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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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»Wie nah genau stehen Sie und der Gouverneur sich?«, fragte er jählings.
    Sie brauchte einen Moment, um die Tragweite der Frage zu erfassen. Ihr Mund verzog sich vor Wut. »Zum Teufel mit Ihnen!«
    Er sah sie nur an.
    »Der Gouverneur war dagegen, dass ich zur Polizei zugelassen werde«, erklärte sie mit brüchiger Stimme. »Als einige der Ratsmitglieder sich für mich einsetzten, gelangte er zu dem Schluss, ich müsse wohl politische Beziehungen haben und sei daher ernst zu nehmen. Er hat ein kleines Team, das besondere Aufträge für ihn erledigt, sein Rollkommando, wie er es nennt. Björn und zwei oder drei andere. Ich bin mit einer Theorie über den Schmuggel zu ihm gegangen und habe ihm einen Vorschlag gemacht. Daraufhin hat er beschlossen, mich vorsprechen zu lassen.«
    »Was für eine Theorie?«
    »Schmuggeln ist seit jeher etwas für Leute mit Unternehmungsgeist gewesen. Falls jemand keine Arbeit, aber genug Mumm in den Knochen hatte, konnte er mit einem einzigen Trip ins Ruinengebiet genug Geld machen, um ein Jahr über die Runden zu kommen. Nachdem der Gouverneur seineVereinbarung mit der Handels-Innung getroffen hatte, kamen zwar mehr Güter auf den zugelassenen Kanälen herein, doch es tauchten auch immer mehr gefälschte Steuersiegel auf. Der Schmuggel fand in wesentlich größerem Maßstab statt.«
    »Sie meinen, er wurde besser organisiert. Das Abkommen mit der Handels-Innung diente den etwas geschickteren Schmugglern als Tarnung.«
    »Niemand störte sich daran. Die öffentlichen Einnahmen stiegen und ermöglichten die Finanzierung der neuen Projekte der Kolonie.«
    »Buchanan sah also keine Veranlassung, am Status quo zu rütteln.« Er neigte den Kopf. »Bis Sie mit den Beweisen angekommen sind. Und er wusste, dass Sie das Ohr von mindestens einem Ratsmitglied hatten. Falls nicht er Ihnen zuhören würde, dann eben Emily.«
    »Die Polizei war angewiesen worden, sich nicht mehr um den Handel mit Bergungsgütern zu kümmern. Was gut für die Innungen war, war gut für die Kolonie.«
    »Wie haben Ihre Beweise denn im Einzelnen ausgesehen?«
    »Aufgrund meiner Tätigkeit für das Gericht galt ich als Expertin für offizielle Unterlagen. Die leitende Beamtin der Fischereiverwaltung kam zu mir, weil sie die Eigentumsurkunden von drei der Boote nicht finden konnte. Ich ging zu ihrer pensionierten Vorgängerin, die die Urkunden damals ausgestellt hatte, und sie konnte sich noch gut erinnern. Die Boote gehören Firmen, die von dem Holländer kontrolliert werden, und Kapitän Fletcher chartert sie dort. Falls man sehr große Gegenstände einschmuggeln will, muss man dafür Boote benutzen. Ich bin einige Wochen lang nachts auf Patrouille mitgefahren. Bei vier verschiedenen Gelegenheiten kamen Boote noch vor Tagesanbruch herein und wurden von diesen großen Eiswagen erwartet. Ich meldete dem Gouverneur,dass weder Eis ausgeladen noch Fisch in die Fabrik transportiert worden sei. Und ich schlug vor, Fletcher müsse von unserer Überwachung erfahren, einfach nur, um ihm einen Dämpfer zu verpassen. Vielleicht sollten wir ihm sagen, wir hätten Grund zu einer genauen Buchprüfung.« Waller verstummte, runzelte die Stirn und warf ihm einen Seitenblick zu. Sie hatte nicht beabsichtigt, so viel preiszugeben.
    Hadrian dachte über ihre Worte nach. Er kniete sich vor den Karton und hielt ein paar Löffel hoch. »Mehr fördert Ihr überragender Geist nicht zutage?«, fragte er und legte die Löffel zurück. »Ein paar Pfund Besteck und Gewürze? Ich könnte ein Dutzend Verstecke mit besserer Schmuggelware finden.«
    Die Polizistin musterte ihn einen Moment und versuchte zu verstehen. »Die Sachen sind es nicht wert, deswegen umgebracht zu werden, meinen Sie?« Sie sah sich im Zimmer um. »Was bleibt denn noch?«
    Er zeigte auf das Bett. Es war speziell angefertigt worden, aus dickem Holz und mit einem sperrigen Kopfteil. Und es verdeckte den größten Teil der Wand, vor der es stand. Sie mühten sich ab, es von der Stelle zu bewegen, Zentimeter um Zentimeter, bis sie hinter dem Kopfteil etwas entdeckten. Mit einer letzten Anstrengung schoben sie das Bett weit genug weg und legten dadurch eine kleine halbhohe Tür frei, die mit einem weiteren Vorhängeschloss gesichert war. Hadrian sah Waller an. Er rechnete damit, dass sie aufhören und Hilfe holen würde.
    Doch sie starrte unverwandt das Schloss an. »Während des Brandes war auf den Straßen kaum etwas los, so dass jemand auf einem Karren, der sein Pferd mit der

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