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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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nirgends mehr blicken lassen und muß auf ewig in der Hölle schmoren, gequält von Teufeln, die nichts Besseres zu tun haben, als mich mit glühenden Mistgabeln zu piksen, bis ich nicht mehr kann.
    Ich versuche, Willies Beichte zu hören, als er hineingeht, aber ich höre nur ein Zischen vom Priester, und als Willie wieder herauskommt, weint er.
    Jetzt bin ich dran. Der Beichtstuhl ist dunkel, und über meinem Kopf hängt ein großes Kruzifix. Ich kann hören, wie ein anderer Junge auf
der anderen Seite seine Beichte murmelt. Ich frage mich, ob es wohl Sinn hat, wenn ich versuche, mit dem Engel auf der siebten Stufe zu sprechen. Ich weiß, daß er in Beichtstühlen überhaupt nichts zu suchen hat, aber ich spüre das Licht in meinem Kopf, und die Stimme sagt zu mir, nicht sollst du dich fürchten.
    Das Brett gleitet vor meinem Gesicht zur Seite, und der Priester sagt, ja, mein Kind?
    Segnen Sie mich, Vater, denn ich habe gesündigt. Dies ist meine erste Beichte.
    Ja, mein Kind, und welche Sünden hast du begangen?
    Ich habe gelogen. Ich habe meinen Bruder geschlagen. Ich habe meiner Mutter einen Penny aus dem Portemonnaie gestohlen. Ich habe geflucht.
    Ja, mein Kind. Noch etwas?
    Ich … Ich … habe einer Geschichte über Cuchulain und Emer gelauscht.
    Das ist gewißlich keine Sünde, mein Kind. Immerhin versichern uns verschiedene Autoren, daß Cuchulain sich in seinen letzten Augenblikken zum Katholizismus bekehrte, wie übrigens sein König, Conor MacNessa, ebenfalls.
    Es geht um Emer, Herr Pfarrer, und wie sie ihn geheiratet hat.
    Und wie war das, mein Kind?
    Sie hat ihn bei einem Wettpissen gewonnen.

    Man hört schweres Atmen. Der Priester hat die Hand vor den Mund gelegt und macht Geräusche, als wenn er gleich erstickt, und murmelt vor sich hin, heilige Maria Muttergottes.
    Wer … wer … hat dir diese Geschichte erzählt, mein Kind?
    Mikey Molloy, Herr Pfarrer.
    Und wo hat er die gehört?
    Er hat sie in einem Buch gelesen, Herr Pfarrer. Aha, in einem Buch. Bücher können für Kinder gefährlich sein, mein Kind. Vergiß diese albernen Geschichten, und denke lieber an die Heiligen und wie sie gelebt haben. Denke an den heiligen Joseph, an die Kleine Blume, an den lieben, sanften heiligen Franziskus von Assisi, der die Vögel im Himmel liebte und die Kreaturen auf der Erde. Wirst du das tun, mein Kind?
    Ja, Herr Pfarrer.
    Gibt es noch andere Sünden, mein Kind?
    Nein, Herr Pfarrer.
    Zur Buße sagst du drei Ave-Maria, drei Vaterunser, und für mich sprichst du auch ein Gebet.
    Gern, Herr Pfarrer … Herr Pfarrer, war das die schlimmste Sünde?
    Nein, mein Kind, du hast noch viel vor dir. Jetzt sprich ein Bußgebet und denk daran, daß unser Herr dich zu jeder Minute beobachtet. Gott segne dich, mein Kind.

     
     
    Der Tag der hl. Erstkommunion ist der schönste Tag im ganzen Leben, weil danach die Kollekte und James Cagney im Lyric Cinema kommen. Ich war die ganze Nacht so aufgeregt, daß ich erst gegen Morgen eingeschlafen bin. Ich würde immer noch schlafen, wenn meine Oma nicht gegen die Tür geballert hätte. Aufstehen! Aufstehen! Schmeißts doch mal das Kind aus dem Bett. Der schönste Tag seines Lebens, und er schnarcht oben im Bett.
    Ich bin in die Küche gerannt. Zieh das Hemd aus, hat sie gesagt. Ich habe das Hemd ausgezogen, und sie hat mich in eine Zinkwanne mit eiskaltem Wasser gesteckt. Meine Mutter hat mich geschrubbt, meine Großmutter hat mich geschrubbt. Ich war wund- und rotgeschrubbt.
    Sie haben mich abgetrocknet. Sie haben mir meinen schwarzen Erstkommunionssamtanzug mit dem weißen Rüschenhemd, der kurzen Hose, den weißen Strümpfen und den schwarzen Lackschuhen angezogen. Um den Arm gab es eine weiße Satinschleife und ans Revers das Heilige Herz Jesu, aus dem unten Blut herausgetropft kam, und ringsum loderten Flammen, und obendrauf war eine ziemlich übel aussehende Dornenkrone.
    Komm her, ich kämm dich, sagte Oma. Seht euch diesen Mop an, so was von widerborstig. Den hast du aber nicht von meiner Seite der Familie.
Das ist das nordirische Haar, das hast du vom Vater. Das ist die Art Haar, die man an Presbyterianern sieht. Wenn deine Mutter einen properen, anständigen Limerickmann geheiratet hätte, hättest du jetzt nicht dies strubbelige nordirische Presbyterianerhaar.
    Sie spuckte mir zweimal auf den Kopf.
    Oma, hörst du bitte auf, mir auf den Kopf zu spucken.
    Wenn du was zu sagen hast, halt den Mund. Ein bißchen Spucke bringt dich schon nicht um. Los, wir kommen noch

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