Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison

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Peitsche angetrieben hat, nicht unbemerkt geblieben ist. Der Hafenmeister sagt, Kenton habe nach einem der Ruderboote verlangt und ihm dann befohlen, zur Bibliothek zu laufen und beim Löschenzu helfen.« Sie wartete nicht ab, was Hadrian dazu sagen würde, sondern holte einfach den Hammer und schlug das Schloss in Stücke.
    Die niedrige lange Kammer war mit Birkenholz vertäfelt, das nicht nur für Trockenheit sorgte, sondern auch merkwürdig zu leuchten schien. Als Hadrian mit der Laterne aus der Küche zurückkehrte, war Waller bereits hineingekrochen und kniete neben einer Kiste Whiskey.
    »Die Flaschen sind ihr Gewicht in Kupfer wert«, stellte er fest.
    Darüber hinaus befand sich in dem Versteck nur noch ein weiterer Behälter, eine hölzerne Kiste, die so sorgfältig wie ein Schrank gearbeitet war, mit Griffen auf allen Seiten und einem Deckel, der sich in sorgsam geglätteten Nuten mühelos aufschieben ließ. Das Ding erinnerte Hadrian an eine überdimensionale Kerzenbox.
    Im Innern steckten mehr als zweihundert kleine Zylinder in Holzrahmen zu jeweils zwei Dutzend Stück. Jori fasste eines der kurzen und dicken Objekte am Messingboden, nahm es heraus und sah Hadrian fragend an.
    »Schrotpatronen«, erklärte er, hob das oberste Gestell an und zog einen Zylinder aus der Schicht darunter. »So viel Munition auf einem Haufen habe ich nicht mehr gesehen, seit … in all den Jahren. Eine dieser Patronen reicht aus, um einen Menschen zu töten. Sogar zwei oder drei, falls sie dicht nebeneinanderstehen.«
    Die Patrone in Joris Hand war alt, und das vertraute Plastikgehäuse ließ Hadrian an einstige Jagdausflüge zurückdenken. Die Patrone in seiner Hand hingegen war neu. Man hatte die alte Zündkapsel aus Messing mit einer Hülse aus braun gesprenkeltem Wachskarton kombiniert. Jemand hortete nicht nur einfach Munition. Er stellte sie illegal her.
    »Der Gouverneur behauptet, er habe inzwischen genügendSchusswaffen für fast alle seine Polizisten«, erklärte Hadrian. »Aber das dürften die verschiedensten Exemplare sein. Unterschiedliche Kaliber, andersartige Modelle. Und als einzige Munition vermutlich das, was zufällig noch in der Trommel oder im Magazin gesteckt hat.«
    »Die Patronen reichen kaum, um auch alle Waffen laden zu können«, bestätigte Waller. In ihrem Blick lag Furcht. Sie schien allmählich zu verstehen. Das zusammengewürfelte Waffenarsenal der Polizei von Carthage bot wenig Schutz gegen Schrotflinten mit unbegrenzter Munition.
    Hadrian setzte sich hin, lehnte sich gegen die Wand, nahm eine der unersetzlichen Flaschen Whiskey, öffnete sie und trank einen großen Schluck. Er hatte in der Wohnung des toten Scouts mit einer Überraschung gerechnet, aber nicht mit so etwas. Buchanan hatte gesagt, der kleine offizielle Bestand an Schrotflinten sei verschwunden. Die böse Vorahnung kroch wie ein kaltes lebendiges Ding an Hadrians Wirbelsäule empor.
    »Mit diesem Vorrat hier«, sagte er, »ließe sich ein Krieg anfangen.«

K APITEL FÜNF
    Hadrian war schon so oft ins Gefängnis verfrachtet worden, dass die Wärter kaum reagierten, als Sergeant Waller ihn zum Eingang hineinstieß. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt.
    »Ich brauche eine ruhige Zelle«, verkündete sie und nahm einen langen Knüppel von dem Gestell neben der Tür. »Ein Sonderauftrag des Gouverneurs. Und ich wünsche bei meiner Arbeit nicht gestört zu werden.«
    Der Oberaufseher, ein weißhaariger Überlebender, blickte von seinen Spielkarten auf. »Boone.« Er spie Hadrians Namen wie eine Verwünschung aus. »Der beste Raum für ein Verhör liegt in der hinteren Ecke der ersten Etage, aber der ist zurzeit für unsere Brikett-Gäste reserviert. Die Zelle daneben dürfte ausreichen, obwohl ich für Ruhe nicht garantieren kann. Die Schlampe da oben singt gern. Die jault wie eine rollige alte Katze.« Er wies auf einen Schlüsselring an einem Haken und winkte sie durch. Waller stieß Hadrian erneut voran, was einen der Wärter auflachen ließ. Sie stiegen die Treppe in der Mitte des Gebäudes empor und gingen direkt zu der Zelle in der Ecke.
    Der Mann und die Frau darin lagen nicht schlafend am Boden, sondern eher halb bewusstlos. Ihre Vernehmung war alles andere als schonend verlaufen. Waller nahm Hadrian die Handschellen ab. Er richtete die kahlköpfige Frau behutsamin eine sitzende Position auf und lehnte sie an die Wand. Ihr Gesicht war grün und blau geschlagen, die Lippen aufgeplatzt und geschwollen.
    »Nelly«,