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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
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Instituts für Wirtschaftsforschung ( DIW ). 34 Doch mit einem Vergleich macht Wagner die Dimension des Schadens klar, der durch das Zocken der Oberschicht und der Banken der nicht zockenden, sondern arbeitenden Mehrheit der Gesellschaft der Deutschen schon jetzt zugefügt wurde. Um die Banken zu retten, musste der Staat seine Verschuldung drastisch steigern, um 15 bis 20 Prozentpunkte des BIP . In der Geschichte der Bundesrepublik gab es nur zwei vergleichbare Verschuldungsschübe: der Ausbau des Sozialstaates in den 70er und 80er Jahren sowie die Kosten der Wiedervereinigung in den 90er Jahren. Der Kollateralschaden der Wettspiele des Geldadels und des Geldgewerbes ist also allein in der Kategorie Staatsverschuldung allenfalls vergleichbar mit den Kosten der beiden größten Anstrengungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Bis jetzt.
    Den nationalen Regierungen drohen die Banken mit ihrer Selbstzerstörung. Der Bankrott als Waffe. Geht eine von ihnen pleite, könnte das einen zerstörerischen Dominoeffekt auslösen: eine Weltwirtschaftskrise. Das macht die Politik zur Geisel der Finanzwirtschaft. Doch Politiker waren es, die dem Geldgewerbe die Waffe in die Hand drückten und sie entsicherten.
    Machtwechsel mit einem »Big Bang«
    27. Oktober 1986, London, Unterhaus, eine der berühmtesten Reden von Margaret Thatcher: »Lasst uns die Regeln über Bord werfen, die den Erfolg bremsen«, rief sie dem Parlament zu. Dieser Tag und diese Rede gingen als »Big Bang« in die Geschichte der Londoner City ein. Thatcher strich einen Großteil der Regeln für den Handel an der Börse. Es war, als ob die Briten beim Fußball die Regeln für Abseits und Foulspiel abgeschafft hätten und den Schiedsrichter gleich mit – das Ende des »Gentlemen-Kapitalismus«. Banken durften plötzlich selbst ins Wertpapiergeschäft mit einsteigen. Fast gleichzeitig wurde an der London Stock Exchange der computerbasierte Handel eingeführt. Das schnelle Spiel ohne Regeln lockte Banken aus der ganzen Welt auf die Insel. Vor allem aus den USA, aber auch aus Deutschland.
    Der »Big Bang« markiert den Beginn eines weltweiten Wettrennens um Deregulierung des Finanzmarktes. Von nun an wurden Politiker in allen Hauptstädten der westlichen Welt von Lobbyisten der Geldbranche bearbeitet. Die Banker erfanden das Märchen vom scheuen Reh. Genauso flüchtig sei das Kapital. Wenn man es erschreckt, dann läuft es weg, in ein anderes Land.
    Auch in Deutschland zeigte das Märchen Wirkung: Bonn, 22. Februar 1990: Die schwarz-gelbe Koalition unter Führung von Helmut Kohl beschloss das erste Finanzmarktfördergesetz, mit dem Ziel, den Handel mit Wertpapieren zu erleichtern. Drei weitere sollten folgen. 35 Zu den vielen Regeln, die darin abgeschafft wurden, gehörte auch die sogenannte Börsenumsatzsteuer. Bis 1991 mussten für jede Finanztransaktion an der Börse ganz selbstverständlich Steuern gezahlt werden. In der Bundesrepublik gab es also bereits eine »Finanztransaktionssteuer«, und kein scheues Reh erschreckte sich. Auch Sozialdemokraten und Grüne surften auf der Welle der Deregulierung. Im Januar 2004 erlaubte die Regierung Gerhard Schröder den Handel mit Hedgefonds, der bis dahin in Deutschland verboten war.
    Kaum eine Bank hat sich seit dem »Big Bang« so grundlegend verändert wie die Deutsche Bank. Die neuen Freiheiten genoss sie in vollen Zügen. 1989 übernahm sie die britische Investmentbank Morgan Grenfell. Das Traditionshaus wurde zur Keimzelle des Wandels des größten Geldhauses Deutschlands zu einer Investmentbank.
    1995 heuerte der damalige Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, einen Investmentbanker des amerikanischen Wertpapierhauses Merill Lynch an: Edson Mitchell. Der baute in London das Investmentbanking für »The Deutsche« auf und brachte dazu gleich eine Schar Jünger mit. Einer von ihnen war der Inder Anshu Jain. Viele fragten sich damals, ob man diesen jungen Wilden die behäbige und seriöse Kultur der Deutschen Bank würde beibringen können. Doch Kopper hatte etwas anderes im Sinn. »Wir wollten ja gerade die neue Kultur der Investmentbank!« 36 Die Shoppingtour ging weiter. 1998 lag Bankers Trust aus den USA im Einkaufskörbchen der Deutschen Bank.
    Im Sommer 2012 bestieg Anshu Jain den Chefsessel der Deutschen Bank, zusammen mit Jürgen Fitschen. An der Person des Bankers aus Jaipur zeigt sich die revolutionäre Veränderung des größten deutschen Geldhauses. Er gilt als der Prototyp des angelsächsischen

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