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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
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Sie, ich muss ihnen was zeigen«, sagt Achenbach und führt mich in das Restaurant Monke y ’s South. Voller Stolz zeigt er mir ein Bild, das über den Tischen an der Wand hängt. Eine monumentale Fotografie, zweieinhalb mal drei Meter. Das Werk zeigt den Hafen von Salerno. Es ist ein Original des Fotokünstlers Andreas Gursky, einer der weltweit wichtigsten zeitgenössischen Fotografen. Seine Kunst wird zum Teil für über vier Millionen Dollar gehandelt. Gursky stammt aus Düsseldorf. Achenbach kannte den heutigen Weltstar schon, als der noch davon träumte, eines Tages einmal von seiner Kunst leben zu können.
    Bei unserem Gespräch malen Achenbach und seine beiden Kollegen, ein Sittenbild ihrer Kunstkundschaft, das fast schon Mitleid hervorruft. Sie erzählen von dem Milliardär, der sich stets verkleidet, wenn er sich unters normale Volk mischen will. »Der läuft rum, dass die Leute versucht sind, ihm ein paar Euro zuzustecken« sagt Achenbach. Ein anderer hat jede Wand in seiner Villa mit teuren Gemälden voll gehängt. Nun wagt er sich nicht mehr aus dem Haus, weil er selbst dem Wachpersonal misstraut. So mancher Erbe hat den Bezug zu seinem Multimillionenvermögen verloren und fragt aufgeregt bei der Bank nach, ob er sich eine Kreuzfahrt für 20000 Euro leisten kann. Achenbachs Geschichten handeln von reichen Söhnen, die von ihrer Umgebung missachtet, oft verlacht werden. »Kunst hilft vielen, eine Aufgabe zu finden und einen Platz im Leben der Gesellschaft«, sagt Achenbach. »Durch Kunst finden manche ihr Lebensglück.«
    Als junger Mann war Helge Achenbach Sozialarbeiter und arbeitete im Jungenknast. Damals hat er den schweren Jungs geholfen, einen Platz in der Gesellschaft zu finden. So was Ähnliches, findet Achenbach, macht er noch heute. Nur diesmal mit schwerreichen Jungs.
    Die Oberschicht ist nicht mehr staatstragend
    Die Kunden von Helge Achenbach, von Michael Schramm, dem Banker, oder von Martin Halder aus dem Meilenwerk verdienen ihren Reichtum fast durchweg nicht durch ihre Arbeit, sondern durch ihr Eigentum. Ihr Lohn heißt Gewinn, denn Ihnen gehören Unternehmen. Manchmal arbeiten sie in ihrer Firma. Manchmal nicht. HNWI s sind in Deutschland zu 80 Prozent Unternehmer, Selbstständige oder Angehörige freier Berufe wie Anwälte oder Steuerberater. 30 Oder Ehefrauen. Von den Gattinnen mit Vollmacht auf ein stets gefülltes Konto sind 40 Prozent nicht in Vollzeit erwerbstätig.
    »Heute besteht die Oberschicht nur noch aus der Wirtschaftselite. Reichtum ist ihr zentrales Merkmal«, sagt der Soziologe Sighard Neckel. Dass einzig die Elite aus der Wirtschaft reich ist, klingt für unser heutiges Verständnis banal. Doch es bedurfte dazu einer gravierenden Veränderung in der deutschen Oberschicht. Vor dem Nationalsozialismus, als Deutschland noch eine strenge Klassengesellschaft war, gehörten auch Richter, Hochschulprofessoren, Staatssekretäre oder hohe Offiziere zum reichsten einen Prozent, Dienstwohnung inklusive Personal waren obligatorisch. Heute erscheint es uns ganz selbstverständlich, dass selbst herausragende Repräsentanten des Staates nicht mehr herausragend entlohnt werden. Ein Ministerpräsident muss sich von der Frau eines Freundes Geld leihen, wenn er ein geklinkertes Einfamilienhäuschen in einer langweiligen Wohnsiedlung kaufen will. Aus der aktuellen Bundesregierung gehören nur Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Verteidigungsminister Lothar de Maizière zur finanziellen Oberschicht. Doch nicht aufgrund ihres Ministeramtes, sondern ihrer Herkunft wegen. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Außenminister Joschka Fischer haben es erst nach ihrer Amtszeit zu einem Vermögen gebracht, das sie für die »Wealth Manager« der Banken interessant macht. Früher gehörten sie zu den wichtigsten politischen Persönlichkeiten der Welt. Reich sind sie erst, seit sie zur Wirtschaftselite gehören. »Die Funktionselite des Staates gehört heute nur noch zu einem sehr kleinen Teil zu den wirklich Reichen«, sagt Michael Hartmann.
    Das hat zwei Gründe: Zum einen entlohnt der Staat sein Führungspersonal nicht mehr so üppig wie einst. Gleichzeitig zeigen immer weniger Reiche Neigung zum Dienst im Staat. Über Jahrhunderte war die Oberschicht, der Adel, Träger der politischen Ordnung. Das Privileg, politische Ämter besetzen zu dürfen, war die Basis ihrer Macht. So wie das eine Prozent heute identisch mit der Wirtschaftselite ist, waren Reichtum und Staat über

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