Die Asklepios Papiere (German Edition)
ersteigern.
„ Entschuldigen Sie, aber wissen Sie, ob es hier am Hafen ein Wasser-Taxi gibt?“
Der angesprochene schüttelte ungläubig den Kopf. Der salzig fischige Geruch, der den gesamten Platz einhüllte, schlug Hannah auf den nüchternen Magen. Zum zweiten Mal an diesem Tag fühlte sie sich, als müsse sie sich auf der Stelle erbrechen. Dabei gab es hier doch die allerfeinsten Leckereien, von denen ein Fischliebhaber nur träumen konnte. Fangfrisch lagen hier Hummer, Krebse, Austern, Garnelen und beinahe jede Fischsorte, die man auf den Speisekarten der modernen französischen Küche finden konnte, nebeneinander.
Lennard versuchte sein Glück bei einem anderen Händler und erntete diesmal ein lächelndes „Non!“
„ Das wäre ja auch zu einfach gewesen“, dachte Hannah sarkastisch. Verdeckt hinter einem Stapel leerer Kisten spähte sie zurück auf den Parkplatz. Luc Supleé und seine Begleiterin machten keine Anstalten sich zu verstecken. Ruhig und unauffällig kamen sie Schritt für Schritt näher. Würden ihre Verfolger es wagen, Lennard und sie hier vor hunderten von Zeugen zu entführen? Oder vielleicht zu ermorden? Hannah hielt es für das Beste, das nicht herausfinden.
Sie zupfte Lennard am Ärmel. „Wir müssen hier weg!“
Plötzlich klingelte ihr Mobiltelefon. Rufnummer Unbekannt stand auf dem Display. Peter? Boné? Sie nahm das Gespräch entgegen.
„ Hallo Hannah!“, begrüßte sie eine bekannte Stimme: Luc! Woher kannte er ihre Handnummer? Von ihr jedenfalls nicht. Sie blickte über die Schulter nach hinten und sah, dass er weiter in ihre Richtung ging, während er mit ihr sprach.
„ Lass uns in Ruhe!“, bellte sie ins Telefon.
„ Tut mir wirklich sehr leid, aber das geht nicht Hannah und das weißt du auch. Du hast etwas, das dir nicht gehört und ich bin leider gezwungen, dafür zu sorgen, dass es sein rechtmäßiger Besitzer wieder zurückbekommt.“ Seine Stimme klang geschäftsmäßig ruhig.
„ Rechtmäßig? Das ich nicht lache“, entgegnete Hannah und lief mit Lennard weiter Richtung Schiffsanlegestellen. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was das für Unterlagen sind?“, fragte sie.
„ Nein und um ehrlich zu sein, wäre es auch für dich besser, es nicht zu wissen.“
„ Ich dachte du bist Polizist! Sagen dir Begriffe wie Recht und Unrecht etwas?“
Luc lachte spöttisch. „Was auch immer du sagst.“
Hannah ärgerte sich über sich selbst. Wie hatte sie sich nur so in Luc täuschen können? Sein stilvolles Auftreten und seine charmante Art waren nur Fassade. Sie hatte sich wohl gefühlt in seiner Anwesenheit und ihm sogar vertraut.
„ Was hast du mit Peter gemacht?“
Zynisches Gelächter drang aus dem Handy an ihr Ohr.
„Bist du endlich von selbst drauf gekommen? Das wurde aber auch Zeit. Dein Ex-Verlobter war zur falschen Zeit am falschen Ort und hat dabei leider das Falsche aufgeschnappt. Mein Auftraggeber konnte das nicht akzeptieren.“
Die Gewissheit, dass Peter tot war, traf sie mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Luc hatte es zwar nicht ausgesprochen, doch sie verstand ihn auch so. Adrenalin pumpte durch ihren Körper. Wut und Enttäuschung überfluteten sie, verdrängten die Trauer und verhinderten, dass sie auf der Stelle zusammenbrach. Sie hatte es bereits gespürt und nun war die böse Ahnung zur bitteren Realität geworden. Ihr Kind würde ohne leiblichen Vater aufwachsen müssen.
„Dein Auftraggeber führt in Afrika menschenverachtende Medikamententest an Einheimischen durch. Wusstest du das? Ohne Rücksicht auf Verluste!“
„ Na, ich hoffe für dich, dass du solch schlimme Geschichten niemand anderem erzählt hast!“
„ Luc, hast du verstanden, was ich gesagt habe? Für dieses neue Aids-Medikament, das überall in den Medien als die große Erlösung gefeiert wird, mussten unschuldige Menschen sterben.“
„ Und Millionen werden gerettet, oder?“
„ Aber zu welchem Preis?“
„ Bist du wirklich so naiv Mädchen? Was bedeutet schon das Leben von ein paar Buschmännern oder von Peter Krueger? Es geht hier um unser aller Wohl.“
Hannah wusste nicht, was sie darauf entgegnen sollte, ohne in eine philosophische Grundsatzdiskussion einzusteigen. Während sie nach einer passenden Antwort suchte, zog sie Lennard hastig nach rechts.
„Da ist ein Steg für private Boote. Vielleicht finden wir dort eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Paris.“ Er nahm ihr das Telefon aus der Hand und beendete das Gespräch. „Und lass dich
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