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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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zu spät in die Messe.
    Wir rannten zur Kirche. Meine Mutter keuchte hinterher, mit Michael in den Armen. Wir sind gerade noch rechtzeitig in die Kirche gekommen; der letzte Junge verließ eben die Kommunionbank. Der Priester stand mit Kelch und Hostie da und starrte mich feindselig an. Dann legte er mir die Oblate auf die Zunge, den Leib und das Blut Christi. Endlich, endlich.
    Sie liegt auf meiner Zunge. Ich ziehe die Zunge ein.
    Sie klebte fest.
    Ich hatte Gott am Gaumen kleben. Ich konnte die Stimme des Lehrers hören, kommt bloß nicht mit der Hostie gegen die Zähne, denn wenn ihr Gott entzweibeißt, werdet ihr in Ewigkeit in der Hölle rösten.
    Ich versuchte, Gott mit der Zunge abzukriegen,
aber der Priester fauchte mich an, hör auf zu schnalzen und geh zurück an deinen Platz.
    Gott war gut zu mir. Er schmolz, und ich schluckte ihn hinunter, und jetzt, endlich, war ich ein Mitglied der alleinseligmachenden Kirche, ein offizieller Sünder.
    Als die Messe zu Ende war, standen sie an der Kirchentür, meine Mutter mit Michael auf den Armen, meine Großmutter. Alle umarmten mich und drückten mich an ihren Busen. Sie sagten mir alle noch mal, daß dies der schönste Tag meines Lebens ist. Sie weinten mir alle auf den Kopf, und nach dem Beitrag meiner Großmutter heute morgen war mein Kopf ein Morast.
    Mam, darf ich jetzt weg und die Kollekte machen?
    Sie sagte, zuerst gibt es ein kleines Frühstück.
    Nein, sagte Oma. Du machst keinerlei Kollekte, bevor du nicht bei mir zu Hause ein anständiges Erstkommunionsfrühstück bekommen hast. Los.
    Wir folgten ihr.
    Sie dröhnte und schepperte mit Töpfen und Pfannen und beschwerte sich, daß die ganze Welt von ihr erwartet, daß sie, Oma, nach ihrer, der Welt, Pfeife tanzt.
    Ich aß das Ei, ich aß das Würstchen, und als ich mir mehr Zucker für meinen Tee nehmen wollte, haute sie mir die Hand weg.
    Sachte mit dem Zucker. Hältst du mich für eine
Millionärin? Eine Amerikanerin? Glaubst du, ich bin über und über mit glitzernden Juwelen geschmückt? Bis zum Ersticken in modische Pelze gehüllt?
    Das Essen in meinem Bauch strebte nach oben. Ich würgte. Ich rannte in ihren Hinterhof und brach alles aus. Sie kam mir nach.
    Seht euch an, was er gemacht hat. Sein Erstkommunionsfrühstück erbrochen. Leib und Blut Jesu Christi erbrochen. Ich habe Gott auf dem Hinterhof. Was soll ich bloß tun? Ich werd ihn mit zu den Jesuiten nehmen, denn die wissen noch mehr als der Papst.
    Sie zerrte mich durch die Straßen von Limerick. Sie berichtete den Nachbarn und fremden Passanten von Gott auf ihrem Hinterhof. Sie stieß mich in den Beichtstuhl.
    Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Segnen Sie mich, Vater, denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte liegt einen Tag zurück.
    Einen Tag? Und welche Sünden hast du an einem Tag begangen, mein Kind?
    Ich habe verschlafen. Ich habe beinahe meine Erstkommunion verpaßt. Meine Großmutter sagt, ich habe widerborstiges, nordirisches Presbyterianerhaar. Ich habe mein Erstkommunionsfrühstück erbrochen. Jetzt sagt Oma, sie hat Gott auf dem Hinterhof, und was soll sie jetzt tun.

    Der Priester ist genau wie der Erstkommunionspriester. Das gleiche schwere Atmen und die Erstickungsgeräusche.
    Ähh … äh … Sag deiner Großmutter, sie soll Gott mit Wasser abwaschen, und als Buße sprichst du ein Ave-Maria und ein Vaterunser. Sprich für mich auch noch ein Gebet, und Gott segne dich, mein Kind.
    Oma und Mam warteten in der Nähe des Beichtstuhls. Oma sagte, hast du diesem Priester im Beichtstuhl Witze erzählt? Wenn ich je erfahre, daß du Jesuiten Witze erzählt hast, reiße ich dir deine Nieren aus dem Leibe, bei Gott. Also, was hat er über Gott auf meinem Hinterhof gesagt?
    Er hat gesagt, du sollst Ihn mit Wasser abwaschen, Oma.
    Weihwasser oder normales?
    Hat er nicht gesagt, Oma.
    Dann geh zurück und frag ihn.
    Aber, Oma … Sie stieß mich wieder in den Beichtstuhl.
    Segnen Sie mich, Vater, denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte liegt eine Minute zurück.
    Eine Minute! Bist du der Junge, der gerade da war?
    Ja, Herr Pfarrer.
    Worum geht es denn diesmal?
    Meine Oma sagt, Weihwasser oder normales?

    Normales Wasser, und sag deiner Oma, sie soll mich in Frieden lassen.
    Ich sagte ihr, normales Wasser, Oma, und er hat gesagt, du sollst ihn in Frieden lassen.
    Ihn in Frieden lassen. Dieser ignorante Torftölpel.
    Ich fragte Mam, kann ich jetzt los und die Kollekte machen? Ich will James Cagney

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