Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
Miene an. Nur weil er Angst hatte … »Nein«, erwiderte sie schroff, »ich bin nicht deiner Meinung. Ich verstehe zwar deine Zweifel, aber …«
»Zweifel? Diese Dinger sind kaltblütige Mörder«, brüllte Forral. »Sie sind böse – und niemand weiß das besser als ich.« Mit sichtbarer Anstrengung gelang es ihm, sich wieder zu fassen. »Hör mir zu, mein Liebes – ich verstehe, welche Vorteile uns dieser Pakt verschaffen würde, aber meiner Meinung nach …«
»Meiner Meinung nach ist das Risiko gerechtfertigt.« Aurian hatte selbst alle Mühe, nicht die Fassung zu verlieren. Sei geduldig, mahnte sie sich. Denk daran, daß Forral von diesen Geschöpfen getötet wurde. Er hat mehr Grund als jeder andere von uns, die Nihilim zu fürchten.
»Ich verstehe«, sagte Forral kalt. »In meiner Abwesenheit hast du alles gelernt, was es über die Kunst des Krieges zu wissen gibt, nicht wahr? Nun, komm in dreißig Jahren noch mal zurück, Aurian, und erzähl mir das – und selbst dann würde es nicht wahr sein. Laß dir von mir gesagt sein, du machst einen großen Fehler. Ich kenne deine Sturheit noch aus alten Tagen, mein Mädchen – aber diesmal bringst du uns alle in Lebensgefahr.«
Shia, die neben Aurian stand, fauchte leise. »Wirst du diesem Menschen erlauben, so mit dir zu sprechen?«
Die Magusch legte ganz sanft eine Hand auf den großen Katzenkopf. »Forral lebt immer noch in der Vergangenheit. Seit seinem Tod haben sich viele Dinge geändert, und er muß mich erst so kennenlernen, wie ich jetzt bin. Ich fürchte, es wird nicht leicht für ihn sein.«
»Und für dich auch nicht«, fügte Shia sanft hinzu.
Die Magusch sah den Schwertkämpfer an, bis die Spannung, die in der Luft lag, kaum noch auszuhalten war.
»Ich weiß deine Erfahrung zu würdigen, Forral«, sagte Aurian fest, »aber dies ist eine Angelegenheit der Magie und kein Krieg unter Sterblichen. Ich weiß mehr über unseren Feind – und über die Artefakte – als irgend jemand sonst. Ich bin durchaus bereit, Ratschläge anzunehmen, aber die Entscheidung wird immer bei mir liegen, und damit ist die Sache erledigt.«
»Damit ist die Sache nicht erledigt«, tobte Forral. »Bei allen Göttern, Aurian, ich habe dich großgezogen! Ich habe es nicht nötig, mir so etwas von dir anzuhören!«
Aurian hob das Kinn und sah ihm direkt in die Augen. »Das ist wahr«, sagte sie gelassen, »das brauchst du nicht. Es steht dir frei, jederzeit zu gehen.«
Forral starrte sie mit offenem Mund an. »Was? Und wohin, bitte schön, soll ich gehen? Glaubst du wirklich, ich mache einfach kehrt und lasse zu, daß du dich in alle möglichen Schwierigkeiten bringst?«
»Das liegt bei dir«, antwortete Aurian ungerührt, »aber wenn du bleibst, möchte ich kein Wort mehr über diese Angelegenheit hören. Du hast mir selbst vor langer Zeit beigebracht, daß es niemals gleichzeitig mehr als zwei Kommandanten geben kann.«
Forral sah sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. »Das habe ich gesagt«, erwiderte er leise. »Das habe ich gesagt. Also, was machen wir jetzt, Kommandant? Hier unten herumlungern, bis wir vor Hunger und Kälte sterben?«
Aurian knirschte mit den Zähnen. Sie wollte verdammt sein, wenn sie sich von ihm in Rage bringen ließ. »Wir brauchen Informationen«, sagte sie. »Wir wissen weder, wie lange wir von Nexis weg waren, noch, wer jetzt, da die Magusch fort sind, die Stadt beherrscht.«
Grince, der die ganze Zeit über vergessen in seiner Nische gestanden hatte, sah voller Ehrfurcht, wie die Magusch das Geschöpf in der Ecke befreite. Dies war also die legendäre Lady Aurian, die so lange Jahre verschollen gewesen war! Der alte Hargorn hatte oft mit großer Zuneigung und echtem Bedauern von ihr erzählt. Sie war gut zu ihm gewesen und hatte ihn geheilt – und der junge Dieb bewunderte die Gelassenheit, mit der sie dem anderen Magusch die Stirn bot, als dieser versuchte, sie zu beeinflussen. Obwohl ihm sein gesunder Menschenverstand sagte, daß es ein schwerer Fehler wäre, sich in die Angelegenheiten der Magusch einzumischen, wollte er sich für ihre Hilfe revanchieren – und außerdem würde mit dieser Frau ein wenig Magie in sein hartes und brutales Leben kommen. Und diesen Zauber wollte er nicht so bald wieder verlieren.
»Lady, ich kann euch helfen«, sagte er, bevor er selber wußte, wie ihm geschah. »Ich kann euch alles sagen, was ihr wissen wollt.«
11
Die Stadt der fliegenden Pferde
Aus der Luft schien es
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