Magusch – ich flehe dich an. Eine solche Chance wird sich vielleicht nie wieder ergeben. Mache das Böse, das deinen Vorfahren begangen haben, wieder gut, und laß uns frei. Durchbrich die Sklaverei des Kessels, und schenk uns unsere Freiheit wieder.«
»Und ihr werdet mir helfen, den Gral wiederzufinden, der einst der Kessel war?«
»Das werden wir tun. Um unseretwillen müssen wir es tun.«
»Und was ist mit Finbarr? Wenn ich dir helfe, kannst du ihn mir dann wiedergeben?«
Der Geist seufzte. »Das weiß ich nicht. Wir hatten keine Möglichkeit, mit euch Menschen in Verbindung zu treten, ohne selbst eine menschliche Gestalt anzunehmen. Ich bin in dem Augenblick in diesen Körper eingetreten, als sein Besitzer starb – aber dein Feind hat mich aus der Zeit genommen, bevor ich handeln konnte. Finbarrs Geist hatte keine Zeit, ins Reich des Todes überzugehen, aber ich fürchte, daß er, wenn ich diese Hülle verlasse, genau dazu gezwungen sein wird. Wenn du nicht willst, daß sein Tod vollendet wird, besteht deine einzige Hoffnung darin, den Kessel zu finden und ihn zu dem Zweck zu benutzen, zu dem er bestimmt war.«
»Und was ist mit meinem Tod?« mischte sich Forral wütend ein. »Ihr hattet keine Skrupel, mich endgültig aus der Welt der Lebenden zu entfernen.«
Der kalte Blick der Kreatur fiel auf den Schwertkämpfer. »Ich habe es euch doch erklärt – die Nihilim waren nicht dafür verantwortlich. Deine Zeit zu sterben war noch nicht gekommen, aber wir wurden durch den Kessel versklavt. Wir sind gezwungen, zu tun, was sein Besitzer befiehlt.«
Forral machte ein finsteres Gesicht und setzte sich über Aurians Versuche, ihn zum Schweigen zu bringen, hinweg. »Nun, das macht euch doch zu sehr unsicheren Verbündeten, nicht wahr? Eliseth braucht euch nur zu befehlen, euch gegen Aurian zu wenden, und wir sind am Ende. Erwartest du wirklich, daß das Mädchen ein solches Risiko eingeht?«
Aurian funkelte ihn wütend an. »Wenn ich jetzt auch mal etwas sagen dürfte?« Dann wandte sie sich wieder an den Todesgeist.
»Aber er hat recht. Einen Augenblick lang dachte ich, du könntest unsere geheime Waffe gegen Eliseth sein, denn was könnte sich den Nihilim schon widersetzen? Aber solange sie den Gral in Händen hält, bist du eine Waffe, die sich jederzeit gegen uns richten kann.« Sie hob in einer Geste der Hilflosigkeit die Hände. »Was kann ich tun? Ich wage es nicht, dieses Risiko einzugehen. Wenn ich die Herrschaft über das gewinne, was von dem Kessel übriggeblieben ist, gebe ich dir mein Wort, daß ich seine Macht benutzen werde, um euch freizulassen. Im Moment aber sieht es so aus, als müßte ich zunächst ohne eure Hilfe zurechtkommen.«
»Warte«, sagte das Geschöpf. »Denk nach. Das Risiko ist klein, denn der Besitzer des Kessels muß hierher zurückkehren, um den Zeitzauber zu lösen – bis dahin wird er …«
»Sie«, unterbrach ihn Aurian. »Der Gral hat seit eurer ersten Freilassung den Besitzer gewechselt – und die, die ihn gegenwärtig in ihrer Macht hat, ist nicht weniger zu fürchten als der erste Besitzer des Grals.«
»Na gut, es ist also eine Frau«, antwortete der Todesgeist. »Welche Rolle spielt das schon? Die Identität unseres Sklavenmeisters macht für die Nihilim kaum einen Unterschied. Die Besitzerin des Grals kann sich unserer erst bedienen, wenn sie zurückkehrt, um den Zeitzauber zu lösen – und solange sie nicht zurückgekehrt ist, wie soll sie da wissen, daß wir wieder frei sind?«
»Wenn ihr mir helft, sie anzugreifen, wird sie es sofort wissen – und dieses Risiko wage ich nicht.« Die Magusch dachte einen Augenblick lang angestrengt nach. »Höre – du hast gesagt, Finbarrs Geist sei noch nicht über die Schwelle getreten – gibt es irgendeine Möglichkeit, wie ich mit ihm reden kann?«
»Bist du dir bewußt, daß meine Macht alles ist, was ihn an diese Welt noch bindet? Du verstehst doch, daß ich, wenn ich ihm erlaube, mit dir zu sprechen, ihm nicht die Kontrolle über diese Gestalt überlassen kann, weil wir in dem Falle beide verloren wären?«
»Ich verstehe«, erwiderte die Magusch. »Trotzdem könnte seine Klugheit uns vielleicht weiterhelfen. Mir scheint, daß ihr einander vertrauen müßt – zumindest für den Augenblick.«
»Nun denn. Ich glaube, daß wir diese Gestalt zumindest teilen können.«
Vor Aurians Augen wandelten sich die Züge des Ungeheuers –
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