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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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schicken, und den Rest spart er, um sie und die Familie nach England zu holen, wo es ihnen in einem Zimmer in Cricklewood viel besser ergehen wird als in zehn Zimmern am Arthur’s Quay. Sie wird ganz leicht einen Job kriegen, keine Sorge. Man müßte schon ein ziemlich trauriger Fall sein, wenn man in einem Land keinen Job kriegt, welches sich im Kriege befindet, besonders wo jetzt die Yanks hereinströmen
und rechts und links Geld ausgeben. Paddy selbst plant, sich mitten in London einen Job zu besorgen, wo die Yanks Trinkgelder geben, groß genug, um eine sechsköpfige irische Familie eine Woche lang durchzufüttern.
    Mrs. Clohessy sagt, endlich haben wir genug Geld für Essen und Schuhe, Gott und Seiner Gebenedeiten Mutter sei Dank. Ihr werdet nie erraten, wen Paddy drüben in England getroffen hat, vierzehn Jahre alt und mit Arbeit wie ein Mann. Brendan Quigley, den ihr Frage genannt habt. Er arbeitet und spart, damit er zu den Mounties gehen kann und wie Nelson Eddy durch ganz Kanada reiten und dabei I’Il be calling youuuh-uuhuuh-uuh-uuh-uuh singen kann. Wenn Hitler nicht wäre, wären wir alle tot, gräßlich, wenn man so was sagen muß. Und wie geht es deiner armen Mutter, Frankie?
    Großartig, Mrs. Clohessy.
    Ist doch gar nicht wahr. Ich habe sie in der Armenapotheke gesehen, und sie sieht schlechter aus als mein Dennis damals im Bett. Du mußt dich um deine arme Mutter kümmern. Du siehst ebenfalls verzweifelt schlecht aus, Frankie, mit den zwei roten Augen, die dir aus dem Kopf starren. Hier ist ein kleines Trinkgeld für dich. Drei Pence. Kauf dir was Süßes.
    Ja, Mrs. Clohessy.
    Dann tu’s auch.

     
     
    Am Ende der Woche überreicht mir Mrs. O’Connell den ersten Wochenlohn meines Lebens, ein Pfund, mein erstes Pfund. Ich renne die Treppe hinunter und hinauf zur O’Connell Street, der Hauptstraße, wo die Lichter an sind und die Menschen von der Arbeit nach Hause gehen, Menschen wie ich, mit einem Wochenlohn in der Tasche. Sie sollen wissen, daß ich einer bin wie sie, daß ich ein Mann bin, daß ich ein Pfund habe. Ich gehe die O’Connell Street auf der einen Seite hinauf und auf der anderen wieder herunter und hoffe, daß sie mich bemerken. Sie bemerken mich nicht. Ich will der Welt mit meiner Pfundnote zuwinken, damit alle sagen, da geht er, Frankie McCourt, der Arbeitsmann, mit einem Pfund in der Tasche.
    Es ist Freitagabend, und ich kann machen, was mir paßt. Ich kann Fisch mit Fritten essen und ins Lyric Cinema gehen. Nein, nie wieder ins Lyric. Ich will nicht mehr oben auf dem Olymp sitzen, bei Leuten, die den Indianern zujubeln, wenn sie General Custer umbringen, und den Afrikanern, wenn sie Tarzan durch den ganzen Urwald jagen. Ich kann jetzt ins Savoy gehen und Sixpence für einen Platz ganz vorne bezahlen, wo eine bessere Klasse von Menschen sitzt, die Pralinen aus der Schachtel ißt und beim Lachen die Hand vor den Mund hält. Nach dem Film kann ich eine Treppe höher im Restaurant Tee trinken und Rosinenbrötchen essen.

    Michael ist auf der anderen Straßenseite und ruft mich. Er hat Hunger und will wissen, ob wohl die Möglichkeit besteht, daß er zum Abt geht und ein Stück Brot kriegt und über Nacht bleiben kann, anstatt den ganzen Weg zu Laman Griffin zurückzugehen. Ich sage ihm, er braucht sich wegen Brot keine Sorgen zu machen. Wir werden ins Coliseum Café gehen und Fisch mit Fritten essen, soviel er will, jede Menge Limonade, und danach sehen wir uns Yankee Doodle Dandy mit James Cagney an und essen zwei große Tafeln Schokolade. Nach dem Film trinken wir Tee und essen Rosinenbrötchen, und den ganzen Weg bis zum Abt singen und tanzen wir wie Cagney. Michael sagt, es muß toll sein, in Amerika zu sein, wo die Menschen nichts anderes zu tun haben als zu singen und zu tanzen. Er schläft schon halb, aber er sagt, eines Tages geht er hin, um zu singen und zu tanzen, und ob ich ihm helfen kann, daß er da hinkommt, und als er eingeschlafen ist, fange ich an, über Amerika nachzudenken, und wie ich Geld für meine Überfahrt sparen muß, anstatt es an Fisch mit Fritten und Rosinenbrötchen mit Tee zu verschwenden. Ich werde ein paar Shilling von meinem Pfund sparen müssen, denn wenn ich das nicht tue, werde ich ewig in Limerick bleiben. Ich bin jetzt vierzehn, und wenn ich jede Woche etwas spare, bin ich bestimmt etwa im Alter von zwanzig in der Lage, nach Amerika zu gehen.

    Es gibt Telegramme für Büros, Läden, Fabriken, wo keine Hoffnung auf ein Trinkgeld besteht.

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