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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
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inzwischen Privatflugzeuge buchen. Sie sieht darin einen der interessantesten Wachstumsmärkte in der Luftfahrt überhaupt.
    Heiratsforscher registrieren bei der Oberschicht einen steigenden Trend zur »Homophilie«, zur Heirat mit Partnern gleicher Herkunft. Vorbei die Zeiten, in denen es üblich war, das der Konzernchef die Telefonistin oder der Chefarzt die Krankenschwester heiratete. Wenn zwei Sprösslinge aus vermögenden Familien heiraten, »poolen« sie damit ihren Reichtum. Vor allem verdoppeln sie ihre Chance auf eine große Erbschaft.
    Besonders kompromisslos gibt sich die Oberschicht, wenn es um ihren Nachwuchs geht. Thomas Perry hat daher festgestellt, dass Privatschulen zu einem der wichtigsten Themen unter Vermögenden aufgestiegen sind. Und tatsächlich: Zwischen 2000 und 2010, während die Zahl der Schüler demografiebedingt insgesamt um zwölf Prozent schrumpfte, verdoppelte sich die Zahl der Privatschulen in Deutschland. 34
    Zum »Grounding« gehört, sich auf Altbewährtes zurückzuziehen. Ganz besonders, wenn es um die eigenen Kinder geht. Die frisch gegründeten Privatschulen sind noch arm an Traditionen. Zudem werden die allermeisten fast ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert. Hohe Schulgebühren als Selektionskriterium scheiden aus. Die Privatschulen in Deutschland werden daher vorwiegend vom Nachwuchs der besserverdienenden Aufsteigereltern besucht. Das obere eine Prozent bevorzugt Schulen im Ausland. Die Schweiz ist sehr beliebt. Doch ganz oben auf der Wunschliste steht das Vereinigte Königreich. Dort kostet ein Schuljahr im Internat zwischen 24000 und 33000 Euro. 35 Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Zahl der deutschen Schüler auf englischen Internaten mehr als verdoppelt. 36
    In der Kaderschmiede
    Lange Zeit war Bildung so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal der Oberschicht. Die Reformen in den 60er und 70er Jahren haben das verändert. Der Vorsprung der Oberklasse ist geschmolzen. Die Mittelschicht hat den Marsch durch die Bildungsinstitutionen angetreten und kräftig aufgeholt. Ehrgeizige Aufsteigereltern beschallen ihre Ungeborenen mit Chopin und bestehen auf Englisch-Unterricht im Kindergarten. Um ihren Kindern beim Rennen um die besten Plätze auch weiterhin die Pole-Position garantieren zu können, müssen nun auch die vermögenden Eltern ihre Anstrengungen erhöhen. England, das Mutterland der Klassengesellschaft, hat eine lange Erfahrung darin, wie man den Rest auf Abstand hält. Es entwickelt sich zum Vorbild der deutschen Oberschicht, vor allem, was die Aufzucht des Nachwuchses angeht.
    Die »Public Schools« genannten Privatschulen formen die künftige Elite teilweise schon seit Shakespeares Lebzeiten. Klassenbewusstsein ist ihre Kernkompetenz. Auf den Internetseiten, mit denen die Schulen um zahlungskräftige Eltern werben, sind alte Gemäuer und Bibliotheken wie in den Harry Potter- Filmen zu sehen. Die Mädchen tragen Rock mit Schottenmuster, die Jungs Anzug mit Krawatte, auch im Physiklabor. Mathe oder Geschichte, das lernt man mitunter auch an einem deutschen Gymnasium. In den Prägeanstalten der englischen Upper Class stehen ganz andere Lektionen auf dem Lehrplan. Die künftigen Reichen lernen, künftig wie Reiche aufzutreten. »In den Privatschulen sollen die Kinder vor allem den Habitus lernen«, sagt der Reichenforscher Wolfgang Lauterbach.
    »Bildung für alle« war das große, politische Projekt der Bundesrepublik vor allem in den 70er Jahren. Und tatsächlich: Für eine kurze Phase von etwa zwei Jahrzehnten war Bildung für die Tüchtigen ein Aufzug, der sozialen und auch wirtschaftlichen Aufstieg ermöglichte. Doch spätestens seit der ersten PISA- Studie im Jahr 2000 ist klar: In keinem anderen Land werden die Schüler aus den besseren Vierteln so stark bevorzugt wie in Deutschland. Ihr Herkunfstsbonus ist eine Konstante, die sich durch das gesamte deutsche Bildungssystem zieht. Und darüber hinaus.
    Die Promotion ist nach der Habilitation der zweithöchste Bildungsabschluss, den man in Deutschland erwerben kann. Wer promoviert, hat alles richtig gemacht. Wenn Bildung überhaupt für jemanden eine Eintrittskarte in die VIP -Lounge der Gesellschaft ist, dann für promovierte Juristen, Ingenieure oder Wirtschaftswissenschaftler. Und genau deren Karrieren hat der Elitenforscher Michael Hartmann untersucht. Für diese Bildungselite gilt: Die Chance auf eine herausgehobene Führungsposition nach der Uni ist für den promovierten Nachwuchs des einen

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