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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Noch nie hat uns ein Lehrer gesagt, warum. Wenn man fragte, wurde einem auf den Kopf gehauen. Hoppy nennt uns nicht Idioten, und wenn man was fragt, kriegt er keinen Wutanfall. Er ist der einzige Lehrer, der mittendrin aufhört und sagt, habts ihr verstanden, wovon ich spreche? Wollts ihr eine Frage stellen?
    Es ist für alle ein Schock, als er sagt, die Schlacht von Kinsale im Jahre sechzehnhundertnulleins war das traurigste Datum der irischen Geschichte, eine Schlacht mit knappem Ausgang und Grausamkeit und Greueltaten auf beiden Seiten.
    Grausamkeit auf beiden Seiten? Auf der irischen Seite auch? Wie konnte das sein? Alle anderen Lehrer haben uns gesagt, daß die Iren immer nobel gefochten, immer fair gekämpft haben. Er sagt auf, und wir müssen uns merken:
    Sie fielen im Kampfe, sie kämpften mit Mut,
Die Augen stets über den finsteren Schilden.
Kühn kämpften und edel sie, aber nicht gut,
Und ließen, als wären verhext sie, ihr Blut. Ref 29
    Wenn sie verloren haben, dann lag das an Verrätern und Spitzeln. Aber ich möchte etwas über diese irischen Greueltaten erfahren.

    Sir, haben die Iren in der Schlacht von Kinsale Greueltaten begangen?
    Ja, allerdings. Es ist verzeichnet, daß sie Gefangene umgebracht haben, aber sie waren weder besser noch schlimmer als die Engländer.
    Mr. O’Halloran kann nicht lügen. Er ist der Schulleiter. All die Jahre hat man uns erzählt, daß die Iren immer nobel waren, und tapfere Reden haben sie gehalten, bevor die Engländer sie hängten. Jetzt sagt Hoppy O’Halloran, die Iren hätten schlimme Sachen gemacht. Als nächstes wird er sagen, die Engländer hätten gute Sachen gemacht. Er sagt, ihr müßt studieren und lernen, damit ihr in Geschichte und allem anderen euren eigenen Kopf habt, und was nützt es, einen eigenen Kopf zu haben, wenn der Kopf leer ist? Richtet euren Kopf ein, richtet euren Kopf ein. Er ist eure Schatzkammer, und niemand auf der Welt kann sich da einmischen. Wenn ihr im irischen Pferdelotto gewonnen hättet, und ihr hättet euch ein Haus gekauft, das Möbel braucht, würdet ihr es mit Schrott und Scherben und Unrat füllen? Euer Kopf ist euer Haus, und wenn ihr ihn mit Unrat aus den Kinos füllt, wird dieser in eurem Kopf vergammeln. Ihr mögt arm sein, eure Schuhe mögen kaputt sein, aber euer Kopf ist ein Palast.
    Er ruft uns einen nach dem anderen nach vorn und sieht unsere Schuhe an. Er will wissen, warum sie kaputt sind oder warum wir gar keine
Schuhe haben. Er sagt uns, dies ist eine Schande, und er wird eine Tombola veranstalten, und von dem Geld, das dadurch hereinkommt, kriegen wir dann festes, warmes Schuhwerk für den Winter. Er gibt uns Billetthefte, und wir schwärmen für den Leamy-Schul-Schuh-Fonds in ganz Limerick aus, erster Preis fünf Pfund, fünf zweite Preise je ein Pfund. Elf Jungens ohne Schuhe kriegen neue Schuhe. Malachy und ich kriegen keine, weil wir schon Schuhe an den Füßen haben, auch wenn die Sohlen abgelatscht sind, und wir fragen uns, warum wir durch ganz Limerick gerannt sind und Lose verkauft haben, damit andere Jungens Schuhe kriegen. Fintan Slattery sagt, für Werke der Nächstenliebe erlangen wir vollkommenen Ablaß, und Paddy Clohessy sagt, Fintan, kannst du bitte mal scheißen gehen, und zwar ganz für dich allein.
     
     
    Ich weiß, wann Dad das Böse tut. Ich weiß, wann er das Stempelgeld vertrinkt und Mam verzweifelt ist und bei der Gesellschaft vom Hl. Vincent de Paul betteln muß und in Kathleen O’Connells Laden anschreiben lassen muß, aber ich will ihn nicht im Stich lassen und zu Mam rennen. Wie kann ich das, wenn ich jeden Morgen mit ihm zusammen aufstehe, und die ganze Welt schläft noch? Er macht das Feuer an und macht den Tee
und singt sich was vor oder liest mir mit einem Flüstern, von dem die übrige Familie nicht aufwacht, die Zeitung vor. Mikey Molloy hat Cuchulain gestohlen, der Engel von der siebten Stufe ist woandershin geflogen, aber mein Vater am Morgen gehört immer noch mir. Er kriegt die Irish Press schon ganz früh und erzählt mir von der Welt, von Hitler, Mussolini, Franco. Er sagt, dieser Krieg geht uns nichts an, die Engländer machen nur wieder ihre Mätzchen. Er erzählt mir von dem großen Roosevelt in Washington und dem großen De Valera in Dublin. Morgens haben wir die Welt für uns, und er sagt mir nie, ich soll für Irland sterben. Er erzählt mir von den alten Zeiten in Irland, als die Engländer nicht wollten, daß die Katholiken Schulen haben, weil sie wollten,

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