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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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daß das Volk unwissend blieb; daß die katholischen Kinder sich in sogenannten Heckenschulen trafen, weit draußen auf dem Land, wo sie Englisch, Irisch, Latein und Griechisch lernten. Die Menschen liebten das Lernen. Sie liebten Geschichten und Gedichte, auch wenn ihnen das nicht half, einen Job zu finden. Männer, Frauen und Kinder versammelten sich in Gräben, um diese großen Lehrer zu hören, und jeder fragte sich, wieviel ein einzelner Mensch in seinem Kopf tragen kann. Die Lehrer riskierten ihr Leben, wenn sie von Graben zu Graben und von Hecke zu Hecke gingen, denn wenn die Engländer
sie beim Unterrichten erwischten, konnte ihnen blühen, daß sie in ausländische Gefilde transportiert wurden oder Schlimmeres. Er sagt mir, heute ist die Schule leicht, man braucht nicht mehr in einem Graben zu sitzen, um Rechnen oder die ruhmreiche Geschichte Irlands zu lernen. Ich soll gut in der Schule sein, und eines Tages werde ich zurück nach Amerika gehen und mir einen Job besorgen, den man nicht im Freien ausübt, wo ich an einem Schreibtisch sitze, mit zwei Füllfederhaltern in der Tasche, einem roten und einem blauen, und Entscheidungen treffe. Ich werde aus dem Regen raus sein und einen Anzug und Schuhe und eine warme Wohnung haben, und was will ein Mann denn mehr. Er sagt, in Amerika kannst du alles werden, es ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Du kannst in Maine Fischer werden oder Farmer in Kalifornien. Amerika ist nicht wie Limerick, ein graues Nest mit einem mörderischen Fluß. Wenn man seinen Vater beim Feuer morgens für sich allein hat, braucht man weder Cuchulain noch den Engel von der siebten Stufe oder sonstwas.
    Abends hilft er uns bei unseren Übungen. Mam sagt, in Amerika nennen sie das Schularbeiten, aber hier sind es Übungen, Rechnen, Englisch, Irisch, Geschichte. Bei Irisch kann er uns nicht helfen, weil er aus dem Norden ist und es ihm an der Muttersprache gebricht. Malachy bietet
ihm an, daß er ihm alle irischen Wörter beibringt, die er weiß, aber Dad sagt, es ist zu spät, ein alter Hund lernt kein neues Gebell mehr. Vor dem Zubettgehen sitzen wir um das Feuer, und wenn wir sagen, Dad, erzähl uns eine Geschichte, erfindet er eine über jemanden in der Gasse, und die Geschichte führt uns um die ganze Welt, hoch in die Luft, unter die Meeresoberfläche und zurück in die Gasse. Jeder in der Geschichte hat eine andere Farbe, und alles steht auf dem Kopf und geht andersrum. Autos und Flugzeuge fahren unter Wasser, und U-Boote fliegen durch die Luft. Haifische sitzen auf Bäumen, und riesige Lachse tollen mit Känguruhs auf dem Mund herum. Eisbären ringen mit Elefanten in Australien, und Pinguine bringen Zulus bei, wie man Dudelsack spielt. Nach der Schule nimmt er uns mit nach oben und kniet neben uns, während wir unsere Gebete sprechen. Wir sagen das Vaterunser, drei Ave-Maria, Gott segne den Papst, Gott segne Mam, Gott segne unsere tote Schwester und die toten Brüder, Gott segne Irland, Gott segne De Valera, und Gott segne jeden, der Dad einen Job gibt. Er sagt, schlaft jetzt, Jungs, denn der heilige Gott sieht euch, und Er weiß immer, wenn ihr nicht artig seid.
    Ich glaube, mein Vater ist wie die Heilige Dreifaltigkeit mit drei Menschen in sich, der eine am Morgen mit der Zeitung, der eine am Abend mit
den Geschichten und den Gebeten, und der eine, der das Böse tut und mit dem Geruch nach dem Whiskey nach Hause kommt und will, daß wir für Irland sterben. Ich bin traurig über das Böse, aber ich kann ihn nicht im Stich lassen, weil der am Morgen mein richtiger Vater ist, und wenn ich in Amerika wäre, könnte ich sagen, ich liebe dich, Dad, wie sie das in den Filmen machen, aber in Limerick kann man das nicht sagen, weil man Angst haben muß, daß sie einen auslachen. Erlaubt ist, wenn man sagt, daß man Gott liebt und Babys und Pferde, die als erste reinkommen, aber alles andere ist Spinnkram.
     
     
    Bei Tag und Nacht werden wir in dieser Küche von Leuten gepeinigt, die ihren Eimer ausleeren. Mam sagt, nicht der Shannon wird uns umbringen, sondern der Gestank von dem Klo vor der Tür. Im Winter ist es schon schlimm genug, wenn alles überläuft und unter unserer Tür durchfließt, aber noch schlimmer ist es bei warmem Wetter, wenn es Fliegen und Schmeißfliegen und Ratten gibt.
    Gleich neben dem Klo steht ein Stall, wo sie das große Pferd von Gabbett’s Kohlenhandlung haben. Es heißt Finn-das-Pferd, und wir lieben es alle, aber der Stallmensch von der

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