Die Asklepios Papiere (German Edition)
penibel aufgeräumt. Keine Unterlagen oder Akten lagen vor ihm und selbst der Computer war nicht eingeschaltet. Camelia war es schon immer ein Rätsel gewesen, wie ihr Chef unter solch sterilen Bedingungen arbeiten konnte.
„ Ich bin jetzt seit mehr als drei Jahren deine Assistentin“, begann Camelia zögerlich.
„ Stimmt.“ Er bedeutet ihr, sich zu setzten.
„ Meine Beurteilungen waren während dieser Zeit stets tadellos.“
„ Auch richtig“, Carter lächelte und zog die Stirn kraus. Sein dichtes grau melierten Haar bildete einen auffälligen Kontrast zu seinem braun gebrannten Teint.
„ Und nach deinen eigenen Aussagen habe ich stets hervorragende Arbeit geleistet.“
Carter nickte, verschränkte die Arme und hörte weiter ruhig zu.
„Also wieso bin ich dann noch immer deine Assistentin und von dir noch nie für den Posten einer Abteilungsleiterin vorgeschlagen worden? Alle deine vorherigen Assistentinnen wurden nach spätestens zwei Jahren leitende Angestellte!“ Camelia wollte das Thema langsam angehen und nicht gleich ihr gesamtes Pulver verschießen.
„ Keine Ahnung. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, sagte er lakonisch. Der CEO schien zu merken, in welche Richtung das Gespräch verlaufen sollte. Sein Lächeln verblasste abrupt.
„ Jetzt bin ich etwas verwirrt. Hilf mir doch bitte auf die Sprünge: Als du mich nach dem Neujahresempfang da drüber auf deiner edlen Ledercouch verführt hast, da war ich für dich noch der kommende Star im Management von PSU?“
„ Camelia“, hob Carter beschwichtigend an und bewegte die Arme in einer theatralischen Geste. „Ich denke einfach, dass wir ein gutes Team sind. Ich schätze deine Arbeit und mag es sehr, wenn du in meiner Nähe bist“, sagte er mit einem spitzbübischen Gesichtsausdruck, der Camelia beinahe wieder weich werden ließ. „Du bist eine exzellente Beraterin und eine höchst verlässliche Mitarbeiterin. Aber leider sehe in dir nicht das Potential für eine Führungskraft. Du zeigst zu wenig Initiative und hast leider keinen Machtwillen. Du bist einfach zu brav!“
Paff - das saß! Camelia spürte, wie sie vor Zorn rot anlief.
„Mit deinem hübschen Lächeln verzauberst du jeden Kollegen, ich weiß. Du bist eine hervorragende Assistentin, aber eben keine Führungskraft. Du bist ohne Zweifel der neue Star im Management, aber eben nur in der zweiten Reihe.“
„ Zweite Reihe?“ Camelia glaubte ihren Ohren nicht zu trauen.
„ Tut mir leid, dich so vor den Kopf stoßen zu müssen. Aber scheinbar hast du meine Andeutungen in den letzten Monaten wohl nicht richtig verstanden.“
„ Aber dein Liebesgesäusel, wenn wir zusammen im Bett waren, das habe ich dann wohl doch richtig verstanden?“
„ Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun, chéri“, erwidere Carter. „Und sei bitte nicht so naiv, mich mit unserem kleinen tét-á-tét unter Druck setzen zu wollen.“
„ Keine Sorge Devon, so etwas würde ich niemals tun!“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, nahm sie den braunen Umschlag aus ihrer Handtasche und warf ihn Carter auf den Schreibtisch. Entspannt ließ sie sich in den Sessel vor dem Schreibtisch zurückfallen und gab ihm einen Augenblick Zeit, die Unterlagen zu sichten.
„ Also“, setzte Camelia schließlich mit einer Stimme an, die keinen Zweifel an ihrer überlegenen Verhandlungsposition ließ. „Wie ich das sehe, hat ein armer Praktikant namens Peter Krueger zufällig ein sehr schmutziges kleines Geheimnis der allseits bewunderten Dr. Hutton entdeckt.“
Carters Miene verdüsterte sich. Er zog die Stirn in Falten und die Muskeln seiner Wangenknochen zuckten. Es schien, als könne er jeden Augenblick explodieren. Camelia, die im Laufe der Zeit gelernt hatte, jede Geste ihres Chefs zu deuten, konnte dennoch nicht einschätzen, ob der CEO vor Wut brodelte, weil Dr. Hutton ihn hintergangen oder weil seine Assistentin dies entdeckt hatte und zu ihrem Vorteil einsetzte. Aber es war ganz offensichtlich, dass Carter von diesem Projekt bisher nichts gewusst hatte.
„Und willst du wissen, was noch schlimmer ist?“, fragte Camelia und genoss den Augenblick. Nach seinen unverschämten Äußerungen wollte sie seine Macht bröckeln sehen. Langsam holte sie ihr Handy hervor und startete die Wiedergabefunktion. Carter lauschte den Gesprächsfetzen der heimlich aufgenommen Unterhaltung zwischen Dr. Hutton und Gerald Ginster.
„ Krueger musste sterben, weil er diese Infos gefunden hat. Dein
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